Hinter der schmucken Fassade einer weißen Villa mit goldgelben Fensterrahmen hat noch 1830 Kreisgerichtsdirektor Heinemann seinen morgendlichen Kaffee getrunken. Seit 1994 beherbergen die Mauern des klassizistischen Baus das Grenzmuseum Helmstedt. Vor der Kasse im Vorraum wartet Gabriele Laß, die Gästeführerin des Vereins:
"Guten Morgen, meine Damen, meine Herren, ich begrüße Sie hier im Zonengrenzmuseum Helmstedt. Wir werden 30 Minuten im Museum verbleiben, dann geht die Fahrt weiter zum Grenzdenkmal Hötensleben, dort können wir uns noch die Originalgrenze ansehen, und dann geht die Fahrt weiter zur ehemaligen Grenzanlagestelle Marienborn. Das ist heute eine Gedenkstätte, und die Fahrt endet dann wieder hier in Helmstedt."
Die Teilnehmer wandern durch die einzelnen Räume. Vorbei an einem tarngrünen Original-Patrouillenmotorrad der DDR-Grenzer aus dem Jahre 1983. Ein Schild gleich nebenan warnt "Halt hier Zonengrenze". Vor einem Spielzeug-großen Modell der Grenzanlagen bleiben wir stehen.
Genauso klang es, wenn an der Grenze der Alarm ausgelöst wurde, weil die Soldaten einen Flüchtling entdeckt hatten. Gabriele Laß streckt ihren Zeigefinger in Richtung Glaskasten:
" Ja, wir haben hier so ein Modell der Grenzsicherung zu sehen, der Metallgitterzaun ist so konstruiert, dass man sich daran nicht hochziehen kann, es ist sehr scharfkantig und durch sein Eigengewicht würde man sich die Fingerkuppen zerschneiden. Dieses Sicht - und Schussfeld ist hier etwas kleiner dargestellt, was man also 1970 an der innerdeutschen Grenze angebaut hat, waren diese Selbstschussanlagen. Die Absicht war, dass die Menschen nicht sofort sterben, sondern sie sollten nicht in der Lage sein, über diesen Zaun zu klettern."
1954 war es noch ein Kinderspiel zu flüchten, erzählt Anita Fichter aus Helmstedt, eine der Besucherinnen. Sie gehört zu den drei Millionen Menschen, die zwischen 1949 und 1961 der DDR den Rücken kehrten. Mit 16 Jahren lässt sie alles stehen und liegen - beim Heuharken.
" Meine Mutter wusste das gar nicht, abends haben sie dann gesagt, deine Tochter ist abgehauen, ich bin zu meiner Tante gegangen. Politisch war ich gar nicht so, aber es war auch so viel Ungerechtes da, man war ja auch nicht doof, man hat auch gemerkt, dass man nichts sagen durfte und so."
Eine knappe halbe Stunde später klettern 50 Besucher in einen blau-weißen Linienbus. Weiter geht es. Richtung Sachsen-Anhalt. Gelb-graue und braune Flecken fliegen am Fenster vorbei, Mais- und Rübenfelder. Zwei gespenstische graue große Betonklötze. Die Kraftwerke Harbke und Offleben. Viele Menschen waren im Braunkohleabbau beschäftigt, in Ost wie in West. 1973 während der Ölkrise hatten die DDR und die Bundesrepublik ein ungewöhnliches Abkommen geschlossen, erzählt Gabriele Laß:
"Von der DDR Seite aus hat man fünf Millionen Tonnen Braunkohle gefördert, zehn Millionen, Entschuldigung, und von unserer Seite aus fünf Millionen Tonnen, und dann hat man beschlossen, dass man diese Braunkohle gemeinsam abbaut, und da hat man variable Grenzzäune gezogen, die man immer, je nach dem wie man die Braunkohle abgebaut hat, verschoben hat. Und damit aber die Arbeiter aus der DDR nicht in den Westen flüchteten, sind sie von Grenzsoldaten bewacht worden."
