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Griechenland
Harte Strafen für Holocaust-Leugner

Die griechische Regierung will härter gegen Fremdenhass vorgehen. Mit einem neuen Gesetz soll das Leugnen des Holocaust unter Strafe gestellt werden. Damit will sie der rechtsextremen Partei Goldene Morgenröte den Nährboden entziehen.

    Christina Tsiaka sitzt im Athener Büro der Organisation "Jugend gegen Rassismus in Europa" im dicht besiedelten Stadtteil Patisia und telefoniert mit dem Vorsitzenden der tansanischen Gemeinde. Die Organisation verfolgt seit Jahren mit Sorge den Anstieg der Ausländerfeindlichkeit in Griechenland. Dass mit dem neuen Gesetz nicht nur die Übergriffe, sondern auch der Aufruf zu Gewalt und die Hetze gegen Migranten bestraft werden sollen, begrüßt Tsiaka:
    "Jedes rechtliche Mittel, das wir im Kampf gegen den Rassismus nutzen können, ist willkommen. Wir wollen gegen den Faschismus auf verschiedenen Ebenen kämpfen können, und so ein Gesetz bietet uns eine zusätzliche Arena."
    Bis zu drei Jahre Gefängnis und Geldstrafen in Höhe von bis zu 20.000 Euro drohen in Zukunft denjenigen, die den Holocaust oder andere international anerkannte Völkermorde leugnen. Mit der strafrechtlichen Verfolgung der Holocaustleugner versucht die Regierung vor allem eins: Der Goldenen Morgenröte die Luft aus den Segeln zu nehmen. Denn es kam immer wieder vor, dass führende Mitglieder der rechtsextremen Partei öffentlich den Holocaust als zionistische Propaganda und als große historische Lüge darstellten.
    Dass nun solche Meinungsäußerungen bestraft werden sollen, ist in Griechenland ein absolutes Novum. Und unter Juristen sehr umstritten. Der Verfassungsrechtler Xenophon Kontiadis ist eher skeptisch: "Aus verfassungsrechtlicher und politischer Sicht ist das ein äußerst kritischer Punkt. Eine Meinungsäußerung müsste nur bestraft werden, wenn sie – wie bei der Goldenen Morgenröte - tatsächlich auch zu Straftaten animiert. Generell aber Ansichten unter Strafe zu stellen, egal wie absurd diese sind, finde ich problematisch. Solange diese nicht zu Gewalttaten führt, sollte jeder das Recht haben, seine Meinung frei auszudrücken."
    Armenspeisungen nicht nur für Griechen
    Dass die Regierung mit dem neuen Gesetz vor allem die Goldene Morgenröte im Visier hat, lässt sich daran ablesen, dass in Zukunft Armenküchen und Altkleidersammlungen, die sich nur an Griechen richten, verboten werden. Mit solchen humanitären Aktionen hatte die Goldene Morgenröte immer wieder für Aufruhr gesorgt.
    Die Migrantenvereinigungen begrüßen das Verbot. So auch Ike Girendi von der tansanischen Community Athens: "Als sie damit anfingen, Essen nur an Griechen auszuteilen, zeigte uns das: Wir gehören nicht zu dieser Gesellschaft. Das ist ja nicht fair, bedürftig sind doch nicht nur Griechen, sondern auch wir Ausländer. Und die griechische Regierung zeigt jetzt, dass sie das verstanden hat und dass sie gegen die Goldene Morgenröte durchgreifen möchte."
    Lange Zeit war es alles andere als selbstverständlich, dass die Regierung so weit geht und ein Antirassismus-Gesetz vorlegt. Noch im Frühjahr konnte sich der damalige Justizminister Roupakiotis von der linken Partei Dimar mit einem ähnlichen Gesetzesentwurf nicht durchsetzen. Der Widerstand beim Koalitionspartner, der konservativen Nea Dimokratia, war zu groß.
    Verfassungsrechtler Kontiadis: "Die damaligen Koalitionsparteien kamen einfach auf keinen gemeinsamen Nenner. Denn jede Partei richtet sich an ein anderes Publikum. So einfach ist das. Nach dem Mord an den linken Rapper Fyssas aber wurde der Druck seitens der internationalen öffentlichen Meinung und der griechischen Gesellschaft so groß, dass es keinen Platz mehr für die Interessen einzelner Parteien gibt."
    Die Goldene Morgenröte unterdessen macht die griechische Regierung und ihr derzeitiges hartes Durchgreifen gegen die Organisation mitverantwortlich für die Ermordung zwei ihrer Mitglieder am vergangenen Freitag. So sagte der Pressesprecher der Partei Ilias Kassidiaris den griechischen Medien: "Seit über einem Monat machen Regierung und Medien die Goldene Morgenröte kontinuierlich zur Zielscheibe. Deshalb verlangen wir nicht nur die beispielhafte Bestrafung der Täter, sondern auch der Anstifter."
    Bewirken kann Kassidiaris damit aber kaum etwas. Denn diesmal gilt es als so gut wie sicher, dass dieser Gesetzesentwurf gegen die Goldene Morgenröte eine breite Zustimmung im griechischen Parlament haben wird.