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Grenfell Tower
Öffentliche Untersuchung der Brandkatastrophe beginnt

Etwa 80 Menschen verbrannten am 14. Juni im Grenfell-Tower in London. Heute beginnt eine von Premierministerin Theresa May angeordnete öffentliche Untersuchung. Doch vielen Überlebenden befürchten, dass die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Hintergründe der Katastrophe nicht zur Sprache gebracht werden.

Von Jens-Peter Marquardt |
    Man sieht ein ausgebranntes Gebäude vor wolkenbehangenem Horizont
    Sichtbares Mahnmal: Das zerstörte Hochhaus Grenfell Tower in London (imago stock&people)
    Die Menschen rund um das ausgebrannte Hochhaus fühlen sich allein gelassen, vernachlässigt, nicht ernst genommen. Etwa 80 Menschen kamen bei dem Brand am 14. Juni ums Leben, die genaue Zahl der Toten wird sich wohl nie klären lassen. Knapp 60 von ihnen sind inzwischen identifiziert, aber noch immer werden in der Ruine menschliche Überreste gefunden.
    Das Hochhaus brannte innerhalb von Minuten lichterloh. Ein Kühlschrank war in Brand geraten. Ein Feuer, das normalerweise schnell eingedämmt werden kann. Doch über die neue, offenbar leicht entzündliche Fassade breitete sich das Feuer in Windeseile auf fast das gesamte Gebäude aus. Shona Harvey hat den Brand überlebt, sie sagt, sie sei immer noch wütend, diese Katastrophe hätte niemals passieren dürfen.
    Drei Monate nach dem Brand beginnt heute die öffentliche Untersuchung, angeordnet von Premierministerin Theresa May, unter dem Vorsitz des pensionierten Richters Martin Moore-Bick. Er soll aufklären, was bei dem Brand schief gelaufen ist.
    "Ich hoffe, dass wir mit dieser Untersuchung die grundlegenden Fragen klären können. Also, wie hat das Feuer angefangen? Wie hat es sich ausgeweitet? Wie konnte es das ganze Gebäude in solch rasender Geschwindigkeit in Brand setzen? Und welche Vorkehrungen gab es zum Schutz der Bewohner?"
    Noch viele Fragen zu den Hintergründen der Katastrophe
    Die Londoner Feuerwehr fordert jetzt, dass alle Hochhäuser mit Sprinkleranlagen nachgerüstet werden.
    Vielen Überlebenden reicht das nicht. Sie wollen eine umfassendere Untersuchung, die auch die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Hintergründe des Hochhausfeuers zur Sprache bringt: Sie wollen Antworten darauf, warum in diesem reichsten Stadtbezirk des Landes, in Kensington-Chelsea, die Sozialwohnungen Jahrzehnte lang vernachlässigt wurden. Warum die Beschwerden der Bewohner vor dem Brand nicht ernst genommen wurden. Und warum viele Spekulanten zig-Millionen teure Luxusimmobilien in der Nachbarschaft des Grenfell Towers leer stehen lassen können, während viele nach dem Brand Obdachlose immer noch keine neue Bleibe haben.
    Blumen und Beileidsbekundungen nach der Hochhausbrand-Tragödie mit mindestens 80 Toten in London. Das Unglück im Grenfell Tower hätte verhindert werden können. Warnungen über mangelnden Brandschutz waren von Behörden und Vermietergesellschaft ignoriert worden.
    Große Anteilnahme nach der Hochhausbrand. Viele meinen, das Unglück hätte verhindert werden können. Warnungen über mangelnden Brandschutz waren von Behörden und Vermietergesellschaft ignoriert worden. (Deutschlandradio / Christine Heuer)
    Miguel Alves, der seine Wohnung verloren hat, hofft darauf, darauf, dass am Ende dieser Untersuchung die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.

    "Irgendjemand muss dafür bezahlen. Ich könnte jetzt Asche in diesem Gebäude sein. Ich hoffe, dass sich die Politik ändert, die zu diesem Feuer geführt hat."
    Mordermittlungen durch Scotland Yard
    Richter Moore-Bick dämpfte allerdings bereits die Erwartungen. Die Untersuchung der gesellschaftlichen Ursachen würde den Rahmen seines Auftrags sprengen. Aber er versichert, dass die Überlebenden zu Wort kommen werden. Nach ersten Begegnungen mit ihnen misst der Richter ihren Aussagen großen Wert zu.

    Der Richter will spätestens in einem Jahr einen ersten Bericht vorlegen. Parallel dazu ermittelt Scotland Yard - wegen Mordes.
    Vergessen werden die Londoner die Katastrophe so schnell nicht. Denn die verkohlte Fassade des Hochhauses wird noch lange weithin sichtbar in den Himmel ragen.