Zwischen Kakteen, Canyons und endlosen Steppen steht einsam das Motel Shangri-La. Hier treffen Fremde aufeinander, die Zuflucht vor einem Sturm suchen; unter anderem ein Prediger, ein entflohener Häftling und eine Gruppe Touristen. Der Autor des Comics, James Turek, ist in den USA geboren und aufgewachsen. Trotzdem ist Motel Shangri-La gewissermaßen ein Blick von außen, denn Turek lebt seit ein paar Jahren in Deutschland. Geplant war das nicht.
Turek mischt Klischees und Archetypen
"Im Jahr 2010 habe ich meinen Pass verloren, als ich gerade wieder zurück in die USA wollte. So konnte ich etwas länger bleiben, während ich auf den Neuen gewartet habe. Und dann sind die Dinge einfach passiert, bis ich schließlich auf die Leipziger Comicszene gestoßen bin. Wenn man seine Heimat verlässt, denkt man oft an sie, aber eben aus einer anderen Perspektive. So habe ich viel an Amerika gedacht, und was es bedeutet, Amerikaner zu sein. Jetzt mit dieser europäischen, dieser deutschen Perspektive habe ich vieles ganz anders gesehen. Die Klischees, und das was gut und was schlecht ist."
In seinen Figuren und Situationen mischt Turek Klischees und Archetypen aus Genres wie Western, Film Noir und Road Movie zu einer uramerikanischen Melange. Dazu passt auch der Name Shangri-La.
"Das ist halt ein typischer kitschiger Name für eins dieser Hotels oder Motels, die man am Rande des Highway in einer abgelegenen Stadt findet. Für die Geschichte bedeutet es außerdem, dass die Figuren etwas suchen, ihr kleines Stück Paradies."
"Eine Katze bleibt eine Katze"
Wichtig war Turek auch Musik im Comic; die zitierten Songs unterstreichen nicht nur die Stimmung, sie waren auch eine große Hilfe beim Schreiben.
"Ich hatte das Gefühl, dass aus den Songs Szenen entstehen. Zum Beispiel gibt es diese christliche Rockband names Creed mit dem Song "Higher", und vielleicht ist es albern, aber für mich passte es einfach perfekt, dass dieser Junge sich total begeistert den Song anhört, während gleichzeitig dieser Gefängnis-Ausbruch stattfindet."
Im starken Kontrast zu den gewaltigen Landschaften und den larger-than-life-Charakteren steht Tureks minimalistischer Zeichenstil. Die Figuren bestehen aus wenigen, gut gesetzten Strichen und sind, in der Tradition von Walt Disney, Robert Crumb und Lewis Trondheim, anthropomorphe Tiere.
"Ich zeichne einfach gerne Tiere. Oft bringen sie Charakteristika mit, die man nicht von ihnen trennen kann. Eine Katze bleibt zum Beispiel eine Katze."
Porträt des amerikanischen Westens
Die Katze in Motel Shangri-La fliegt einen Hubschrauber und befreit damit ein kriminelles Pferd aus dem Hochsicherheitsgefängnis - verfolgt von einem Frosch-Sheriff. Am Mikrofon des örtlichen Radiosenders sitzt ein Nashorn und die Gefängniswärter sind Küken mit Sonnenbrillen. Durch die Tiercharaktere bekommt die ohnehin überdrehte Welt von Motel Shangri-La noch eine zusätzliche Ebene der Absurdität. Inzwischen ist James Turek fester Bestandteil der Leipziger Comicszene, und auch bei Motel Shangri-La hat er zunächst an ein deutsches Publikum gedacht und versucht, den Comic auf Deutsch zu schreiben.
"Ich habe es auf eine Art Denglisch geschrieben, also manchmal so, manchmal so."
Motel Shangri-La ist episch, witzig und oft rätselhaft. James Turek kombiniert bekannte Genre-Versatzstücke zu etwas neuem und frischen, er erschafft ein Porträt des amerikanischen Westens durch eine einzigartig verzerrte Linse.
James Turek: "Motel Shangri-La", Avant-Verlag, 120 Seiten, 19,95 Euro.