Die Finanzminister der Euro-Staaten akzeptierten am Freitagabend in Brüssel die zuvor von Experten ausgehandelten Bedingungen für die geplanten Kredite von bis zu 86 Milliarden Euro. Das teilte der belgische Finanzminister Johan Van Overtfeldt mit. Der Vorsitzende der Euro-Gruppe, Jeroen Dijsselbloem, sagte, es habe "natürlich Differenzen gegeben". Aber man habe es geschafft, letzte Fragen zu lösen. "Die Botschaft der heutigen Euro-Gruppe ist klar und deutlich: Auf dieser Grundlage (...) wird Griechenland unabänderlich Mitglied der Euro-Zone bleiben", kommentierte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Mit Blick auf die vergangenen Monate erklärte er: "Zusammen haben wir in den Abgrund geschaut."
Sollten der Bundestag und die anderen Parlamente Nächste Woche wie erwartet zustimmen, könnte Athen am kommenden Donnerstag fällige Milliarden-Schulden mit Mitteln aus dem neuen Hilfsprogramm begleichen. Gibt es Hindernisse, müsste ein weiterer Überbrückungskredit her.
Vor der Entscheidung hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) eine klare Zusage verlangt, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) beteiligt bleibt. Nötig sei "ein klares Commitment, ein möglichst verbindliches Commitment", sagte Schäuble zum Auftakt. "Das ist für uns Voraussetzung." Ähnlich äußerte sich sein CDU-Kollege Michael Fuchs im Deutschlandfunk. Eigentlich will der IWF erst dann über eine weitere Beteiligung an Griechenland-Hilfen entscheiden, wenn das Land mit der Umsetzung weiterer Spar- und Reformzusagen begonnen hat.
Tsipras verliert Koalitionsmehrheit
Die Abstimmung in der Nacht zum Freitag im Parlament in Athen brachte zwar ein klares Votum für das Sparpaket hervor, 222 von 291 anwesenden Abgeordneten stimmte dafür. Die schlechte Nachricht bekam der griechische Regierungschef Alexis Tsipras. Er verlor zum dritten Mal seit Juli die Koalitionsmehrheit. Am Ende fehlten ihm 44 Stimmen aus dem eigenen Lager - 32 Koalitionsabgeordnete stimmten gegen das Sparprogramm, elf enthielten sich und ein Parlamentarier erschien gar nicht zur Abstimmung.
Das sieht das Sparpaket vor
- Mehr Arbeit: Rente erst mit 67 Jahren, weniger Anreize für einen vorzeitigen Ruhestand.
- Mehr Wettbewerb: Bauingenieure, Notare und andere Selbstständige sollen sich untereinander mehr Konkurrenz machen. Zudem sollen die Sonntagsöffnungszeiten ausgeweitet werden, um den Konsum anzuregen.
- Höhere Steuern: Die Mehrwertsteuer für viele Waren und Dienstleistungen wurde bereits von 13 auf 23 Prozent angehoben - sozusagen als Vorleistung und Beleg des Reformwillens. Der Kampf gegen die Steuerhinterziehung soll deutlich intensiviert werden.
- Privatisierungen: Bis Ende Oktober müssen Ausschreibungen für die Häfen von Piräus und Thessaloniki stehen, regionale Flughäfen sollen künftig vom deutschen Unternehmen Fraport betrieben werden.
- Verwaltungsumbau: Vergünstigungen für Staatsangestellte, langsame Verfahren - alles, was ineffizient ist, kommt auf den Prüfstand.
Reform des Finanzsystems: Wer seine Kredite nicht zurückzahlt, soll schneller Konsequenzen zu spüren bekommen. Dafür ist eine neue Insolvenzordnung vorgesehen.
- Mehr Arbeit: Rente erst mit 67 Jahren, weniger Anreize für einen vorzeitigen Ruhestand.
- Mehr Wettbewerb: Bauingenieure, Notare und andere Selbstständige sollen sich untereinander mehr Konkurrenz machen. Zudem sollen die Sonntagsöffnungszeiten ausgeweitet werden, um den Konsum anzuregen.
- Höhere Steuern: Die Mehrwertsteuer für viele Waren und Dienstleistungen wurde bereits von 13 auf 23 Prozent angehoben - sozusagen als Vorleistung und Beleg des Reformwillens. Der Kampf gegen die Steuerhinterziehung soll deutlich intensiviert werden.
- Privatisierungen: Bis Ende Oktober müssen Ausschreibungen für die Häfen von Piräus und Thessaloniki stehen, regionale Flughäfen sollen künftig vom deutschen Unternehmen Fraport betrieben werden.
- Verwaltungsumbau: Vergünstigungen für Staatsangestellte, langsame Verfahren - alles, was ineffizient ist, kommt auf den Prüfstand.
Reform des Finanzsystems: Wer seine Kredite nicht zurückzahlt, soll schneller Konsequenzen zu spüren bekommen. Dafür ist eine neue Insolvenzordnung vorgesehen.
Die Links-Rechts-Koalition kann also nur auf 118 ihrer 162 Abgeordneten bauen, es droht eine Vertrauensfrage. 118 Stimmen reichen reicht nicht, um zu garantieren, dass die Minderheitsregierung diese übersteht. Die Verfassung schreibt dafür als absolute Untergrenze mindestens 120 Stimmen vor. "Wir werden das machen, was die Verfassung sagt", erklärte Regierungssprecherin Olga Gerovasili. Wie es aus Regierungskreisen hieß, will Tsipras die Herausforderung des linken Flügels seiner Syriza-Partei annehmen. Sobald das Hilfspaket gesichert sei, wolle er vor dem Parlament die Vertrauensfrage stellen. Der linke Flügel mit Anführer Panagiotis Lafazanis plant wohl eine neue Linkspartei, die den Sparkurs abbrechen will.
Evangelos Meimarakis, der Chef der konservativen Oppositionspartei Nea Dimokratia (ND), warnte Tsipras: Vorgezogene Wahlen würden das Land abermals lähmen, Griechenland brauche mehr als je zuvor Stabilität, meint Meimarakis. Sollte es aber doch Wahlen geben: "Wir sind da, um Sie abzulösen." Beobachter vermuten, Tsipras liebäugele sogar mit Neuwahlen. Demnach wolle er von den Griechen ein neues frisches Mandat, bevor die Reformen bei den Menschen ankommen. Befreit von der Last seines linken Flügels wolle er die Wende zur politischen Mitte vollenden und zugleich den Griechen versprechen, sie bei den weiteren Verhandlungen so gut wie möglich zu vertreten. Schon in den vergangenen Monaten hatte Tsipras nach und nach seine radikalen Wahlversprechen von einem Ende der Sparpolitik aufgegeben.
Eine besondere Debatte
Die Debatte vom Freitag wird vielen Griechen unvergessen bleiben: Selbst altgediente Parlamentsreporter wollten nicht glauben, dass die Debatte um 1 Uhr nachts begann und erst rund sieben Stunden später zu Ende ging. Viele Parlamentarier verließen morgens gähnend die Abstimmung. Besonders hart traf es Finanzminister Euklid Tsakalotos. Für ihn hatte der Mammuteinsatz schon am Donnerstagmorgen begonnen. Er musste das neue Hilfs- und Sparprogramm erst dem Finanzausschuss des Parlamentes und danach dem Plenum erläutern. Und nach der Abstimmung machte er sich auf den Weg nach Brüssel zur Sitzung der Euro-Gruppe.
(nch/ach)