Griechenlands Ministerpräsident Antonis Samaras mag das Wort Neuwahlen gar nicht hören: "Das Land braucht Stabilität, aber keine Wahlen und schon gar nicht die Gefahr der Unregierbarkeit." Eigentlich ist die Regierung Samaras noch bis zum Sommer 2016 im Amt. Aber schon in einem Vierteljahr könnte es vorgezogene Neuwahlen geben. Warum? - Das liegt an den Tücken der griechischen Verfassung: Im Februar nämlich müssen die 300 Abgeordneten des Parlaments einen neuen Staatspräsidenten wählen, weil die Amtszeit von Präsident Papoulias ausläuft. Die Verfassung schreibt vor, dass mindestens 180 der 300 Abgeordneten für den neuen Präsidenten stimmen müssen. Hinter der Regierung Samaras stehen aber deutlich weniger als 180 Abgeordnete. Wenn die Präsidentenwahl im Parlament scheitert, dann muss das griechische Volk ein neues Parlament wählen.
Opposition setzt auf Scheitern der Präsidentenwahl
Genau darauf setzt Oppositionschef Alexis Tsipras von der griechischen Linkspartei Syriza: "Wir wollen den Wechsel in Griechenland. Es muss Schluss sein mit der Erniedrigung des Volkes. Stattdessen brauchen wir eine Regierung, die Hoffnung, Würde und Gerechtigkeit garantiert." In Umfragen liegt die Linkspartei von Alexis Tsipras tatsächlich vorn. Tsipras verspricht seinen Wählern, er werde sofort Schluss machen mit der Sparpolitik. Dabei spricht er denjenigen Griechen aus der Seele, die noch immer auf den Straßen gegen die Sparpolitik protestieren. Ein 31-jähriger Angestellter meint zu all den Beteuerungen der Regierung, die Krise gehe zu Ende: "Wir merken's noch nicht. Bloß weil die das behaupten heißt das ja nicht unbedingt, dass es wahr ist. Ich hoffe sehr, dass die Recht haben, aber ich spüre nichts von Aufschwung."
Schließlich ist die griechische Wirtschaft sechs Jahre lang immer nur geschrumpft, um insgesamt mehr als 25 Prozent. Die jetzt erreichten 0,7 Prozent Mini-Wachstum fallen dagegen kaum ins Gewicht. Deshalb sind die Umfragewerte für die Regierungspartei nach wie vor im Keller. Aber, so warnt der Athener Wirtschaftsprofessor Panagiotis Petrakis: Wenn es nun tatsächlich im März vorgezogene Neuwahlen gibt, dann stehen die Griechen vor einem großen Dilemma: "Einem sehr großen Dilemma sogar."
Ende der Sparpolitik
Sollen die Wähler die Zähne zusammenbeißen, wieder die alten Regierungsparteien wählen und hoffen, dass der versprochene Aufschwung endlich kommt? Oder sollen sie die linke Oppositionspartei Syriza wählen, die die Sparpolitik beenden will? Der Haken an der Sache: Syriza kann die Sparpolitik gar nicht gar nicht ohne weiteres beenden: Wenn Syriza ernst macht mit der Ankündigung, einen Teil der griechischen Schulden nicht zurückzuzahlen, dann werden die anderen Euro-Länder natürlich keine neuen Hilfskredite nach Griechenland überweisen.
Ohne diese Kredite aber wäre Griechenland pleite. Deshalb warnt Professor Petrakis die Syriza-Wähler, der Schuss könnte nach hinten losgehen: "Was würden sie also gewinnen? Noch einmal fünf Jahre extra Sparpolitik. Das ist doch die Wahl: entweder wir gehen so langsam aus der Krise heraus oder wie fangen nochmal von vorne an: mit einem Defizit, das Griechenland nicht decken kann, darauf folgt dann die Fortsetzung der Sparpolitik." Regierungschef Samaras baut darauf, dass es gar nicht erst zu Neuwahlen kommt, sondern dass er es irgendwie doch schafft, insgesamt 180 Abgeordnete hinter sich zu bringen, die dann einen neuen Präsidenten wählen und damit Neuwahlen vermeiden. Ob Samaras das schafft, werden wir aber erst in einem Vierteljahr, im Februar, wissen. So lange bleibt die Zukunft Griechenlands ungewiss.