Ein Band aus grauen, mit rechteckigen Löchern versehenen Betonplatten kreuzt mehrfach die Bundesstraße 245a. Es verliert sich in einem Feld, um ein paar hundert Meter weiter wieder wie aus dem Nichts aufzutauchen. Der Plattenweg südöstlich von Helmstedt hieß früher Kolonnenweg, war Teil der DDR-Grenzanlagen und diente für Patrouillen im Todesstreifen. 185 Millionen DDR Mark hatte das DDR Regime in die fast 1500 km lange Strecke investiert, um bei Grenzalarm schneller und beweglicher zu sein.
Am Rande von Hötensleben ist ein Teil der Grenze erhalten: auf einer Länge von 350 Metern und einer Fläche von rund sechs Hektar. Die Sichtblendmauer mit Laternen, der Signalzaun und eine dichte Reihe aus Stahlhöckern - im Volksmund auch spanische Reiter genannt, erklärt die Gästeführerin.
" Das sind die Panzersperren. Man hat die Entfernung zwischen ihnen so gewählt, dass nicht mal ein Trabi durchpasst. Hier sieht man jetzt diesen sechs Meter breiten Streifen, der wurde drei Mal am Tag geharkt, und wenn Sie sich mal umschauen, diese Grünfläche gab es damals nicht, das war alles voller Sand, das verlangsamte enorm. Da oben auf dem Turm waren fünf Soldaten, die einzige Aufgabe, die sie hatten, zu schauen, dass keiner herauskommt."
Türkis mit lila Streifen - von außen sieht der Führungsturm aus wie ein Objekt misslungener Pop Art. 52 Metall-Stufen bis zur Plattform.
Von oben ein atemberaubender Blick. Schon nach einer paar hundert Metern verliert sich die Geschichte im Gestrüpp. Die Natur hat sich den Raum zurückerobert, dort wächst ein kleiner Birkenhain. Früher war alles freies Feld, man konnte bis nach Schöningen gucken.
Zurück in den Bus. Weiter geht's nach Marienborn, dem größten innerdeutschen Übergang direkt an der A2. Über allem ragt der Führungsturm. Von ihm aus lösten die Grenzer bei Alarm "Fiffi" aus, einen Betonrammbock, der bei Fluchtversuchen auf die Fahrbahn schnellte und sie blockierte. Der Bus nähert sich der Anlage aus südlicher Richtung von einer abgelegenen Straße. "Durchfahrt nur nach Aufforderung" heißt es auf einem alten Schild an einem Wachhäuschen zwischen Schlagbaum und Metallzaun. Neben einem vor sich hinrostenden Wachturm und dem Wrack eines NVA- Panzers führt der Weg durch Schlaglöcher zu einem Parkplatz zwischen grauen Abfertigungshallen aus Beton. Unweit davon: Häuschen aus schmutzig-weißen Plastikrippen. Der Transitbereich.
"Hier haben nur Mitarbeiter der Staatssicherheit gearbeitet in diesen Passkontrollhäusern, weil man hat das als hochsensiblen Bereich angesehen, und man hat hier auch sehr gut verdient. In der DDR war der Durchschnittsverdienst zwischen 300 und 900 Mark, hier hat man 2000 bekommen."
Wir gehen dort hinein, wohin der Zutritt damals streng verboten war - ins Pass-Häuschen. An der Decke ist eine Kamera montiert - darunter ein Holzregal mit vier Fächern. Auf weißen Plastikschildchen steht geschrieben: BRD, WB für Westberlin, Ausländer und Kairo.
"Da hat man Ausweise reingelegt, die man einer besonderen Überprüfung zugeführt hat. ... Denn man wollte bei bestimmten Personen, die einen interessanten Beruf hatten für die DDR, sei es Chemiker, Armeetechnik, und bei diesen Menschen hat man versucht, sie erpressbar zu machen, für die Staatssicherheit der DDR zu arbeiten. Durch diese Kontrollen etwas zu finden, was sie nicht hätten mitnehmen dürfen."
Jeder einzelne Pass wurde abgefilmt und im Stabsgebäude genau überprüft. An das dumpfe Gefühl in der Magengegend, ohne Ausweispapiere warten zu müssen, können sich viele Besucher erinnern. Klaus Fulgel aus Helmstedt ist oft mit seiner Frau zu Verwandten gefahren:
"Das war nur mit Herzklopfen hin und mit Herzklopfen zurück, hier am Grenzübergang waren dann die großen Steinberge, die vom Herzen gefallen sind, wenn man heil wieder herausgekommen ist."
