Markus Acher: "In Weilheim gab es ein Pfadfinderheim. Wir hatten da einen Proberaum. Nach diversen Funk- und Pop- und Police-ähnlichen Bands haben wir da angefangen, Notwist zu machen."
Melancholie und Tristesse. Die etwa 20.000 Einwohner zählenden Kreisstadt Weilheim im oberbayerischen Voralpenland: Hier hat 1989 Markus Acher zusammen mit seinem Bruder Micha die damals noch so lautstarken "The Notwist" ins Leben gerufen.
Ein musikalischer Aufschrei in der bayerischen Provinz, beeinflusst von US-amerikanischen Hardcore- und Grunge-Bands der Stunde. Das selbst betitelte Debütalbum von "The Notwist" klingt roh und aggressiv - so schroff und stechend wie die heimischen Fichtenwälder im verschlafenen Weilheim. "Is It Fear'", "Bored", "Winter" - Die Song-Titel sprechen für sich. 1992 erscheint "Nook", die zweiten Platte:
Markus Acher: "Die ging schon ein bisschen in eine andere Richtung. Da kam dann der Metal-Einfluss und auch so ein bisschen der Einfluss von experimenteller Musik wie Fred Frith. Das war so ein Gitarrist, der hatte damals einen Film im Kino, der hieß "Step Across The Boarder" - ein Dokumentarfilm über ihn und über die experimentelle Szene."
Harte Gitarren-Arrangements stolpern über spärliche Jazz-Elemente. Kein Wunder: Denn die Acher-Brüder stehen im bayerischen Hinterland an Feiertagen gerne mal mit ihrem Vater als "New Orleans Dixie Stompers" auf der Bühne. Mitte der 90er-Jahre entdecken "The Notwist" mit dem Album "12" auch elektronische Gerätschaften im Studio.
Markus Acher: "Bei der '12' war es so, dass wir gerne mit Samples arbeiten würden. Weil der Martin Gretschmann, ein Freund von uns, hatte sich einen Sampler gekauft und der Mario Thaler, der mit uns aufgenommen hat, auch. Das fanden wir total toll."
Markus Acher: "Da wir das auch live machen wollten, haben wir dann irgendwann den Martin Gretschmann gefragt, ob er gerne mitmachen würde. Den Sampler bedienen und diverse andere Sachen. Auch live. So wurde er dann ein festes Mitglied. Zu unserer vierten Platte hin, 'Shrink', da hat der dann schon ganz viel komponiert und das so ganz normal als gleichwertiges Instrument eingesetzt - die Elektronik und den Sampler."
Mit dem Sound-Tüftler Martin Gretschmann wächst "The Notwist" zu einer Avantgarde-Pop-Band. Das erdige Jazz-Fundament der Acher-Brüder vermischt sich mit der sphärischen, außerweltlichen Elektronik von Gretschmann. Dazwischen: Das Bandgerüst aus Gitarre, Bass und Schlagzeug. Geräusche, Klänge, Fieldrecordings und die unerschöpflichen Möglichkeiten der Studio-Technik - ein buntes Abenteuerland.
Markus Acher: "Für uns war das schon ein bisschen eine Sackgasse: diese Metal-Riffs und diese Ästhetik. Für mich war das schwarz-weiß und wir wollten es aber eigentlich farbig."
Musikalische Farbexplosionen und kühl synthetische Elektronik wie in Neonlicht getaucht treffen auf warm organische Song-Strukturen wie aus Gold - mit ihrem Album "Neon Golden" gelingt "The Notwist" 2002 ein international gefeiertes Meisterwerk. Dieses Amalgam aus Gitarren und Elektronik wird zu einem Meilenstein des um die Jahrtausendwende gerade im entstehen begriffenen Musikgenres "Indietronic".
Markus Acher: ""Bei der 'Neon Golden' haben wir das erste mal nicht mehr als spielende Live-Band gedacht, und haben auch so ein bisschen versucht, mit Raum zu arbeiten. Das war eben sehr von der Band 'Talk Talk' beeinflusst. Die wir damals sehr gerne gehört haben. Also, dass man ein Mikrofon mal ganz weit weg hinstellt, sodass der Raum auch zu einem Instrument wird."
Die Faszination für die raumfüllenden Kompositionen der späten "Talk Talk", die elektronischen Verzierungen von Martin Gretschmann, der grenzenlose musikalische Forscherdrang der Acher-Brüder - "The Notwist" haben sich zu einer der experimentellsten Pop-Bands unserer Zeit entwickelt. Selbst Störgeräusche werden zur Inspirationsquelle für ihre eigenwilligen Kompositionen.
Musik: The Notwist "Come In"
O-Ton: Markus Acher
"Eigentlich sind fast in jedem Stück Elemente, die aus Fehlern entstanden sind, oder Geräuschen, die jetzt eigentlich nicht so geplant waren. Aus einer hängen gebliebenen Platte oder einem Quietschen, wenn man irgendwie den Klinkenstecker irgendwo rauszieht. Was wir dann verwendet haben, um etwas anderes daraus zu machen."
Auf ihrem sechsten Studioalbum "The Devil, You + Me" aus dem Jahr 2008 trifft Weltmusikalisches auf Jazz-Improvisationen auf moderne Klassik und bleibt dennoch zugängliche Popmusik. "The Notwist" würfeln musikalische Elemente durcheinander, arrangieren neu und erschaffen scheinbar spielerisch ihre ganz eigentümlichen Musik-Collagen, die die Zeit überdauern - klaustrophobisch und euphorisierend zugleich. Diesen Winter haben sie sich wieder in ihr Studio zurückgezogen, zuhause, in Weilheim. Schmerzende Schneegestöber mögen aufziehen. "The Notwist" komponieren vielleicht gerade an einem heilsamen Abwehrzauber.
