50 gutgelaunte Senioren füllen das Foyer des katalanischen Innenministeriums im Zentrum von Barcelona. Auf den ersten Blick eine dieser Besuchergruppen, die sich ehrfürchtig die heiligen Hallen der Macht erklären lassen. Doch plötzlich streifen sich graue Herren neongelbe Warnwesten über, elegante Senoras packen Plakate aus ihren Taschen. Ein Großvater mit weißem Vollbart holt neben drei konsternierten Wach-Polizisten ein Megafon hervor.
"Wir besetzen hiermit das Innenministerium – und wir werden nicht eher weichen, bis uns der Minister empfangen hat. Die letzten Sparmaßnahmen der Regierung führen dazu, dass unsere Schulen und Universitäten zerstört werden. Sie führen uns in die Depression und unsere Kinder und Enkel in eine ungewisse Zukunft. Doch es gibt eine gute Nachricht: Wir können die Zukunft verändern! Wir können auch dafür kämpfen, dass unser Sozialstaat erhalten bleibt. Und wir werden ohne Angst für diese Anliegen auf die Straßen gehen, auch wenn sie uns einschüchtern wollen."
Iaioflautas – so heißt diese Gruppe von Rentnern. Sie haben sich vor einem Jahr bei den Protesten der Indignados gefunden. Während die empörte Jugend Plätze in Bechlag nahm, besetzen die Alten symbolträchtige öffentliche Institutionen oder Bankfilialen. Vor allem deutsche Banken haben spekulativ in Spanien investiert, so sieht es der 62-jährige Celestino Sanchez. Würden spanische Banken jetzt gerettet, sagt er, so bewahre Bundeskanzlerin Merkel letztlich nur deutsche Banken vor Verlusten. Bezahlen aber müsse das spanische Volk mit sozialem Kahlschlag. Kürzlich stürmten die Iaioflautas daher das deutsche Generalkonsulat in Barcelona. Die ruhigen Alten sind rebellisch geworden, aus einem Gefühl der Ohnmacht gegenüber der Politik, sagt Sanchez.
"Die Politiker hätten gern, dass wir wie die Anderen Boule spielen, auf Bänken herumsitzen und höchstens noch auf unsere Kinder und Enkel aufpassen. Doch selbst das geht nicht mehr. Meine Tochter ist nach Deutschland ausgewandert, sie ist Ingenieurin für Telekommunikation, sehr gut qualifiziert. Sie hat hier alle Hebel in Bewegung gesetzt, um irgendeinen Job zu finden – vergeblich. So geht es vielen, ja hunderten jungen Menschen, die auswandern müssen. Das kann doch nicht sein!"
Die rebellischen Rentner protestieren nicht für sich, betont Sanchez, der früher auf dem Bau geschuftet hat. Sie solidarisieren sich mit ihren Enkeln, die mit Wolldecken im Unterricht sitzen, da ihre Schulen kein Geld mehr für die Heizung haben. Mit Studenten, die nicht wissen, wie sie künftig Studiengebühren zahlen sollen. Spanische Medien hatten die Jugendproteste schnell als Krawall abgetan. Die Iaioflautas genießen dagegen fast uneingeschränkte Sympathie. Die "Streiche” der Alten sind gut geplant, wie die 66-jährige Rosario Cunillera erzählt.
"Wir haben im Februar einen Bus entführt. Nicht mit Gewalt, wir haben ihn eher besetzt, um gegen die gestiegenen Fahrpreise zu protestieren. Wir sind einfach rein, 30 Leute, haben unsere Plakate ausgepackt und Transparente ans Fenster gehalten."
"Es war ein Bus der Linie 47, den wir gekapert haben. In den 70er-Jahren hat ihn ein Gesinnungsgenosse schon einmal entführt. Er zwang den Chauffeur, die steile Straße in ein abgelegenes Arbeiterquartier hinaufzufahren. Die Verkehrsbetriebe hatten bis dahin behauptet, der Bus schaffe die Steigung nicht. Seit dieser Aktion fährt der Bus auch in dieses Viertel.”"
Rosario kämpft hartnäckig für ihre Ziele. Als Tochter von Franco-Gegnern wuchs sie im Exil in Paris auf, kämpfte später im Untergrund gegen die Diktatur. Als Polizisten die Gruppe an diesem Morgen auffordern, zu gehen, schenken ihnen die Iaioflautas ein müdes Lächeln. Eine halbe Stunde später sind die Ministeriums-Mitarbeiter mürbe, der Staatssekretär wird drei Abgesandte der Iaios empfangen.
Politisch war die Unterredung kein Erfolg, denn der Staatssekretär wollte nichts zusagen. Die Aktion der empörten Opas und Omas schafft es aber in die Abendnachrichten und die Zeitungen – auch dank junger Aktivisten, die Meldungen von der Besetzung über Twitter und Facebook verbreitet hatten.
