Dirk Müller: Sie ist wieder einmal gescheitert, die nächste Antarktis-Schutzkonferenz. Diesmal hat sie in Bremerhaven getagt. Gescheitert an den Rohstoffinteressen der großen und auch der kleinen Staaten. Viele Teilnehmer sehen die Verantwortung allerdings bei Moskau. Mein Kollege Jasper Barenberg hat darüber mit Iris Menn gesprochen, Meeresbiologin von Greenpeace.
Jasper Barenberg: Frau Menn, Russland verhindert weltweit größtes Meeresschutzgebiet. Lässt sich das Ergebnis der Konferenz auf diese kurze Formel bringen?
Iris Menn: Ja, leider schon. Die zwei größten Schutzgebiete, die wir hätten erreichen können, die sind gescheitert und das vor allem an der Blockadehaltung Russlands.
Barenberg: Vor allem heißt nicht nur?
Menn: Nein. Auch die Ukraine hat sich in dem Schatten, sagen wir mal, von Russland bewegt. Auch sie haben deutlich gemacht, dass sie die Schutzgebiete nicht eingerichtet haben wollen. Aber der starke Player im Vordergrund war deutlich Russland.
Barenberg: Die russische Delegation hat ja gar nicht in der Sache argumentiert, sondern formale Gesichtspunkte eingebracht in die Verhandlungen, hat Zweifel geäußert, ob die Kommission überhaupt das Recht hat, solche Schutzgebiete auszuweisen. Ist das aus Ihrer Sicht völlig aus der Luft gegriffen?
Menn: Ja das ist völlig unverständlich, denn es gibt bereits ein Schutzgebiet, was 2009 in der Antarktis eingerichtet wurde. Also es ist legal möglich und die Kommission hat die Kompetenz, daran gibt es gar keinen Zweifel, und es ist deswegen umso deutlicher, dass einfach ein Thema gezogen wurde, um die Verhandlungen letztlich zu blockieren und nicht an der eigentlichen Sache, nämlich den Schutzgebieten zu diskutieren.
Barenberg: Welche tatsächlichen Motive vermuten Sie denn auf der russischen Seite?
Menn: Es sind vermutlich wirtschaftliche Interessen, die Russland zu dieser Blockadehaltung gebracht haben. Es geht vor allen Dingen um die Fischerei, zum Beispiel auf den schwarzen Seehecht oder Krill, die in der Antarktis möglich ist und die durch die Einrichtung von Schutzgebieten verhindert würde.
Barenberg: Und warum scheint es jedenfalls so zu sein, dass beispielsweise Norwegen, das ja ähnliche Vorbehalte jedenfalls in der Vergangenheit hatte, von diesen Vorbehalten abgerückt ist und jetzt eine Zustimmung signalisiert hat?
Menn: Da bin ich mir ehrlicherweise nicht so wirklich sicher. Ich denke, Norwegen hatte im Augenblick einen ganz deutlichen Protagonisten vor sich stehen, der die Verhandlungen blockiert hat, und musste nicht unbedingt aus der Deckung kommen. Norwegen hat damals im letzten Jahr im November ganz klar auch deutlich gemacht, dass sie nicht für die Einrichtung der Schutzgebiete sind, und sie konnten sich jetzt gut hinter dem starken Player Russland eigentlich verstecken, ohne wirklich ihre Position deutlich zu machen.
Barenberg: Wie groß ist denn in der Sache selbst der Schaden jetzt, wo zunächst mal die Entscheidung jedenfalls nicht getroffen worden ist, zwei sehr große Gebiete im antarktischen Ozean unter Schutz zu stellen?
Menn: Die Antarktis ist ein Gebiet, was bisher noch sehr unberührt ist von menschlichen Nutzungen, im Gegensatz zu allen anderen Ozeanen auf der Welt, und jeder Tag, an dem kein Schutzgebiet eingerichtet wurde in der Arktis, und es die Möglichkeit gibt, dort zu fischen, ist ein Einfluss des Menschen auf dieses fast noch unberührte Gebiet dort und es macht es eben schwieriger, die Arten zu erhalten und dieses Gebiet so unberührt wie möglich zu lassen, was gerade auch für die Wissenschaftler sehr wichtig ist.
Barenberg: Für die Wissenschaft wichtig und auch für die Weltmeere insgesamt?
Menn: Auch für die Weltmeere insgesamt. Die Arktis und die Antarktis, in den Weltozeanen spielen sie eine besondere Rolle. Das sind die Kühlschränke auch unseres Weltklimas. Und ein Einfluss auf das antarktische Meer wird sich auf die anderen Ökosysteme, auf die anderen Meere auswirken, und deswegen ist es umso wichtiger, dass wir das geschützt haben.
