Einen Europäischen Grenz- und Küstenschutz - die EU-Kommission und mit ihr Kommissionspräsident Juncker wollen ihn auf alle Fälle. Er hat schon Monate bevor jetzt die entsprechenden Kommissions-Vorschläge vorgelegt werden, davon gesprochen, dass er den Schutz der EU-Außengrenzen gern europäischer organisieren würde:
"Wir müssen Frontex erheblich stärken. Frontex muss zu einem operativen europäischen Küsten- und Grenzschutz werden."
Das ist nämlich Frontex bisher nicht. Die EU-Grenzschutz-Agentur, mit Sitz in der polnischen Hauptstadt, koordiniert seit 2004 den Grenzschutz der einzelnen europäischen Länder und unterstützt sie etwa auch bei der Ausbildung von Grenzschutzbeamten. Und sie kann auf Wunsch mit Sofort-Einsatz-Teams aushelfen, wenn sich ein EU-Land mit seinem Grenzmanagement überfordert fühlt. Zudem helfen Frontex-Leute bei der Seenotrettung. Mit Beginn der Flüchtlingskrise hat Frontex bereits an Bedeutung gewonnen. Die EU-Kommission hat, wie ihr Vize Timmermans, wiederholt dafür geworben, sie auch entsprechend auszustatten:
"Um die EU-Länder effektiv unterstützen zu können brauchen wir mehr Kapazitäten - Frontex braucht ein größeres Budget und die EU-Länder müssen das Personal und die Ausrüstung stellen."
Frontex wird nur auf Wunsch eines Landes tätig
Beides, Personal und Budget, wurde in den letzten Jahren mehrmals erhöht. Soll Frontex aber, wie die Kommission es mit der ausdrücklichen Unterstützung von Deutschland, Frankreich und einigen anderen Ländern anstrebt, zu einem veritablen europäischen Grenzschutz ausgebaut werden, wird beides erheblich aufzustocken sein. Bundesinnenminister De Maizière:
"Die Kommission soll einen Vorschlag vorlegen, der das Ziel hat, dass dann wenn ein Nationalstaat seine Aufgaben beim Außengrenzen-Schutz nicht wirksam erfüllt, das durch Frontex übernommen werden kann."
Das kann Frontex zwar auch schon bisher - allerdings nur auf erklärten Wunsch des betreffenden Landes. Wenn der nicht kommt, kann Frontex nicht tätig werden. So hat beispielsweise Griechenland lange gezögert, bevor es erst Anfang Dezember schließlich offiziell um europäische Unterstützung nachgesucht hat. Kaum ein Viertel der über Griechenland in die EU einreisenden Flüchtlinge ist ordnungsgemäß kontrolliert und registriert worden, sagte Ende letzter Woche eine Kommissions-Sprecherin:
"Zwischen dem 20. Juli und dem 30. November sind nach Erkenntnissen von Frontex über 400.000 Flüchtlinge in Griechenland angekommen. Die Datenbank EURODAC zeigt, dass jedoch nur 121.000 der Ankommenden ordnungsgemäß registriert und die Fingerabdrücke genommen wurden."
Eingriff in Souveränität von Ländern?
In einem gemeinsamen Brief mit Frankreichs Innenminister Cazeneuve hatte De Maizière gemahnt, dass der wirksame Schutz der Außengrenzen unabdingbar sei, wenn das Schengen-System des Reisens ohne Kontrollen an den Binnengrenzen von 26 der 28 EU-Länder erhalten bleiben soll. Der Knackpunkt dabei - und sicher auch ein entscheidender Streitpunkt: Frontex soll nach den Vorstellungen der beiden Minister im Fall erheblicher Mängel beim Management der Außengrenzen, wie etwa aktuell in Griechenland oder in Italien, tätig werden können - auch gegen den Willen des betreffenden Landes. Ein entsprechender Einsatz wäre nur mit qualifizierter Mehrheit der Staats- und Regierungschefs zu stoppen:
"Jedenfalls - entweder sollen Staaten mit einer Außengrenze Frontex um Hilfe bitten. Das ist klar. Oder wenn dort der Außengrenzen-Schutz nicht funktioniert, dann schwebt mir vor, dass Frontex dann diesen Schutz übernimmt."
Das wäre ein erheblicher Eingriff in die Souveränität eines Landes. De Maizière und seinem französischen Amtskollegen schwebt vor, dass die EU-Länder jährlich künftige ein 1.000 bis 2.000 Mann starkes Kontingent an Personal für den Europäischen Grenzschutz bereithalten sollen, sodass im Bedarfsfall schnell gehandelt und nicht erst mühsam um Personal gerungen werden muss. Noch ist nicht bekannt, ob sich Entsprechendes in den Plänen, die die EU-Kommission heute vorlegt, wiederfinden wird. Wie zwingend notwendig die europäische Zusammenarbeit beim Schutz der EU-Außengrenzen ist, zeige sich sowohl im Zusammenhang mit der Terrorbekämpfung als auch bei der Flüchtlingskrise. Denn:
"Den Schengen-Raum können wir nur dann erhalten, wenn die europäische Außen-Sicherung funktioniert," sagt die österreichische Innenministerin Mickl-Leitner. Und niemand in Brüssel oder den Hauptstädten dürfte ihr da widersprechen.