""Unsere jungen Freunde sagen mir gerade, wir sind weltweit Nummer eins, Trend-Topic bei Twitter."
"Ich habe keine Ahnung, was das heißt – aber es muss eine echt tolle Sache sein!"
"Wir besetzen hiermit das Innenministerium – und wir werden nicht eher weichen, bis uns der Minister empfangen hat. Die letzten Sparmaßnahmen der Regierung führen dazu, dass unsere Schulen und Universitäten zerstört werden. Sie führen uns in die Depression und unsere Kinder und Enkel in eine ungewisse Zukunft. Doch es gibt eine gute Nachricht: Wir können die Zukunft verändern! Wir können auch dafür kämpfen, dass unser Sozialstaat erhalten bleibt. Und wir werden ohne Angst für diese Anliegen auf die Straßen gehen, auch wenn sie uns einschüchtern wollen."
Iaioflautas – so heißt diese Gruppe von Rentnern. Sie haben sich vor einem Jahr bei den Protesten der Indignados gefunden. Während die empörte Jugend Plätze in Bechlag nahm, besetzen die Alten symbolträchtige öffentliche Institutionen oder Bankfilialen. Vor allem deutsche Banken haben spekulativ in Spanien investiert, so sieht es der 62-jährige Celestino Sanchez. Würden spanische Banken jetzt gerettet, sagt er, so bewahre Bundeskanzlerin Merkel letztlich nur deutsche Banken vor Verlusten. Bezahlen aber müsse das spanische Volk mit sozialem Kahlschlag. Kürzlich stürmten die Iaioflautas daher das deutsche Generalkonsulat in Barcelona. Die ruhigen Alten sind rebellisch geworden, aus einem Gefühl der Ohnmacht gegenüber der Politik, sagt Sanchez.
"Die Politiker hätten gern, dass wir wie die Anderen Boule spielen, auf Bänken herumsitzen und höchstens noch auf unsere Kinder und Enkel aufpassen. Doch selbst das geht nicht mehr. Meine Tochter ist nach Deutschland ausgewandert, sie ist Ingenieurin für Telekommunikation, sehr gut qualifiziert. Sie hat hier alle Hebel in Bewegung gesetzt, um irgendeinen Job zu finden – vergeblich. So geht es vielen, ja hunderten jungen Menschen, die auswandern müssen. Das kann doch nicht sein!"
Die rebellischen Rentner protestieren nicht für sich, betont Sanchez, der früher auf dem Bau geschuftet hat. Sie solidarisieren sich mit ihren Enkeln, die mit Wolldecken im Unterricht sitzen, da ihre Schulen kein Geld mehr für die Heizung haben. Mit Studenten, die nicht wissen, wie sie künftig Studiengebühren zahlen sollen. Spanische Medien hatten die Jugendproteste schnell als Krawall abgetan. Die Iaioflautas genießen dagegen fast uneingeschränkte Sympathie. Die "Streiche” der Alten sind gut geplant, wie die 66-jährige Rosario Cunillera erzählt.
"Wir haben im Februar einen Bus entführt. Nicht mit Gewalt, wir haben ihn eher besetzt, um gegen die gestiegenen Fahrpreise zu protestieren. Wir sind einfach rein, 30 Leute, haben unsere Plakate ausgepackt und Transparente ans Fenster gehalten."
"Es war ein Bus der Linie 47, den wir gekapert haben. In den 70er-Jahren hat ihn ein Gesinnungsgenosse schon einmal entführt. Er zwang den Chauffeur, die steile Straße in ein abgelegenes Arbeiterquartier hinaufzufahren. Die Verkehrsbetriebe hatten bis dahin behauptet, der Bus schaffe die Steigung nicht. Seit dieser Aktion fährt der Bus auch in dieses Viertel.”"
Rosario kämpft hartnäckig für ihre Ziele. Als Tochter von Franco-Gegnern wuchs sie im Exil in Paris auf, kämpfte später im Untergrund gegen die Diktatur. Als Polizisten die Gruppe an diesem Morgen auffordern, zu gehen, schenken ihnen die Iaioflautas ein müdes Lächeln. Eine halbe Stunde später sind die Ministeriums-Mitarbeiter mürbe, der Staatssekretär wird drei Abgesandte der Iaios empfangen.
Politisch war die Unterredung kein Erfolg, denn der Staatssekretär wollte nichts zusagen. Die Aktion der empörten Opas und Omas schafft es aber in die Abendnachrichten und die Zeitungen – auch dank junger Aktivisten, die Meldungen von der Besetzung über Twitter und Facebook verbreitet hatten.
""Unsere jungen Freunde sagen mir gerade, wir sind weltweit Nummer eins, Trend-Topic bei Twitter."
"Ich habe keine Ahnung, was das heißt – aber es muss eine echt tolle Sache sein!"