Barenberg: Welcher Kompromiss wäre denn vorstellbar, wäre denkbar, wenn man bedenkt, dass in der Tat einige Länder durchaus wirtschaftliche Interessen haben, während die Interessen der deutschen Delegation doch eher im Bereich der Forschung liegen?
Menn: Es geht bei den Verhandlungen um diese beiden Gebiete um die Größe der Gebiete und dann natürlich, welche Nutzung erlaubt man in welchen Bereichen dieser vorgeschlagenen Schutzgebiete. Wir hätten am liebsten, dass diese Bereiche tatsächlich frei von jeglicher menschlicher Nutzung sind, das heißt keine Fischerei, aber genau hier müssen die eigentlichen Verhandlungen zwischen den Staaten stattfinden, dass man zu einem Kompromiss kommt, und genau das hat ja eben nicht stattgefunden, sondern es wurde gar nicht mehr an der Sache diskutiert.
Barenberg: Das heißt, eine begrenzte Fischerei in diesen Gebieten wäre für Sie auch noch gerade so akzeptabel, oder wie würden Sie das beschreiben?
Menn: In einigen Bereichen ist sicherlich eine nachhaltige Fischerei noch machbar, aber die Betonung liegt auf nachhaltig. Das heißt, die Fischbestände dürfen nicht überfischt werden und die Fangmethoden müssen schonend sein, kein schweres Grundschleppnetz, was durch den Boden geht und alles mitnimmt und alles dort zerstört, sondern wirklich eine nachhaltige Fischerei umgesetzt.
Barenberg: Die nächste reguläre Sitzung dieses Gremiums, dieser Kommission steht für Oktober auf der Tagesordnung. Der deutsche Delegationsleiter hat ja durchaus gesagt, dass er noch Chancen sieht, zu einer Einigung zu kommen. Sind Sie auch zuversichtlich in dieser Hinsicht?
Menn: Ich denke, dass es dort genügend Länder gibt, die noch diese Schutzgebiete einrichten wollen, die zu einem positiven Ergebnis kommen. Diese Kommission ist ja schließlich dafür da, wie der Name sagt, die lebenden Ressourcen in der Antarktis zu schützen. Das ist der Auftrag dieser Kommission und ich bin mir schon durchaus sicher, dass die Staaten nun in den nächsten Wochen und Monaten versuchen, mit Russland vorzubesprechen und zu schauen, wie man letztlich eine konstruktive Verhandlung dann in Hobart in Tasmanien im Oktober zustande bringt.
Müller: Mein Kollege Jasper Barenberg im Gespräch mit Iris Menn, Meeresbiologin von Greenpeace.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Jasper Barenberg: Frau Menn, Russland verhindert weltweit größtes Meeresschutzgebiet. Lässt sich das Ergebnis der Konferenz auf diese kurze Formel bringen?
Iris Menn: Ja, leider schon. Die zwei größten Schutzgebiete, die wir hätten erreichen können, die sind gescheitert und das vor allem an der Blockadehaltung Russlands.
Barenberg: Vor allem heißt nicht nur?
Menn: Nein. Auch die Ukraine hat sich in dem Schatten, sagen wir mal, von Russland bewegt. Auch sie haben deutlich gemacht, dass sie die Schutzgebiete nicht eingerichtet haben wollen. Aber der starke Player im Vordergrund war deutlich Russland.
Barenberg: Die russische Delegation hat ja gar nicht in der Sache argumentiert, sondern formale Gesichtspunkte eingebracht in die Verhandlungen, hat Zweifel geäußert, ob die Kommission überhaupt das Recht hat, solche Schutzgebiete auszuweisen. Ist das aus Ihrer Sicht völlig aus der Luft gegriffen?
Menn: Ja das ist völlig unverständlich, denn es gibt bereits ein Schutzgebiet, was 2009 in der Antarktis eingerichtet wurde. Also es ist legal möglich und die Kommission hat die Kompetenz, daran gibt es gar keinen Zweifel, und es ist deswegen umso deutlicher, dass einfach ein Thema gezogen wurde, um die Verhandlungen letztlich zu blockieren und nicht an der eigentlichen Sache, nämlich den Schutzgebieten zu diskutieren.
Barenberg: Welche tatsächlichen Motive vermuten Sie denn auf der russischen Seite?
Menn: Es sind vermutlich wirtschaftliche Interessen, die Russland zu dieser Blockadehaltung gebracht haben. Es geht vor allen Dingen um die Fischerei, zum Beispiel auf den schwarzen Seehecht oder Krill, die in der Antarktis möglich ist und die durch die Einrichtung von Schutzgebieten verhindert würde.
