Der konservative republikanische Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, ist offiziell ins Präsidentschaftsrennen eingestiegen. Seine Bewerbung für die Kandidatur als republikanischer Präsidentschaftskandidat 2024 gab er auf Twitter bekannt. Der 44-Jährige fordert damit seinen politischen Ziehvater Donald Trump heraus. Der hat DeSantis schon zuvor als seinen gefährlichsten Rivalen im Kampf um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner ausgemacht. Bei Auftritten nannte er ihn "Ron DeSanctimonious" - was übersetzt so viel wie scheinheilig bedeutet. Viele sehen in DeSantis eine Alternative zu Trump - dabei sind sich beide inhaltlich sehr ähnlich.
Wer ist Ron DeSantis?
Ron DeSantis ist seit 2019 Gouverneur von Florida. Im November 2022 wurde er klar in seinem Amt bestätigt - mit vielen Stimmen aus der Mittelschicht. Das gibt DeSantis Rückenwind, denn Florida gilt als sogenannter Swing-State mit einer starken demokratischen Wählerschaft. Von 2013 bis 2018 war er Abgeordneter im Repräsentantenhaus in Washington.
DeSantis hat Geschichte an der Yale University studiert. Nach einem Jahr als Geschichtslehrer legte er ein Jura-Studium an der Elite-Uni Harvard nach. Der 44-Jährige ist italienischer Abstammung und hat drei Kinder.
Was unterscheidet Ron DeSantis von Donald Trump?
Ron DeSantis gilt als politischer Ziehsohn von Donald Trump und liegt inhaltlich auch nicht weit von ihm entfernt. Es geht bei ihm vor allem um Themen, die Republikaner mobilisieren und aufheizen - nur ohne Trumps manchmal verrückt anmutende Rhetorik in Reden und auf Social Media und die häufig persönlichen Attacken auf Parteikollegen.
DeSantis gilt als weniger charismatisch als Trump. Er ist eher kühl, weniger emotional und liest sich in Stoffe ein. Das kommt aber vor allem bei Unternehmern, besser gebildeten Republikanern und Wechselwählern gut an. Auch beim Medienunternehmer Rupert Murdoch scheint er einen guten Eindruck hinterlassen zu haben. Auf dessen konservativen TV-Sender FOX-News ist DeSantis - ähnlich wie früher Trump - ein Dauergast.
Wer hat bei einem Kandidatenrennen der Republikaner mehr Chancen?
Anfang März stellte DeSantis sein neues Buch vor: „Der Mut, frei zu sein - Floridas Blaupause für Amerikas Wiedergeburt", so der Titel. Darauf tourte DeSantis mit seinem Buch durch Bundesstaaten, die in den republikanischen Vorwahlen für die Präsidentschaftskandidatur wichtig sind. Wohl eine Art Stimmungstest und die Vorbereitung für seine Kandidatur.
Anfang 2023 war DeSantis in Umfragen mit Donald Trump fast gleich auf. Ab Februar ging es aber wieder bergab. Trump führt im Mai mit 58 Prozent Zustimmung das Feld der potenziellen Bewerber für die republikanische Kandidatur deutlich an. DeSantis liegt mit 16 Prozent auf Platz zwei. Alle weiteren potentiellen Kandidaten haben weniger als fünf Prozent Zustimmung.
Innerhalb der republikanischen Partei war Trump nach den für die Republikaner enttäuschenden Midterm-Wahlen stärker unter Druck geraten. Immer mehr Parteimitglieder sind inzwischen auf Distanz zu dem 76-jährigen Ex-Präsidenten gegangen, darunter auch bislang ausgewiesene Trump-Anhänger und sehr prominente Republikaner.
Einige verwiesen darauf, dass die Partei zum dritten Mal in Folge bei Midterm-Wahlen im November 2022 unerwartet schwächelte – unter dem Strich also bei sämtlichen Wahlen seit dem Amtsantritt Trumps als Präsident.
Die republikanische Vizegouverneurin des US-Staats Virginia, Winsome Earle-Sears, einst eine lautstarke Unterstützerin Trumps, sagte beispielsweise nach den Midterms, die Wähler hätten „eine sehr deutliche Botschaft“ ausgesandt: „Genug ist genug“. Sie erklärte: „Die Wähler haben gesprochen, und sie haben gesagt, dass sie einen anderen Anführer wollen. Und ein echter Anführer versteht, wenn er zur Belastung geworden ist.“ Eine weitere Kampagne Trumps könne sie nicht unterstützen.
Ralph Freund von den Republicans Abroad Germany begrüßt die Präsidentschaftskandidatur von DeSantis. Dieser habe gute Chancen, zu gewinnen. Er vertrete den Markenkern der Partei und stehe – anders als Donald Trump – auf dem Boden der Verfassung.
„Pikant und gefährlich für Trump ist, dass sein Heimatstaat Florida an seinen Konkurrenten DeSantis fallen wird.“ Auf dem Weg zum Weißen Haus müsse Trump nun die anderen großen Staaten gewinnen. „Da wird sich dann die Spreu vom Weizen trennen.“ Auch wenn Trump in Umfragen führe, müsse man genau hinschauen, wo er führe, so Freund.