Zuletzt geht's ins Stabsgebäude, ein dreckig gelber Plattenbau. Die Dauerausstellung im Erdgeschoss bleibt links liegen. Es geht direkt in den Keller. In einen langen Tunnel. Jeder muss einen Bauhelm aufsetzen. Über den Köpfen riesige rote Heizungsrohre. Man kann sich nur gebückt weitertasten, überall große Wasserpfützen. Nur spärlich beleuchten ein paar Glühbirnen den Gang. Gabriele Laß macht dem Rätselraten ein Ende:
"Wir stehen hier unter einem Lüftungsschacht, der ist direkt hinter der Sparkasse, es gab hier eine Filiale der Staatsbank der DDR, für diesen Mindestumtausch, und der ist mit Beton ummantelt, wenn Sie die oberirdisch mit den Augen verfolgen wollen, sehen Sie weitere Luftschächte. Man muss es nur wissen, fünf wussten es, das waren eingeweihte Mitarbeiter der Stasi, aber alle anderen wussten es nicht. Die ganze Tunnelanlage ist knapp vier Kilometer lang, und jedes Gebäude, was Sie oberirdisch sehen, hat einen Zugang dazu."
Langsam gehen drei Stunden Grenzwanderung zu Ende. Einige Besucher sind nachdenklich geworden. Wiebke Erlingsen aus Celle kann sich noch genau an die Grenzöffnung am 9.November 1989 erinnern:
"Da war ich unterwegs im Auto und hörte die Nachricht im Radio, das ist immer noch sehr bewegend, ich dachte, es kann nicht wahr sein."
Genauso empfindet ihr Bruder Ingo Fuhrmann:
"Das war der beste Tag in meinem Leben, denn an dem Tag hatte man mir gerade gesagt, dass ich für drei Jahre nach Amerika versetzt werden sollte, und dann fiel die Mauer, also einen besseren Tag kann es gar nicht geben."
Am 9. November, 18 Jahre nach der Grenzöffnung, wird in der Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn eine Sonderausstellung eröffnet. "Unüberwindbar - die ehemalige deutsche Grenze und ihre Wahrnehmung" heißt sie.
"Guten Morgen, meine Damen, meine Herren, ich begrüße Sie hier im Zonengrenzmuseum Helmstedt. Wir werden 30 Minuten im Museum verbleiben, dann geht die Fahrt weiter zum Grenzdenkmal Hötensleben, dort können wir uns noch die Originalgrenze ansehen, und dann geht die Fahrt weiter zur ehemaligen Grenzanlagestelle Marienborn. Das ist heute eine Gedenkstätte, und die Fahrt endet dann wieder hier in Helmstedt."
Die Teilnehmer wandern durch die einzelnen Räume. Vorbei an einem tarngrünen Original-Patrouillenmotorrad der DDR-Grenzer aus dem Jahre 1983. Ein Schild gleich nebenan warnt "Halt hier Zonengrenze". Vor einem Spielzeug-großen Modell der Grenzanlagen bleiben wir stehen.
Genauso klang es, wenn an der Grenze der Alarm ausgelöst wurde, weil die Soldaten einen Flüchtling entdeckt hatten. Gabriele Laß streckt ihren Zeigefinger in Richtung Glaskasten:
" Ja, wir haben hier so ein Modell der Grenzsicherung zu sehen, der Metallgitterzaun ist so konstruiert, dass man sich daran nicht hochziehen kann, es ist sehr scharfkantig und durch sein Eigengewicht würde man sich die Fingerkuppen zerschneiden. Dieses Sicht - und Schussfeld ist hier etwas kleiner dargestellt, was man also 1970 an der innerdeutschen Grenze angebaut hat, waren diese Selbstschussanlagen. Die Absicht war, dass die Menschen nicht sofort sterben, sondern sie sollten nicht in der Lage sein, über diesen Zaun zu klettern."
