Der Journalist Makis Kelekis sitzt im Park-Café von Rafina, einer Hafenstadt in Ost-Attika. Der 42-Jährige betreibt ein Newsportal mit Nachrichten aus der Region. Berichte über Drogenfunde seien keine Seltenheit, sagt er.
"In Ost-Attika werden immer wieder Hanfplantagen gefunden. Vor kurzem erst in den Kleinstädten Artemida und Porto-Rafti. Das liegt an den besonderen Eigenschaften unserer Gegend: Hier gibt es noch viele Felder und Wald - unbebaute Flächen, weit weg von Häusern; da kann man unbemerkt dieser Arbeit nachgehen.
"Cannabis ist hier eine einheimische Pflanze"
Der Hanfanbau sei kein neues Phänomen in Griechenland, er habe eine lange Tradition, sagt Konstantinos Kokkolis von der Antidrogenbehörde Okana. Eine sehr lange Tradition.
"Cannabis ist hier eine einheimische Pflanze. Schon in der Antike hat der Botaniker Dioskourides den Anbau und die Wirkung von Cannabis beschrieben; auch in der byzantinischen und osmanischen Zeit blieb der Anbau legal. Erst im Jahre 1936, unter der griechischen Militärdiktatur wurde Cannabis verboten. Wer bis dahin legal Hanf angebaut hat, musste es nun illegal tun, in abgelegenen, schwer erreichbaren Regionen."
Heute zählen dazu die Bergdörfer der Insel Kreta oder auch auf der Halbinsel Peloponnes, rund um die Städte Pyrgos und Kalamata. Der Cannabis sei aber nur teilweise für den griechischen Drogenmarkt vorgesehen; der Rest werde ins Ausland geschmuggelt, auch nach Deutschland und die Niederlande, sagt Kokkolis:
"Griechischer Cannabis steht auch in Amsterdam, in den Coffee-Shops, für gute Qualität. Man weiß aber nicht, ob die angebotenen Joints wirklich aus Griechenland stammen oder ob es ein Marketing-Trick ist. Bei Produkten, die illegal angebaut werden, kann die Herkunft nicht zertifiziert werden, anders als bei legalen Produkten wie dem griechischen Schafskäse zum Beispiel."
Seit Beginn des Jahres 20.000 Pflanzen zerstört
Auf dem griechischen Markt hingegen sei heutzutage vor allem Marihuana aus dem Nachbarland Albanien verbreitet, das sei preiswerter als griechisches, gelte aber auch als von schlechterer Qualität.
Dieser Beitrag ist Teil der Reportagereihe "Europa im Rausch – Den Drogen auf der Spur".
Spyros Tsardakas ist Leiter der Drogenbekämpfungsabteilung der Griechischen Polizei. Das Geschäft mit den Drogen sei ein internationales, sagt er, aber bestimmte Nationalitäten spielten erfahrungsgemäß eine größere Rolle als andere. Ganz vorne mit dabei seien die albanischen Drogenbosse.
"Albaner spielen im weltweiten Drogenhandel eine wichtige Rolle. In Amerika und noch mehr in Europa. Auch im Kokainhandel. Und: Die albanischen Drogenbosse verlagern den Anbau von Cannabis mehr und mehr nach Griechenland.
Seit Beginn des Jahres hätten seine Kollegen mehr als 20.000 Cannabispflanzen zerstört - dreimal so viele wie noch vor wenigen Jahren. Fast immer steckte die albanische Drogenmafia dahinter.
"Drogen kennen keine Grenzen"
Beim Heroinhandel hingegen seien vor allem türkische, iranische und afghanische Staatsbürger involviert. Und die Griechen?
"Die Griechen sind in ihrem Rang in der Regel eine Stufe unter den Drahtziehern. Sie sind Transporteure, lagern die Drogen oder sind Bauern, die die Pflanzen für die Organisation anbauen. Wir hatten auch Fälle, wo Reeder, Kapitäne und Besatzungspersonal im Drogenhandel beteiligt waren."
Der erfahrene Drogenfahnder zeigt auf seinem PC Fotos von Drogenfunden der letzten Jahre. Cannabis, Heroin, Kokain und Captagon-Pillen (ein Aufputschmittel) – alles werde über Griechenland in die EU geschleust:
"Das Heroin kommt aus dem Nahen Osten über die Türkei nach Griechenland, oft übers Festland mit Lkw. Dann geht es weiter über den Balkanweg oder über Italien nach Zentral- und Nordeuropa. Auch Kokain kommt über Griechenland nach Europa, vor allem über die großen Häfen von Piräus und Thessaloniki."
Der Kampf gegen die Drogen - ohne die internationale Kooperation von Polizei, Küstenwache und Zoll sei er zum Scheitern verurteilt, sagt Tsardakas. Er zeigt auf eine große Weltkarte, die an der Wand seines Büros hängt.
"Drogen kennen keine Grenzen, es gibt nicht ein Land auf der Welt ohne Drogen. Und solange es die Nachfrage gibt, wird es auch das Angebot geben. Wir alle haben Kinder, und wenn wir die Drogensüchtigen auf der Straße sehen, hoffen wir insgeheim, nie unsere Kinder dort liegen sehen zu müssen. Auch wenn es schwer ist, ein komplettes Kartell zu zerschlagen - jeder weitere Fall, den wir ans Licht bringen, gibt uns eine kleine Genugtuung."