Melancholie und Tristesse. Die etwa 20.000 Einwohner zählenden Kreisstadt Weilheim im oberbayerischen Voralpenland: Hier hat 1989 Markus Acher zusammen mit seinem Bruder Micha die damals noch so lautstarken "The Notwist" ins Leben gerufen.
Ein musikalischer Aufschrei in der bayerischen Provinz, beeinflusst von US-amerikanischen Hardcore- und Grunge-Bands der Stunde. Das selbst betitelte Debütalbum von "The Notwist" klingt roh und aggressiv - so schroff und stechend wie die heimischen Fichtenwälder im verschlafenen Weilheim. "Is It Fear'", "Bored", "Winter" - Die Song-Titel sprechen für sich. 1992 erscheint "Nook", die zweiten Platte:
Markus Acher: "Die ging schon ein bisschen in eine andere Richtung. Da kam dann der Metal-Einfluss und auch so ein bisschen der Einfluss von experimenteller Musik wie Fred Frith. Das war so ein Gitarrist, der hatte damals einen Film im Kino, der hieß "Step Across The Boarder" - ein Dokumentarfilm über ihn und über die experimentelle Szene."
Harte Gitarren-Arrangements stolpern über spärliche Jazz-Elemente. Kein Wunder: Denn die Acher-Brüder stehen im bayerischen Hinterland an Feiertagen gerne mal mit ihrem Vater als "New Orleans Dixie Stompers" auf der Bühne. Mitte der 90er-Jahre entdecken "The Notwist" mit dem Album "12" auch elektronische Gerätschaften im Studio.
Markus Acher: "Bei der '12' war es so, dass wir gerne mit Samples arbeiten würden. Weil der Martin Gretschmann, ein Freund von uns, hatte sich einen Sampler gekauft und der Mario Thaler, der mit uns aufgenommen hat, auch. Das fanden wir total toll."
Markus Acher: "Da wir das auch live machen wollten, haben wir dann irgendwann den Martin Gretschmann gefragt, ob er gerne mitmachen würde. Den Sampler bedienen und diverse andere Sachen. Auch live. So wurde er dann ein festes Mitglied. Zu unserer vierten Platte hin, 'Shrink', da hat der dann schon ganz viel komponiert und das so ganz normal als gleichwertiges Instrument eingesetzt - die Elektronik und den Sampler."
Mit dem Sound-Tüftler Martin Gretschmann wächst "The Notwist" zu einer Avantgarde-Pop-Band. Das erdige Jazz-Fundament der Acher-Brüder vermischt sich mit der sphärischen, außerweltlichen Elektronik von Gretschmann. Dazwischen: Das Bandgerüst aus Gitarre, Bass und Schlagzeug. Geräusche, Klänge, Fieldrecordings und die unerschöpflichen Möglichkeiten der Studio-Technik - ein buntes Abenteuerland.
Markus Acher: "Für uns war das schon ein bisschen eine Sackgasse: diese Metal-Riffs und diese Ästhetik. Für mich war das schwarz-weiß und wir wollten es aber eigentlich farbig."
Musikalische Farbexplosionen und kühl synthetische Elektronik wie in Neonlicht getaucht treffen auf warm organische Song-Strukturen wie aus Gold - mit ihrem Album "Neon Golden" gelingt "The Notwist" 2002 ein international gefeiertes Meisterwerk. Dieses Amalgam aus Gitarren und Elektronik wird zu einem Meilenstein des um die Jahrtausendwende gerade im entstehen begriffenen Musikgenres "Indietronic".
Markus Acher: ""Bei der 'Neon Golden' haben wir das erste mal nicht mehr als spielende Live-Band gedacht, und haben auch so ein bisschen versucht, mit Raum zu arbeiten. Das war eben sehr von der Band 'Talk Talk' beeinflusst. Die wir damals sehr gerne gehört haben. Also, dass man ein Mikrofon mal ganz weit weg hinstellt, sodass der Raum auch zu einem Instrument wird."
Die Faszination für die raumfüllenden Kompositionen der späten "Talk Talk", die elektronischen Verzierungen von Martin Gretschmann, der grenzenlose musikalische Forscherdrang der Acher-Brüder - "The Notwist" haben sich zu einer der experimentellsten Pop-Bands unserer Zeit entwickelt. Selbst Störgeräusche werden zur Inspirationsquelle für ihre eigenwilligen Kompositionen.
Musik: The Notwist "Come In"
O-Ton: Markus Acher
"Eigentlich sind fast in jedem Stück Elemente, die aus Fehlern entstanden sind, oder Geräuschen, die jetzt eigentlich nicht so geplant waren. Aus einer hängen gebliebenen Platte oder einem Quietschen, wenn man irgendwie den Klinkenstecker irgendwo rauszieht. Was wir dann verwendet haben, um etwas anderes daraus zu machen."
Auf ihrem sechsten Studioalbum "The Devil, You + Me" aus dem Jahr 2008 trifft Weltmusikalisches auf Jazz-Improvisationen auf moderne Klassik und bleibt dennoch zugängliche Popmusik. "The Notwist" würfeln musikalische Elemente durcheinander, arrangieren neu und erschaffen scheinbar spielerisch ihre ganz eigentümlichen Musik-Collagen, die die Zeit überdauern - klaustrophobisch und euphorisierend zugleich. Diesen Winter haben sie sich wieder in ihr Studio zurückgezogen, zuhause, in Weilheim. Schmerzende Schneegestöber mögen aufziehen. "The Notwist" komponieren vielleicht gerade an einem heilsamen Abwehrzauber.