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Grenzenloser Handel

Der Vertrag über Euratom und der Vertrag über den gemeinsamen Markt, soll die Grundlage sein für die Entstehung eines großen geschlossenen Wirtschaftsraums von etwa 160 Millionen Menschen. Die Zusammenführung der Landwirtschaften der sechs Länder ist sicherlich das schwierigste Problem der wirtschaftlichen Einigung Europas.

Astrid Himberger |
    Der Vertrag über Euratom und der Vertrag über den gemeinsamen Markt, soll die Grundlage sein für die Entstehung eines großen geschlossenen Wirtschaftsraums von etwa 160 Millionen Menschen. Die Zusammenführung der Landwirtschaften der sechs Länder ist sicherlich das schwierigste Problem der wirtschaftlichen Einigung Europas.

    Willy Brandt: Ich bin gewiss, die Europäische Union wird kommen. Nur in einem Europa, das seine Persönlichkeit gefunden hat, sind unsere nationalen Identitäten zu sichern.

    Helmut Kohl: Wir alle brauchen dies Europa, alle in Europa, aber für uns Deutsche ist Europa die Schicksalsfrage schlechthin, wenn wir jetzt die Europäische Union nicht schaffen Versagen wir vor der Zukunft.

    Seit dem Ende des zweiten Weltkrieges versuchen die Europäer, in Frieden, Freiheit und wirtschaftlichem Wohlstand zusammen zu leben. Im Jahre 1951 bildeten sechs Staaten die Montanunion und legten so den Grundstein für die Europäische Union. Die Gründungsstaaten waren Belgien, die Bundesrepublik, Frankreich, Italien, Luxemburg und die Niederlande. Nach mittlerweile einem halben Jahrhundert und vier Erweiterungen umfasst die EU heute fünfzehn Mitgliedsstaaten. Die fünfte Vergrößerung steht unmittelbar bevor. Mit dem Beitritt von Polen, Tschechien, Estland, Slowenien, Ungarn und Zypern, voraussichtlich im Jahr 2003, steht die Gemeinschaft vor einer ihrer größten Herausforderungen. Die Unionsbevölkerung sieht der Erweiterung skeptisch entgegen. Ängste vor der Billigkonkurrenz aus dem Osten stehen den Profiterwartungen der Wirtschaft gegenüber. Noch ist vieles in den Kandidatenländern nicht so, wie es sein sollte. Experten vermuten daher, dass die Vollendung Europas noch eine Weile auf sich warten lassen wird.

    Mit der Ausdehnung der europäischen Union wird die Bundesrepublik zum Transitland in der Mitte des Kontinents. Wenn die Erweiterung wirtschaftlich ein Erfolg werden soll, muss der reibungslose Ablauf des Personen- und Warenaustausches gesichert sein. Das wird schwierig werden, denn der Verkehr wird schätzungsweise um 30 Prozent zunehmen, sobald die Europäische Union die Länder Ost- und Mitteleuropas aufnimmt. Und das wird eine Menge kosten. Für den Ausbau des Transeuropäischen Fernverkehrsnetzes sind in den nächsten zehn Jahren bis zu 200 Milliarden Mark nötig. Hauptverkehrskorridore werden die Strecken Berlin-Dresden-Prag und Nürnberg-Prag sein, prognostizieren Experten und rechnen vor allem mit einem Anstieg der Güterströme.

    Aufgrund des niedrigeren Lohnniveaus im Osten verlegen immer mehr Firmen ihre Fertigungsbereiche dorthin. Das heißt: Produktionszentren im Osten müssen mit den Absatzmärkte im Westen verknüpft werden. Der ADAC vermutet, dass der Großteil des Warenaustausches auf der Straße abgewickelt wird. Immer wieder wird zwar gefordert, dass mehr Güter auf die Schiene sollen, in der Praxis funktioniert das jedoch nicht. Den Gegensatz von Schiene und Straße aufzuheben und beide sinnvoll miteinander zu verbinden, das ist das Motto der Firma Kombiverkehr. Das Unternehmen kennt die Probleme, die mit der Erweiterung auf das Transportwesen zukommen werden. Werner Maywald, Vorstandschef von Kombiverkehr:

    In diesen Ländern ist die Infrastruktur bei der Eisenbahn noch nicht vergleichbar mit der der westeuropäischen Staaten. Wir hoffen, dass hier die großen westdeutschen Eisenbahn insbesondere die DB AG in Kooperation mit den dortigen Eisenbahngesellschaften massiv daran geht, die Infrastruktur zu verbessern. Es geht im wesentlichen um Know-how. Um Know-how, wie ich so etwas mache, wie ich so etwas baue. Der zweite Punkt ist dann der tatsächliche Bau, und hier muss es Aufgabe der Europäischen Union sein, dort so zu helfen wie sie heute beispielsweise schon in Irland helfen.

