Die Staats- und Regierungschefs der Eurozone haben die Tür für Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket für das hoch verschuldete Griechenland geöffnet - und damit einen sofortigen Kollaps des Krisenlandes vorerst abgewendet. Grundlage des Gipfelbeschlusses sind Spar- und Reformversprechen der griechischen Regierung, die noch in dieser Woche umgesetzt werden müssen. Mit dem Kompromisspapier ist die Schuldenkrise noch lange nicht gelöst. Aber: "Es wird keinen Grexit geben", wie EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker erleichtert unterstrich.
Ein zentraler Punkt ist die Einrichtung eines Privatisierungsfonds, der künftig unter Aufsicht europäischer Institutionen staatliche griechische Vermögenswerte verwalten soll. Auf diese Weise soll die bislang eher schleppende Privatisierung von Staatsunternehmen beschleunigt werden. Nach Angaben von Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem wird ein Umfang von 50 Milliarden Euro angestrebt.
In Deutschland wird mit Zustimmung gerechnet
Die Zeit drängt. Laut einem Papier der Finanzminister braucht Griechenland allein bis zum kommenden Montag (20. Juli) rund sieben Milliarden Euro. An diesem Tag muss das Land rund 3,5 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank (EZB) zurückzahlen. Geld, das Athen aktuell nicht hat.
Bis Mittwoch muss die griechische Regierung vier Reformgesetze durch das Parlament bringen. In ihrer Stellungnahme machten die Staats- und Regierungschefs ausdrücklich klar, dass es sich um "Minimalanforderungen" handele. Sie seien überhaupt erst die Voraussetzung dafür, dass die Verhandlungen beginnen könnten.
Nach den Worten von Dijsselbloem wird das griechische Parlament in den nächsten Tagen - Dienstag oder Mittwoch - darüber beraten und die verlangten Gesetze verabschieden. In Deutschland ist zudem die Zustimmung des Bundestags zur Aufnahme von Verhandlungen nötig. Diese könnte nach bisherigen Angaben aus Berlin am Freitag erfolgen. Trotz Unmut in der Union wird mit einer breiteren Zustimmung gerechnet, da auch weite Teile der Opposition zustimmen wollen.
Banken in Griechenland bleiben geschlossen
Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras sagte in Brüssel, er habe das Beste erreicht, was für sein Land möglich gewesen sei. "Wir haben einen gerechten Kampf geführt." Athen habe erreicht, dass die Schulden umstrukturiert und die Banken mit Kapital versorgt würden. Nach Angaben aus Kreisen des Finanzministeriums hat die Regierung vorerst beschlossen, die Banken des Landes weiter geschlossen zu halten. Die Geldinstitute in Griechenland sind seit dem 29. Juni zu.
Ministerpräsident Tsipras droht allerdings Widerstand vom linken Flügel seiner Syriza-Partei. "Nach 17-stündigen Verhandlungen haben die Staats- und Regierungschefs der Euro-Zone eine Vereinbarung geschlossen, die Griechenland und die Griechen demütigt", erklärte die Partei-Linke am Montag auf ihrer Internetseite. "Das griechische Volk darf sich dadurch nicht entmutigen lassen, im Gegenteil: Es muss hartnäckig bleiben, wie es das im Referendum und den landesweiten Protesten für ein 'Nein' bis ganz zum Ende war."
Frankreichs Präsident François Hollande sagte: "Was ich wollte, war mehr als das Interesse Griechenlands, es war das Interesse Europas", betonte er. Frankreich hatte in den vergangenen Tagen eine Vermittlerrolle eingenommen und ausdrücklich immer wieder um Verständnis für Athen geworben.
Nach der Einigung der Euro-Länderchefs über Verhandlungen mit Griechenland sind nun die nationalen Parlamente am Zug. In Finnland bestehen noch die größten Zweifel über die Aufnahme von neuen Verhandlungen, die Regierung wollte sich noch nicht festlegen.
(pg/ach)