Barenberg: Und warum scheint es jedenfalls so zu sein, dass beispielsweise Norwegen, das ja ähnliche Vorbehalte jedenfalls in der Vergangenheit hatte, von diesen Vorbehalten abgerückt ist und jetzt eine Zustimmung signalisiert hat?
Menn: Da bin ich mir ehrlicherweise nicht so wirklich sicher. Ich denke, Norwegen hatte im Augenblick einen ganz deutlichen Protagonisten vor sich stehen, der die Verhandlungen blockiert hat, und musste nicht unbedingt aus der Deckung kommen. Norwegen hat damals im letzten Jahr im November ganz klar auch deutlich gemacht, dass sie nicht für die Einrichtung der Schutzgebiete sind, und sie konnten sich jetzt gut hinter dem starken Player Russland eigentlich verstecken, ohne wirklich ihre Position deutlich zu machen.
Barenberg: Wie groß ist denn in der Sache selbst der Schaden jetzt, wo zunächst mal die Entscheidung jedenfalls nicht getroffen worden ist, zwei sehr große Gebiete im antarktischen Ozean unter Schutz zu stellen?
Menn: Die Antarktis ist ein Gebiet, was bisher noch sehr unberührt ist von menschlichen Nutzungen, im Gegensatz zu allen anderen Ozeanen auf der Welt, und jeder Tag, an dem kein Schutzgebiet eingerichtet wurde in der Arktis, und es die Möglichkeit gibt, dort zu fischen, ist ein Einfluss des Menschen auf dieses fast noch unberührte Gebiet dort und es macht es eben schwieriger, die Arten zu erhalten und dieses Gebiet so unberührt wie möglich zu lassen, was gerade auch für die Wissenschaftler sehr wichtig ist.
Barenberg: Für die Wissenschaft wichtig und auch für die Weltmeere insgesamt?
Menn: Auch für die Weltmeere insgesamt. Die Arktis und die Antarktis, in den Weltozeanen spielen sie eine besondere Rolle. Das sind die Kühlschränke auch unseres Weltklimas. Und ein Einfluss auf das antarktische Meer wird sich auf die anderen Ökosysteme, auf die anderen Meere auswirken, und deswegen ist es umso wichtiger, dass wir das geschützt haben.
Barenberg: Welcher Kompromiss wäre denn vorstellbar, wäre denkbar, wenn man bedenkt, dass in der Tat einige Länder durchaus wirtschaftliche Interessen haben, während die Interessen der deutschen Delegation doch eher im Bereich der Forschung liegen?
Menn: Es geht bei den Verhandlungen um diese beiden Gebiete um die Größe der Gebiete und dann natürlich, welche Nutzung erlaubt man in welchen Bereichen dieser vorgeschlagenen Schutzgebiete. Wir hätten am liebsten, dass diese Bereiche tatsächlich frei von jeglicher menschlicher Nutzung sind, das heißt keine Fischerei, aber genau hier müssen die eigentlichen Verhandlungen zwischen den Staaten stattfinden, dass man zu einem Kompromiss kommt, und genau das hat ja eben nicht stattgefunden, sondern es wurde gar nicht mehr an der Sache diskutiert.
Barenberg: Das heißt, eine begrenzte Fischerei in diesen Gebieten wäre für Sie auch noch gerade so akzeptabel, oder wie würden Sie das beschreiben?
Menn: In einigen Bereichen ist sicherlich eine nachhaltige Fischerei noch machbar, aber die Betonung liegt auf nachhaltig. Das heißt, die Fischbestände dürfen nicht überfischt werden und die Fangmethoden müssen schonend sein, kein schweres Grundschleppnetz, was durch den Boden geht und alles mitnimmt und alles dort zerstört, sondern wirklich eine nachhaltige Fischerei umgesetzt.
Barenberg: Die nächste reguläre Sitzung dieses Gremiums, dieser Kommission steht für Oktober auf der Tagesordnung. Der deutsche Delegationsleiter hat ja durchaus gesagt, dass er noch Chancen sieht, zu einer Einigung zu kommen. Sind Sie auch zuversichtlich in dieser Hinsicht?
Menn: Ich denke, dass es dort genügend Länder gibt, die noch diese Schutzgebiete einrichten wollen, die zu einem positiven Ergebnis kommen. Diese Kommission ist ja schließlich dafür da, wie der Name sagt, die lebenden Ressourcen in der Antarktis zu schützen. Das ist der Auftrag dieser Kommission und ich bin mir schon durchaus sicher, dass die Staaten nun in den nächsten Wochen und Monaten versuchen, mit Russland vorzubesprechen und zu schauen, wie man letztlich eine konstruktive Verhandlung dann in Hobart in Tasmanien im Oktober zustande bringt.
Müller: Mein Kollege Jasper Barenberg im Gespräch mit Iris Menn, Meeresbiologin von Greenpeace.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.