    Denn den Ländern fehlt das nötige Kleingeld. Und selbst wenn es da ist, dauert es ungefähr fünf bis 10 Jahre, bis eine neue Straße fertig ist. Solche Probleme haben die Transporteure in der Luft nicht. Sie verdienen schon jetzt gut an der baldigen Aufnahme der Beitrittsländer, und das soll auch in Zukunft so bleiben. Thomas Dröger, Vorstandschef von Lufthansa City Line:

    Wir sind sehr zuversichtlich, dass sich das positiv auf unser Geschäft auswirken wird. Ein Teil unserer Expansion gründet auf der Erwartung, dass die EU-Osterweiterung einen Schwung in die Wirtschaft Europas bringt und auch in unser Geschäft. Wir haben jetzt bereits die Erfahrung, dass Strecken nach Polen zum Beispiel sehr gut für unser Geschäft geeignet sind für die kleineren Flugzeuge. Und wir erwarten auch von anderen Beitrittsländern und Kandidatenländern, dass deren wirtschaftliche Entwicklung auch dazu führt, dass Luftverkehr in der Größenordnung wie wir ihn betreiben deutlich zunimmt.

    Die Kehrseite der Medallie ist die Konkurrenz im Osten. Wahrscheinlich werden viele der zu transportierenden Güter nicht mehr von deutschen Spediteuren gefahren werden. Denn die osteuropäische Konkurrenz ist deutlich preiswerter. Deshalb plädiert der Güterverkehr- und Logistikverband für Übergangsfristen im Dienstleistungsbereich.

    Bundeskanzler Gerhard Schröder hat es klar gesagt: Es muss eine angemessene Übergangsfrist für die Arbeitnehmerfreizügigkeit geben. Der Kanzler hat sich für eine Frist von sieben Jahren eingesetzt. In der Praxis heißt das: Vom geplanten Beitritt im Jahre 2003 sollen also erst ab dem Jahre 2010 Osteuropäer bei uns arbeiten dürfen. Wenig begeistert von diesen Vorschlägen sind die Kandidatenländer. Rafal Wolski, Leiter der Wirtschafts- und Handelsabteilung des polnischen Generalkonsulats in München:

    Wir gehen davon aus, dass der Beitritt zur Europäischen Union die vollen Pflichten, aber auch die vollen Rechte und Privilegien zu bedeuten hat. Und demzufolge lehnen wir die zu unserem Missfallen von Berlin und Wien lancierten siebenjährigen Übergangsfristen bei der Freizügigkeit von Arbeitskräften ab, deswegen sind wir über diese forcierte Lösung überhaupt nicht glücklich.

    Denn die Frustration in den Ländern wächst. Die Anstrengungen und Opfer, die der Übergang vom Sozialismus in den Kapitalismus den Menschen abverlangt hat, sollen sich jetzt auch lohnen. Unterstützung bekommen sie von der Wirtschaft, die freilich eigene Interessen hat. Randolf Rodenstock, Präsident des Verbandes der bayrischen Wirtschaft:

    Also ich denke wir sollten uns nach Zwischenzeiten nach drei nach fünf Jahren die Lage mal anschauen, was da wirklich in den lokalen Arbeitsmärkten passiert ist. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass wir bei dem Fachkräftemangel, den wir ohnehin schon haben, es sehr gerne sehen würden, wenn wir Fachkräfte aus diesen Ländern nach Deutschland zulassen können und würden. Das macht ja Sinn, weil früher oder später kommt die Freizügigkeit sowieso.

    Der Fachkräftemangel ist eine enorme Wachstumsbremse. München benötigt beispielsweise dringend qualifiziertes Pflegepersonal, das gäbe es in Slowenien. Doch die Ängste der Bevölkerung und bestimmter Wirtschaftsbranchen vor ausländischen Mitarbeitern sind groß. Besonders die Bauwirtschaft sieht ohne geregelte Übergangsfristen den Verlust von Arbeitsplätzen. Die vermutlich größere Brisanz liegt jedoch bei der Dienstleistungsfreiheit. Toni Hinterdobler, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Niederbayern und Oberpfalz:

    Dienstleistungsfreiheit bedeutet: Gewerbetreibende kommen über die Grenze als Friseur, als Bauunternehmer, als Installateur und bieten in Deutschland ihre Dienste an, natürlich unter ganz anderen Voraussetzungen wie das deutsche Unternehmen tun können, weil sie andere Rahmengesetze haben, weil sie andere Sozialvorschriften, andere Umweltvorschriften und vieles mehr haben. Also ihre Wettbewerbsfähigkeit wird zunächst einmal wesentlich besser sein, wenn wir diese Rahmenbedingungen betrachten, und von daher müssen wir unseren Unternehmungen ein bisschen Luft lassen bis sich die wirtschaftlichen Verhältnisse in den beiden Nachbarstaaten etwas angeglichen haben. Dann wird das "Über-die-Grenze-hinüber-Arbeiten" zur Normalität werden, aber die Dienstleistungsfreiheit muss beginnen. Wir dürfen nicht das Öffnen der Grenze auf 5 oder 7 Jahre hinausschieben. Dann haben wir nämlich die Probleme später. Wir müssen langsam aufmachen und den Strukturwandelprozess dadurch beschleunigen.

    Wenn Ausländer in Deutschland arbeiten wollen, müssen sie das zu den deutschen Konditionen tun, also mit Sozialversicherungsabgaben und Steuerzahlungen. Die Dienstleistungsfreiheit hingegen bedeutet, dass sich die anbietenden Unternehmen nicht an das deutsches Steuerrecht halten müssen - solange ihr Firmensitz im Ausland ist. In der Praxis sähe das so aus: Ein tschechischer Frisör hat den Firmensitz in seinem Heimatland, kommt aber als fliegender Händler über die Grenze und onduliert den deutschen Damen das Haar. Der Preis berechnet sich nach tschechischen Vorstellungen, und das kommt auf jeden Fall günstiger als bei einem deutschen Coiffeur.

    Wo Karl Pietzsch sich die Haare frisieren lässt, wird nicht verraten. Aber er sieht gut, und zwar im Dunkeln, denn Karl Pietzsch verkauft mobile Nachtsichtsysteme. Seine Firma BAE Systems rüstet Grenzen mit ihren Systeme aus. Die Verschiebung der Grenzen der europäischen Union nach Osten bedeutet viel Modernisierungsbedarf, und das ist gut für Karl Pietzsch:

    Für den Beitritt müssen die Länder ihre Infrastruktur verbessern das betrifft alles, das betrifft Flughäfen, Straßennetz, Rechnersysteme, Grenzkontrollpunkte, die Küstenwache, alles was dazu gehört, ein kleiner Teil davon ist die Grenzsicherung.

    Seine Geschäftspartner sind die jeweiligen Innen- oder auch Finanzministerien. Je nachdem, in wessen Verantwortungsbereich die Sicherung der Landesgrenzen liegt. Endkunden sind die Polizei und der Zoll. Doch bis diese tatsächlich ihre Ausrüstung erhalten, dauert es lange:

    Das heißt, von einem Erstkontakt mit einem Innenministerium und natürlich mit dem Endkunden, der dem Innenministerium zum Beispiel untersteht, der Grenzpolizei etwa, bis zum Verkauf eines solchen Systems oder bis zu einer Ausschreibung mit dem späteren Verkauf vergehen im Mittel durchaus drei bis vier Jahre.

    Diese langen Zeiträume entstehen durch die vielen Probleme innerhalb der Behörden vor Ort. Wenn erst mal der Kontakt geknüpft ist, geht es weiter durch die Mühlen der Verwaltung. Karl Pietzsch:

    Die Behörden müssen entsprechend technisches Gerät definieren nach Bedarf, dann müssen die entsprechenden Budgets definiert und abgesichert werden in aller Regel durch Parlamentsbeschlüsse. Hinzu kommt, dass diese Länder in aller Regel nicht in der Lage sind, das vollständig selbst zu finanzieren. Sie müssen sich also um entsprechende Fördermaßnahmen bemühen. Es gibt dort Förderprogramme der europäischen Gemeinschaft, da müssen aber auch Anträge gestellt werden. Es muss bewilligt werden, das ist ein relativ langer Zeitraum.