1954 war es noch ein Kinderspiel zu flüchten, erzählt Anita Fichter aus Helmstedt, eine der Besucherinnen. Sie gehört zu den drei Millionen Menschen, die zwischen 1949 und 1961 der DDR den Rücken kehrten. Mit 16 Jahren lässt sie alles stehen und liegen - beim Heuharken.
" Meine Mutter wusste das gar nicht, abends haben sie dann gesagt, deine Tochter ist abgehauen, ich bin zu meiner Tante gegangen. Politisch war ich gar nicht so, aber es war auch so viel Ungerechtes da, man war ja auch nicht doof, man hat auch gemerkt, dass man nichts sagen durfte und so."
Eine knappe halbe Stunde später klettern 50 Besucher in einen blau-weißen Linienbus. Weiter geht es. Richtung Sachsen-Anhalt. Gelb-graue und braune Flecken fliegen am Fenster vorbei, Mais- und Rübenfelder. Zwei gespenstische graue große Betonklötze. Die Kraftwerke Harbke und Offleben. Viele Menschen waren im Braunkohleabbau beschäftigt, in Ost wie in West. 1973 während der Ölkrise hatten die DDR und die Bundesrepublik ein ungewöhnliches Abkommen geschlossen, erzählt Gabriele Laß:
"Von der DDR Seite aus hat man fünf Millionen Tonnen Braunkohle gefördert, zehn Millionen, Entschuldigung, und von unserer Seite aus fünf Millionen Tonnen, und dann hat man beschlossen, dass man diese Braunkohle gemeinsam abbaut, und da hat man variable Grenzzäune gezogen, die man immer, je nach dem wie man die Braunkohle abgebaut hat, verschoben hat. Und damit aber die Arbeiter aus der DDR nicht in den Westen flüchteten, sind sie von Grenzsoldaten bewacht worden."
Ein Band aus grauen, mit rechteckigen Löchern versehenen Betonplatten kreuzt mehrfach die Bundesstraße 245a. Es verliert sich in einem Feld, um ein paar hundert Meter weiter wieder wie aus dem Nichts aufzutauchen. Der Plattenweg südöstlich von Helmstedt hieß früher Kolonnenweg, war Teil der DDR-Grenzanlagen und diente für Patrouillen im Todesstreifen. 185 Millionen DDR Mark hatte das DDR Regime in die fast 1500 km lange Strecke investiert, um bei Grenzalarm schneller und beweglicher zu sein.
Am Rande von Hötensleben ist ein Teil der Grenze erhalten: auf einer Länge von 350 Metern und einer Fläche von rund sechs Hektar. Die Sichtblendmauer mit Laternen, der Signalzaun und eine dichte Reihe aus Stahlhöckern - im Volksmund auch spanische Reiter genannt, erklärt die Gästeführerin.
" Das sind die Panzersperren. Man hat die Entfernung zwischen ihnen so gewählt, dass nicht mal ein Trabi durchpasst. Hier sieht man jetzt diesen sechs Meter breiten Streifen, der wurde drei Mal am Tag geharkt, und wenn Sie sich mal umschauen, diese Grünfläche gab es damals nicht, das war alles voller Sand, das verlangsamte enorm. Da oben auf dem Turm waren fünf Soldaten, die einzige Aufgabe, die sie hatten, zu schauen, dass keiner herauskommt."
Türkis mit lila Streifen - von außen sieht der Führungsturm aus wie ein Objekt misslungener Pop Art. 52 Metall-Stufen bis zur Plattform.
Von oben ein atemberaubender Blick. Schon nach einer paar hundert Metern verliert sich die Geschichte im Gestrüpp. Die Natur hat sich den Raum zurückerobert, dort wächst ein kleiner Birkenhain. Früher war alles freies Feld, man konnte bis nach Schöningen gucken.
Zurück in den Bus. Weiter geht's nach Marienborn, dem größten innerdeutschen Übergang direkt an der A2. Über allem ragt der Führungsturm. Von ihm aus lösten die Grenzer bei Alarm "Fiffi" aus, einen Betonrammbock, der bei Fluchtversuchen auf die Fahrbahn schnellte und sie blockierte. Der Bus nähert sich der Anlage aus südlicher Richtung von einer abgelegenen Straße. "Durchfahrt nur nach Aufforderung" heißt es auf einem alten Schild an einem Wachhäuschen zwischen Schlagbaum und Metallzaun. Neben einem vor sich hinrostenden Wachturm und dem Wrack eines NVA- Panzers führt der Weg durch Schlaglöcher zu einem Parkplatz zwischen grauen Abfertigungshallen aus Beton. Unweit davon: Häuschen aus schmutzig-weißen Plastikrippen. Der Transitbereich.
