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Griechenland-Krise
Die Banken bleiben geschlossen

Bis zum 6. Juli sollen die Banken in Griechenland geschlossen bleiben. An Geldautomaten können griechische Bürger bis dahin nur noch 60 Euro am Tag abheben. Die Regierung will so die Kapitalflucht aus dem Land stoppen. In Berlin gibt es am Mittag ein Krisentreffen im Kanzleramt.

    Eine Schlange von Menschen vor einer Bank in Athen.
    In den vergangenen Wochen wurden an griechischen Banken Milliarden Euro abgehoben. (picture alliance/dpa/Alexandros Vlachos)
    Am Wochenende hatten viele Griechen wieder Geld von ihren Konten abgehoben, wieder in Milliardenhöhe, berichten Korrespondenten. Ausländische Besucher sollen von der Begrenzung an Geldautomaten nicht betroffen sein. Sie sollen weiter unbegrenzt Geld abheben können. Die Einschränkungen würden nicht für Besucher aus dem Ausland gelten, wenn diese "mit einer in ihrem Herkunftsland ausgestellten Kreditkarte Transaktionen und Abhebungen" vornehmen wollten, teilte die Regierung in Athen in der Nacht zum Montag mit.
    Ministerpräsident Tsipras verkündete am Sonntag (28.06.2015) nach einer Sitzung des Kabinetts in Athen, dass er Kapitalverkehrskontrollen angeordnet habe.Dadurch können griechische Privatleute und Unternehmen auch keine oder nur sehr begrenzte Auslandsüberweisungen tätigen. Mit diesem Schritt will die Regierung einen Zusammenbruch des Finanzsystems und einen massiven Ansturm auf die Banken verhindern. Auch die Börse in Athen soll morgen geschlossen bleiben.
    Tsipras erklärte zudem, er habe abermals eine Verlängerung des Rettungsprogramms um einige Tage beantragt, um das von ihm angekündigte Referendum am kommenden Sonntag abzuhalten. Unklar ist noch immer, worüber die Griechen genau abstimmen sollen.
    Nach der Ankündigung der Kontrollen, die sein Finanzminister Yanis Varoufakis noch am Nachmittag dementiert hatte, beteuerte Tsipras, die Ersparnisse, Löhne und Renten der Bürger seien "garantiert". Er rief die Bevölkerung auf, "ruhig Blut zu bewahren".
    Tsipras: Erpressung und Ungerechtigkeit
    Im Kurznachrichtendienst Twitter legte der Regierungschef dann Im Minutentakt nach - und bewies dabei, dass auch Pathos eine griechische Erfindung ist: "In diesen kritischen Stunden müssen wir uns erinnern, dass das Einzige, was wir fürchten müssen, die Furcht selbst ist", erinnerte er an das berühmte Zitat von Franklin D. Roosevelt bei dessen Antrittsrede als US-Präsident. Und Tsipras weiter: Im Angesicht von "Erpressung und Ungerechtigkeit" würde Griechenland eine "Botschaft der Hoffnung und des Stolzes nach Europa aussenden".
    Damit reagierte Tsipras wohl auch auf die verbalen Angriffe der vergangenen Stunden und Tage. Denen aus dem Ausland, aber auch von seinen Landsleuten: Der griechische Ministerpräsident sei feige, so der Wirtschaftswissenschaftler Spyridon Paraskevopoulos, er übernehme keine Verantwortung, so SPD-Chef Thomas Oppermann, beide im Deutschlandfunk.
    Und auch die EU-Kommission legte am Tag nach der Absage an eine Fortsetzung des Hilfsprogramms durch die Eurogruppe noch mal nach - und veröffentlichte am am Sonntagnachmittag das letzte Angebot an die Regierung in Athen in einer Pressemitteilung. Ein in dieser Weise ungewöhnlicher Schritt.
    Die Europäische Zentralbank kündigte an, die Nothilfen für griechische Banken zwar zu verlängern, aber nicht aufzustocken.
    Merkel und Obama wollen "alles unternehmen"
    In Berlin appellierte derweil die Opposition an die Bundeskanzlerin, sich stärker einzuschalten. Angela Merkel dürfe sich nicht hinter den Euro-Finanzministern verstecken, sagt der Bundesvorsitzende der Partei Die Linke, Bernd Riexinger. Seit Freitag hat sich Merkel noch nicht öffentlich geäußert.
    Bei einem Telefonat mit Barack Obama hätten sie und der US-Präsident ihre Besorgnis in der Griechenlandfrage ausgedrückt, teilte das Weiße Haus am Sonntagabend mit. Beide Seiten hielten es für äußerst wichtig, alles zu unternehmen, um einen Weg zu finden, der es Griechenland erlaube, innerhalb der Eurozone Reformen umzusetzen und Wachstum zu erzielen.
    Am Montag hat Merkel Riexinger und die anderen Spitzen der Fraktionen im Bundestag zu einem Treffen im Kanzleramt geladen. Die Grünen fordern darüber hinaus einen EU-Sondergipfel.
    (bor/cc/ml)