    Doch Zeit ist Geld. Kleinere Firmen können sich solch ein Ostengagement nur leisten, wenn sie Unterstützung von großen Unternehmen erhalten. Mittlerweile haben sich verschiedene Organisationen gegründet, die den Betrieben hilfreich zur Seite stehen. Eine davon ist der Ost-West Wirtschaftsclub Bayern. Er bereitet unter anderem die Zusammenarbeit von Bayern mit Tschechien vor oder mit der Slowakei. Eines der Hauptprojekte, erklärt Ulrich Lein, der Länderkoordinator des Wirtschaftclubs, beschäftigt sich mit Europas zweitgrößtem Fluss:

    Wir haben uns auf Projekte in Zusammenhang mit der Donau spezialisiert, einmal, was die Schiffbarmachung der Donau angeht, Binnenschifffahrt, zum anderen, was die Gewässergüte angeht: Kläranlagen. Und wenn ein Unternehmer gegenwärtig noch aus Bayern, weil Bayern finanziert, daran interessiert ist, in ein solches Anbieterkonsortium aufgenommen zu werden, kann er sich gerne an uns wenden. Wir nehmen ihn in unser Archiv auf, und wenn ein Projekt soweit gediehen ist, dass wir eine sogenannte Projektskizze machen, die wir nach Brüssel einreichen, um uns zu bewerben, dann kann er gerne mit dabei sein.

    Starkes Interesse bekunden die Unternehmen aus der Baubranche und der Informationstechnologie. Besonders wichtig ist auch der Zweig der Aus- und Weiterbildung. Ein Beispiel: Wird eine Kläranlage gebaut, werden die Mitarbeiter vor Ort ausgebildet, so dass sie später die Anlage selbständig betreiben und reparieren können.

    Wie wichtig solche Hilfen sind, weiß auch Erhard Busek von der Süd Ost Europa Koordinationsinitiative. Seine Organisation hat in verschiedenen Städten wie Thessaloniki, Istanbul und Udine Büros eröffnet. Hier will sie Investoren beraten und Verbindungen schaffen. Koordinator Erhard Busek:

    Die Schwierigkeiten liegen darin, dass die Gesetzgebungen oft sehr rasch ändert unter politischen Bedingungen, dass sich die Verwaltung nicht unbedingt an die Gesetzgebung hält, und natürlich haben wir in Folge der Einkommenssituation eine weit verbreitete Korruption. Die Gerichtsbarkeit hat auch ihre Schwächen, daher haben wir jetzt auch Streitverfahren eingeführt und Leute dafür trainiert, die Standards zu erreichen, die wir haben.

    Doch trotz dieser Schwierigkeiten rechnen viele damit, dass die Osterweiterung langfristig ein gutes Geschäft werden wird. Ingo Friedrich, Vize Präsident des Europäischen Parlaments:

    Also da gibt es Analysen von Banken, die sagen, dass durch den Beitritt von diesen Mittel- und Osteuropäischen Staaten soviel Dynamik ausgelöst wird, dass mehr exportiert werden kann aus Bayern, heute schon mehr in die osteuropäischen Länder als in die USA, und dass mit diesem überdurchschnittlichem Wachstum in den Beitrittskandidaten zwischen einem halben und einem Prozent additives Wachstum in der gesamten Europäischen Union dadurch ausgelöst wird.

    Und so sind auch die Banken schon auf dem Weg nach Osten. Mit einem Marktanteil von gut elf Prozent ist die Hypovereinsbank die wichtigste unter den deutschen Banken in Osteuropa. Die Voraussetzungen für ausländische Banken dort sind besonders gut, denn ihnen wird ein großes Vertrauen entgegengebracht. Denn die inländischen Geldinstitute kämpfen noch mit den Lasten der Vergangenheit. Peter Köller von der Hypovereinsbank:

    Sie müssen sich vorstellen: In jedem Land in diesen Ländern gab es früher drei Banken. Da gab es eine Außenhandelsbank, da gab es eine Zentralbank und da gab es eine Entwicklungsbank - dann wurden die Länder marktwirtschaftlich, dann gibt es jedem Land Hunderte oder Tausende von Banken, in Kroatien gibt es glaube ich 80 Banken für fünf Millionen Einwohnern, in Russland 1300. Und jetzt gilt es natürlich auszusortieren, wer ist eine Bank oder was ist überhaupt eine Bank, ist ein Dienstleistungsunternehmen.

    Die Gründe, nach Osteuropa zu gehen, waren nicht nur die unterentwickelten Finanzmärkte, sondern auch die geographische Nähe zum westeuropäischen Markt und die gute Ausbildung der lokalen Mitarbeiter. Zudem drängen immer mehr deutsche mittelständische Unternehmen nach Osteuropa. Doch das hat nichts mit Altruismus zu tun, der Kostendruck ist zu stark. Große Unternehmen verlangen von ihren kleineren Zulieferern gute Preise. Jene gibt es aber nur, wenn kostengünstig im Ausland produziert wird. Die Geschäfte der Bank sind jedoch weniger die Finanzierung als das "risk management".