Für DeSantis spricht, dass er in Florida auch Wechselwähler angesprochen hat. In den Augen vieler scheint er in der Lage, eine breitere Bevölkerung zu mobilisieren. Trumps radikale Basis reicht dafür nicht.
Gegen DeSantis spricht, dass er noch nicht die ganz großen Stadien bespielt und begeistert hat. Trump hat mehr Medienerfahrung und versteht es besser, die Massen live anzusprechen.
Für welche Politik steht Ron DeSantis?
In konservativen Kreisen genießt DeSantis einen guten Ruf: Florida geht es ökonomisch gut. DeSantis hat die Steuern gesenkt und den Staat nach der Pandemie schnell geöffnet. Die Wirtschaft sprang daher schnell wieder an, Schulen, Kinderbetreuungseinrichtungen und Universitäten waren schnell wieder offen. Auch sein Krisenmanagement nach dem Hurrikan "Ian" kam bei vielen gut an.
Ron DeSantis gilt als einer, der bei Themen anpackt, die den Republikanern wichtig sind, zum Beispiel die "Anti-Woke-Themen". Dazu zählt die Ablehnung von LGBTQ-Rechten, Diversität und die Auseinandersetzung mit Rassismus und Sklaverei.
So macht es das sogenannte "Stop-Woke-Gesetz" seit vergangenem Jahr für Lehrerinnen und Lehrer in Florida gefährlich, Rassismus und Sklaverei im Unterricht zu behandeln. Weiße Schülerinnen und Schüler könnten sich persönlich für historisches Unrecht verantwortlich gemacht fühlen. Genau das verbietet das neue Gesetz wortwörtlich.
Gesetz gegen Vielfalt und Inklusion
Und dem Parlament liegt bereits ein neuer Gesetzesentwurf vor, der Programme zur Förderung von Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion an Colleges und Universitäten in Florida verbieten würde, unabhängig davon, ob das Geld von der US-Regierung, dem Staat Florida oder von privaten Geldgebern kommt.
Auch Studiengängen, die sich ganz oder teilweise mit Rassismus, Genderforschung, Feminismus oder sozialer Gerechtigkeit befassen, droht das Aus. Studierende in Florida sollten eine Ausbildung erhalten und keine politische Indoktrination, so DeSantis' Begründung.
Schon im vergangenen Jahr hatte Gouverneur DeSantis ein Gesetz unterschrieben, das Lehrern verbietet, mit Schülerinnen und Schülern über Genderidentät und Sexualität zu sprechen, wenn dies nicht alters- oder entwicklungsangemessen sei. Das Gesetz verpflichtet Schulen seither auch, Eltern zu informieren, wenn Kinder Zweifel zu ihrer Geschlechteridentität gegenüber Lehrern offenbart haben.
Der landes- und bundesweite Protest beeindruckte DeSantis nicht, auch nicht, als die in Florida einflussreiche Walt Disney Company ankündigte, ihre politischen Spenden in dem Bundesstaat einzustellen. Ganz im Gegenteil: DeSantis entzog Disney vor Kurzem seine Autonomie. Bislang hatte der Konzern wie sein eigener Bezirk rund um den Freizeitpark frei selbst verwalten und schalten können.
Am 27. April 2023 reichte der Disney-Konzern daher Klage gegen DeSantis ein. Disney wirft dem Republikaner eine gezielte Vergeltungskampagne vor – als Strafe dafür, dass der Konzern von seinem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht habe.
Disney sieht durch DeSantis seine Geschäftsgrundlage und damit auch die Wirtschaft der Region gefährdet. Disney ist dort mit rund 70.000 Arbeitsplätzen einer der wichtigsten Arbeitgeber.
Welche Haltung hat DeSantis zum Krieg in der Ukraine?
Bei seiner Haltung zur Ukraine hat sich DeSantis gewandelt. Als Abgeordneter im US-Kongress griff er 2014 nach dem russischen Überfall auf die Krim den damaligen US-Präsidenten Barack Obama scharf an, weil er keine Waffen in die Ukraine geliefert hat.
Nun vertritt DeSantis die Meinung, die USA müssten sich zurückhalten. Es sei nicht im Interesse der Vereinigten Staaten, in einen Stellvertreterkrieg mit China verwickelt zu werden.
Die Wahrscheinlichkeit, dass Russland in NATO-Länder einmarschiere, werde zudem überschätzt. In einem Interview mit dem Sender Fox-News betonte DeSantis, die USA sollten sich nicht in einen territorialen Streit zwischen der Ukraine und Russland hineinziehen lassen, sondern vielmehr die eigenen Grenzen schützen und die Streitkräfte stärken.
Donald Trump erklärte übrigens gewohnt vollmundig in einer Rede zu diesem Thema: Mit ihm als Präsident werde es nur 24 Stunden dauern, dann werde er den Krieg beenden. Wie er das erreichen wolle, ließ er allerdings offen.
Doris Simon, Ralf Borchard, Jasper Barenberg, nm