542 Parlamentarier stimmten mit Ja, über 90 Prozent der Abgeordneten. Eine überwältigende Mehrheit, doch die Unsicherheit ist groß, wie Finanzminister Wolfgang Schäuble einräumte:
"Es fällt uns wahnsinnig schwer, jedem Einzelnen von uns."
Die jüngsten Wortmeldungen aus Griechenland dürften kaum helfen, die Zweifel des Finanzministers zu beseitigen. Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras forderte gestern Abend unmittelbar nach der Abstimmung in Berlin erneut einen Schuldenschnitt, eine Forderung, die Schäuble wie auch die übrigen Euro-Finanzminister kategorisch ablehnen. Auch die Chefin der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, will von Schuldenschnitt und weiteren Hilfen nichts wissen. Athen habe jetzt vier Monate mehr Zeit, die Kriterien des laufenden Programms zu erfüllten, sagte Hasselfeldt der "Rheinischen Post". Jetzt ist die griechische Regierung am Zug und muss endlich liefern, sagte die CSU-Politikerin. Frank Schäffler hält das für reines Wunschdenken. Jeder wisse, dass Griechenland die Zusagen nicht einhalten könne, warnte der FDP-Politiker im Deutschlandfunk:
"Ich erwarte, dass die Situation in Griechenland sich weiter verschärft. Dass natürlich ein drittes Hilfspaket kommen wird im Sommer. Aber dass das natürlich auch nicht ausreichen wird, sondern dass wir im Herbst oder im nächsten Jahr schon wieder eines kriegen werden. Griechenland braucht jedes Jahr wahrscheinlich 30 Milliarden. Und die müssen irgendwo herkommen. Und die werden von den europäischen Regierungen kommen, ganz klar."
Womöglich drittes Hilfspaket im Sommer
Ein drittes Hilfspaket im Sommer sei unumgänglich, um eine Staatspleite abzuwenden, sagt auch Anton Hofreiter, der Fraktionschef der Grünen. Die neue Regierung in Athen kann nicht in wenigen Monaten aufholen, was über Jahre versäumt wurde, räumt auch seine Parteikollegin und Co-Vorsitzende Katrin Göring-Eckardt ein:
"Wenn man realistisch ist, dann weiß man, dass diese vier Monate nicht reichen werden, um alles umzusetzen, was jetzt notwendig ist."
Die griechischen Reformpläne seien – in Absprache mit den übrigen Euroländern – absichtlich unklar formuliert worden, um mehr Spielraum bei der Umsetzung zu haben, hatte der griechische Finanzminister Janis Varoufakis gestern gesagt. Und damit erneut Zweifel am Reformwillen der Regierung in Athen genährt. Eine Sprecherin von Finanzminister Wolfgang Schäuble dementierte. Der Christdemokrat Wolfgang Bosbach, einer der 32-Neinsager, ist sich gleichwohl sicher:
"Einen großen Teil des Geldes werden wir nie wieder sehen. Das ist die bittere Wahrheit. Die sprechen nicht alle aus. Aber es ist so."
Auch für den Freidemokraten Frank Schäffler steht fest: Immer neue Hilfspakete für Griechenland – das ist der falsche Weg. Er helfe Griechenland nicht, gefährde den Euro und die übrigen Euroländer:
"Griechenland muss aus dem Euro raus. Wir dürfen kein frisches Geld hinterherwerfen, sondern Griechenland muss aus dem Euro raus. Darf nicht alle infizieren im Euro-Raum. Das würde eine disziplinierende Wirkung auch auf andere Regierung in Südeuropa ausüben."
Viele fürchten allerdings: Eine griechische Staatspleite könnte eine Kettenreaktion auslösen, dann könnten auch andere Länder erneut unter Druck geraten. Finanzminister Wolfgang Schäuble gibt daher eine andere Losung aus: Deutschland muss alles dafür tun, damit Europa zusammen bleibt, sagte er.