    Wir finanzieren sowohl Anlagevermögen als auch Umlaufvermögen. Wir kaufen den dortigen Exporteuren Forderungen gegenüber anderen Ländern ab, wir finanzieren kleine lokale Unternehmen, wir finanzieren lokale große Unternehmen. Das heißt, wir sind eigentlich nicht im Finanzierungsgeschäft wir sind im "risk managment"-Geschäft. Es gibt bei jeder wirtschaftlichen Form Risiken und hier muss das Unternehmen entscheiden, was will ich behalten und was will ich verkaufen.

    Das Risiko ist je nach Land unterschiedlich. Mit dieser Thematik hat sich auch die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft, kurz DEG, auseinander gesetzt. Sie ist im Besitz der Bundesrepublik und beschäftigt sich mit der Finanzierung und Beratung von Gemeinschaftsunternehmen in Osteuropa und der ganzen Welt. Gotthardt von Wallenberg von der DEG:

    Wir berechnen die Risiko nach einem Schema, in dem wir die volkswirtschaftlichen Risiken, die politischen Risiken die Infrastruktur-Risiken und auch die Risiken der Auslandsinvestitionspolitik und Verwaltung darstellen, noch mal unterteilt in verschiedene Teilaspekte. All diese Aspekte werden dann mit einer bestimmten Zahl von Punkten beziffert.

    Polen steht zur Zeit auf Platz eins der Länderrating-Liste. Das drückt sich auch in den finanziellen Zusagen aus: Polen erhielt 79 Millionen Mark, Slowenien 47 Millionen Mark und Tschechien 21 Millionen Mark. Insgesamt machte die DEG Zusagen an die Ost- und Mitteleuropäischen Staaten im Wert von 500 Millionen Mark. Die Investitionsgesellschaft finanziert Projekte, die sowohl wirtschaftlich als auch umwelt- und sozialverträglich sind. Der Schwerpunkt liegt zur Zeit bei Unternehmen im Finanzsektor und in der gewerblichen Wirtschaft. Aber auch Firmen aus dem Tourismus, dem Bergbau und der Landwirtschaft werden finanziert. Doch mit den Betrieben in den osteuropäischen Ländern ist das manchmal so eine Sache. Je weiter man nach Osten kommt, um so schwieriger sind die Besitzverhältnisse.

    Das, was wir finanzieren, diese Transaktion, da wollen wir hundertprozentige Transparenz haben bis in alle Verästelungen hinein. Das zweite ist Korruption, ist null Toleranz, null Toleranz aus moralischen, aber auch aus wirtschaftlichen Gründen. Und das dritte ist der Umweltschutz: Wir behandeln alle Länder mit den Umweltkriterien wie sie von der EU festgelegt werden.

    Die Hypovereinsbank erstellt Expertisen, macht Projektfinanzierung, Immobilienfinanzierung und sie begleitet Unternehmen durch alle Wachstumsphasen. Bei den Menschen vor Ort stoße man aber noch auf Probleme in der Erwartungshaltung, meint Peter Köller. Denn kein Unternehmen geht nach Polen, weil es das Land so schön findet, es geht ums Geschäft. Und davon verspricht man sich viel.

    Die Regierung wird nicht müde den Ängsten der Bevölkerung mit einem Argument entgegen zu treten: Die Erweiterung der Europäischen Union wird ein wirtschaftlicher Erfolg. Schon jetzt sind die osteuropäischen Staaten ein wichtiger Handelspartner für die deutsche Wirtschaft. Der Außenhandel Deutschlands mit den assoziierten Beitrittsländern in Mittel- und Osteuropa betrug im vergangenen Jahr etwa 150 Milliarden Mark. Dieses Volumen entspricht etwa dem Außenhandel mit den Vereinigen Staaten.

    Und so wurde der Bundeskanzler auf seiner diesjährigen Sommerreise auch nicht müde, die Chancen der Osterweiterung zu betonen. Chancen nicht nur für die Beitrittskandidaten, sondern auch für Deutschland und insbesondere seine Grenzregionen. Nicht ohne Grund wählte Gerhard Schröder das tschechische Franzensbad als Ort seiner Abschlusspressekonferenz: Das sogenannte "Kurherz Europas" gilt jetzt schon als Vorzeigeregion im Dreiländereck Tschechien, Bayern und Sachsen. Nicht nur mit dem Kopf, so der Kanzler wörtlich, sondern auch mit dem Herzen sollten die Bürger die EU-Erweiterung annehmen:

    Meine herzliche Bitte: Lassen Sie sich nicht ins Bockshorn jagen von denen, die Angst verbreiten wollen vor der Erweiterung der Europäischen Union, sondern, gerade in den Grenzregionen, denken Sie daran, dass gute Nachbarschaft auf beiden Seiten immer geholfen hat, und das wird auch in Zukunft so sein.