"Hier haben nur Mitarbeiter der Staatssicherheit gearbeitet in diesen Passkontrollhäusern, weil man hat das als hochsensiblen Bereich angesehen, und man hat hier auch sehr gut verdient. In der DDR war der Durchschnittsverdienst zwischen 300 und 900 Mark, hier hat man 2000 bekommen."
Wir gehen dort hinein, wohin der Zutritt damals streng verboten war - ins Pass-Häuschen. An der Decke ist eine Kamera montiert - darunter ein Holzregal mit vier Fächern. Auf weißen Plastikschildchen steht geschrieben: BRD, WB für Westberlin, Ausländer und Kairo.
"Da hat man Ausweise reingelegt, die man einer besonderen Überprüfung zugeführt hat. ... Denn man wollte bei bestimmten Personen, die einen interessanten Beruf hatten für die DDR, sei es Chemiker, Armeetechnik, und bei diesen Menschen hat man versucht, sie erpressbar zu machen, für die Staatssicherheit der DDR zu arbeiten. Durch diese Kontrollen etwas zu finden, was sie nicht hätten mitnehmen dürfen."
Jeder einzelne Pass wurde abgefilmt und im Stabsgebäude genau überprüft. An das dumpfe Gefühl in der Magengegend, ohne Ausweispapiere warten zu müssen, können sich viele Besucher erinnern. Klaus Fulgel aus Helmstedt ist oft mit seiner Frau zu Verwandten gefahren:
"Das war nur mit Herzklopfen hin und mit Herzklopfen zurück, hier am Grenzübergang waren dann die großen Steinberge, die vom Herzen gefallen sind, wenn man heil wieder herausgekommen ist."
Zuletzt geht's ins Stabsgebäude, ein dreckig gelber Plattenbau. Die Dauerausstellung im Erdgeschoss bleibt links liegen. Es geht direkt in den Keller. In einen langen Tunnel. Jeder muss einen Bauhelm aufsetzen. Über den Köpfen riesige rote Heizungsrohre. Man kann sich nur gebückt weitertasten, überall große Wasserpfützen. Nur spärlich beleuchten ein paar Glühbirnen den Gang. Gabriele Laß macht dem Rätselraten ein Ende:
"Wir stehen hier unter einem Lüftungsschacht, der ist direkt hinter der Sparkasse, es gab hier eine Filiale der Staatsbank der DDR, für diesen Mindestumtausch, und der ist mit Beton ummantelt, wenn Sie die oberirdisch mit den Augen verfolgen wollen, sehen Sie weitere Luftschächte. Man muss es nur wissen, fünf wussten es, das waren eingeweihte Mitarbeiter der Stasi, aber alle anderen wussten es nicht. Die ganze Tunnelanlage ist knapp vier Kilometer lang, und jedes Gebäude, was Sie oberirdisch sehen, hat einen Zugang dazu."
Langsam gehen drei Stunden Grenzwanderung zu Ende. Einige Besucher sind nachdenklich geworden. Wiebke Erlingsen aus Celle kann sich noch genau an die Grenzöffnung am 9.November 1989 erinnern:
"Da war ich unterwegs im Auto und hörte die Nachricht im Radio, das ist immer noch sehr bewegend, ich dachte, es kann nicht wahr sein."
Genauso empfindet ihr Bruder Ingo Fuhrmann:
"Das war der beste Tag in meinem Leben, denn an dem Tag hatte man mir gerade gesagt, dass ich für drei Jahre nach Amerika versetzt werden sollte, und dann fiel die Mauer, also einen besseren Tag kann es gar nicht geben."
Am 9. November, 18 Jahre nach der Grenzöffnung, wird in der Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn eine Sonderausstellung eröffnet. "Unüberwindbar - die ehemalige deutsche Grenze und ihre Wahrnehmung" heißt sie.