Ob Griechenland weiter Geld erhält, entscheidet die griechische Regierung. Das ist - kurz gefasst - der Standpunkt der Europäischen Zentralbank. Dass Griechenland die Währungsunion verlassen könnte, wird inzwischen nicht mehr als so unwahrscheinlich angesehen, und das könnte sogar einen positiven Effekt auf die Währungsunion haben, meint Gunter Dunkel, Präsident des Verbands Öffentlicher Banken:
"Disziplin ist angesagt, wer nicht diszipliniert ist, hat auch die Möglichkeit oder die Notwendigkeit auszuscheiden. Trotzdem, glaube ich, muss man jeden Versuch machen, um die Griechen zu Reformen zu bewegen, die natürlich innenpolitisch ausgesprochen schwierig zu verkaufen sind, davor habe ich hohen Respekt. Am Ende bin aber nicht mehr so optimistisch, wie ich es noch vor drei oder vier Monaten war."
Heute aber dürfte die EZB die Notkredite verlängern, und das wird sie auch, solange sie glaubt, dass die griechischen Banken solvent sind.
Weidmann wegen Rotationsprinzip nicht bei der Abstimmung
Bundesbankpräsident Jens Weidmann als Vertreter des größten Mitgliedslandes in der Währungsunion stimmt heute zum ersten Mal seit Jahresanfang nicht mit, aber das wird keinen großen Unterschied machen, glaubt Michael Schubert, Volkswirt der Commerzbank:
"Auch mit der Stimme von Herrn Weidmann hat die EZB nicht anders entschieden. Es wird ja monatlich gewechselt, wer nicht mit abstimmen darf. Und wenn man sich das mal anguckt, ist es eher so, dass die sogenannten Tauben, die, die gern Geld bereitstellen, durch diese Rotation verlieren. Es gibt einen einfachen Grund: Es gibt mehr Tauben im EZB-Rat als Falken, wo ich Herrn Weidmann zurechnen würde. Und insofern müssen auch in der Summe mehr aussetzen von den Tauben, und deshalb in der Summe verlieren eher die Tauben durch die Rotation."
19 nationale Notenbankpräsidenten sind seit Jahresanfang im EZB-Rat vertreten, sie wechseln sich bei der Stimmabgabe ab. Die sechs Direktoriumsmitglieder hingegen sind immer stimmberechtigt. Rechtlich geht das zurzeit nicht anders, erklärt Michael Schubert:
"Jedes Land, jeder Zentralbankpräsident hat eine Stimme. Man kann diese Stimme aussetzen für eine gewissen zeit, aber mehr nicht. Von daher ist im Rahmen der jetzigen Gesetze die Rotation die einzige Möglichkeit, den Rat irgendwie zu verkleinern."
Im Interesse der Währungsunion abstimmen
Gerade in Deutschland hatte es großen Unmut wegen dieser Regelung gegeben. Doch die Mitglieder sollen nicht im nationalen Interesse abstimmen, sondern in dem der gesamten Währungsunion.
Bundesbankpräsident Weidmann muss das nächste Mal im Oktober bei der Stimmabgabe aussetzen, anders als in diesem Monat stehen dann wieder geldpolitische Entscheidungen an. Während die Präsidenten der großen Notenbanken nur alle fünf Monate aussetzen müssen, sind die kleineren Länder stärker betroffen: So durfte Griechenland in den ersten drei Monaten seine Stimme nicht abgeben, Zypern von Februar bis April nicht. Die Rotation ist also kompliziert. Sollten noch mehr Mitglieder der Währungsunion beitreten, würden die Mitgliedsländer sogar in drei Gruppen eingeteilt. Die kleinsten Länder kämen dann noch seltener zum Zuge. Deshalb haben die größeren und zahlungskräftigeren Länder dann doch mehr Rechte als die kleineren.