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Grab für die Ewigkeit
Finnland genehmigt Bau eines Endlagers

Finnland will schon im kommenden Jahr mit dem Bau eines Atommüll-Endlagers beginnen, die Regierung hat der privaten Atomindustrie grünes Licht gegeben. Der hoch radioaktive Atommüll soll in Kupferkapseln verpackt und von einer Tonschicht umhüllt im Granitfelsen gelagert werden.

Von Christine Westerhaus |
    Matti Saarnisto ist enttäuscht. Als Generalsekretär der Finnischen Akademie der Wissenschaften hat der Geologie-Professor die Endlager-Pläne der finnischen Atomindustrie immer wieder scharf kritisiert. Inzwischen ist er im Ruhestand. Doch die Nachricht, dass die Finnen ihren hoch radioaktiven Atommüll nun tatsächlich im Granit endlagern wollen, brachte den 72 -Jährigen dennoch aus der Fassung.
    "Ich war frustriert, deprimiert sogar und habe versucht, es so schnell wie möglich wieder zu vergessen."
    Saarnisto bezweifelt, dass der ausgewählte Standort die Menschheit 100.000 Jahre lang vor dem strahlenden Stoff schützen kann. Die Gebirgsbewegungen im Granit werden die Kupferbehälter zerstören, warnt er.
    "Olkiluoto, die finnische Halbinsel, auf der das Endlager gebaut werden soll, wird innerhalb der kommenden 100.000 Jahre eine Eiszeit erleben und dann werden dicke Eismassendie betreffenden Gesteinsschichten 800 Meter tiefer in die Erde drücken. Wenn sich der Granit nach der Eiszeit wieder ausdehnt, wird es zu Auffaltungen und zu Erdbeben kommen. Das konnte an vielen Stellen in Finnland nachgewiesen werden. Doch dieses geologische Wissen wird komplett ignoriert."
    Die schwedische Atomindustrie, die das Endlagerkonzept entwickelt hat, versichert, auch einen solchen Extremfall ausreichend erprobt zu haben. Seit 20 Jahren testet die Betreiberfirma SKB im sogenannten Äspö Felslabor, wie die Kupferkanister Eiszeiten und Gebirgsbewegungen im Granit standhalten können. Interessierte Besucher können sich dieses unterirdische Tunnelsystem anschauen, ein Fahrstuhl bringt sie zu den Versuchen.
    Endlager im Granitfelsen
    In 420 Metern Tiefe bleibt der Fahrstuhl stehen. Über eine riesige Stahltür gelangen die Besucher in das Tunnelsystem. Eine zweispurige Straße führt hier durch den Fels. Brita Freudenthal, bis vor 7 Monaten Öffentlichkeitsreferentin bei der SKB, erklärte 2008 so, was es mit den Versuchen auf sich hat.
    "Wir sagen: Das ist unsere große Küche wo wir alles Experimentieren. Eine Generalrepetition kann man auch sagen. Hier müssen wir alle Irrtümer machen, alles was falsch geht, richtig machen können, bevor wir zu den Behörden, zu der Regierung alle unsere Papiere einliefern können und sagen: Wir wollen ein Endlager bauen und wir wollen es dort und so machen."
    Schon 2011 hat die SKB bei der schwedischen Regierung beantragt, ein Endlager im Granitfelsen bauen zu dürfen. Doch die Behörden forderten Nachbesserungen. Ein Korrosionsforscher-Team um Peter Szakálos von der Königlich-Technischen Hochschule in Stockholm hatte nachgewiesen, dass sich die Kupferbehälter für den Atommüll unter den Bedingungen im Granitgestein sehr viel schneller zersetzten, als von der SKB berechnet. Schon nach 1.000 Jahren könnten sie korrodiert sein und undicht werden.
    "Unsere Versuche haben gezeigt, dass Kupfer sogar in sehr reinem Wasser korrodiert. Im Granitfelsen wird diese Zersetzung noch viel schneller gehen, da das Grundwasser auch Schwefel und Chlor enthält. Aus unserer Sicht ist Kupfer also sehr schlecht für die Endlagerung geeignet."
    Unerfahrenheit und schlampige Versuchsdurchführung
    Inzwischen haben andere schwedische Forscher, aber auch Korrosions-Experten aus China und den USA die Beobachtungen von Peter Szakálos und seinen Kollegen bestätigt. Ein von der schwedischen Atomindustrie beauftragtes Forscherteam aus Uppsala kam zwar zu anderen Ergebnissen. Doch Szakálos und sein Team werfen den Kollegen Unerfahrenheit und schlampige Versuchsdurchführung vor. Zudem kritisieren sie, dass es in Schweden nahezu unmöglich sei, von unabhängigen Stellen Gelder für die Korrosionsforschung zu bekommen.
    "Alle Geldmittel, die für diese Art von Forschung zur Verfügung stehen, werden von der Atomindustrie verwaltet. Ein privates Unternehmen darf also über die Gelder bestimmen, die die schwedischen Bürger anteilsmäßig pro verbrauchte Kilowattstunde in einen Atommüllfond eingezahlt haben. Da wir ihnen kritisch gegenüber stehen, haben wir natürlich nie Forschungsgelder von der SKB bekommen. Die schwedischen Behörden sagen aber: Mit unseren Mitteln müssen andere Projekte gefördert werden und es ist die Aufgabe von SKB, sich um den Atommüll zu kümmern. Das ist eine paradoxe Situation."
    Die finnische Atomindustrie lässt sich durch die Kritik der schwedischen und finnischen Forscher nicht beirren. 2020 will sie damit beginnen, die ersten Kanister mit hoch radioaktivem Abfall 500 Meter tief im Granitgestein auf Olkiluoto zu versenken. Wenn es gut läuft, hat sich die neu gegründete Endlagerkommission des Bundestages in Berlin zu diesem Zeitpunkt vielleicht schon darauf festgelegt, in welchem Gestein der deutsche Atommüll seine letzte Ruhestätte finden soll. Auch Granit könnte in Deutschland als Standort für ein Endlager infrage kommen. Anfang November hat eine Delegation der Endlagerkommission Schweden und Finnland besucht, um sich über die Pläne der skandinavischen Nachbarn zu informieren.