EZB-Präsident Mario Draghi teilte mit, der Rahmen für Notkredite für griechische Banken werde zunächst eine Woche um 900 Millionen Euro erhöht. Bisher lag das Limit bei knapp 90 Milliarden Euro. Draghi forderte zudem eine Schuldenerleichterung für Griechenland.
Außerdem stimmten die Finanzminister der Euroländer den Verhandlungen über ein neues Griechenland-Hilfspaket zu. Das Programm hat eine Laufzeit von drei Jahren und umfasst mindestens 86 Milliarden Euro. Die Eurogruppe begrüßte das positive Votum des griechischen Parlaments zu den verlangten Reformen. Wenn alle Länder zustimmen, können die Verhandlungen am kommenden Wochenende beginnen. Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem rechnet mit einer Dauer von etwa vier Wochen.
Nach Angaben von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker verständigten sich die Finanzminister aller EU-Länder zudem auf einen Übergangskredit für Athen. Man wolle dazu bis Mitte August bis zu sieben Milliarden Euro aus Mitteln des allgemeinen EU-Rettungsfonds EFSM nutzen. Der Fonds ist eine Einrichtung aller EU-Staaten, nicht nur der Eurozone. Einige Länder hatten daher Bedenken gegen dessen Nutzung geäußert. Die Minister einigten sich darauf, dass Nicht-Euro-Länder von Haftungsrisiken freigestellt werden sollen.
Proteste gegen Sparmaßnahmen
Das griechische Parlament hatte den zuvor Sparauflagen zugestimmt. Die angenommenen Gesetze umfassen vor allem höhere Mehrwertsteuern und Zusatzabgaben für Freiberufler sowie Besitzer von Luxusautos, Häusern und Jachten. Ebenfalls enthalten ist ein nahezu vollständiger Stopp aller Frühverrentungen. Außerdem geht es um eine Anhebung des Rentenalters und Privatisierungen. Tausende hatten vor dem Parlament in Athen gegen die Maßnahmen demonstriert. In Griechenland könnte es zudem zu einer vorgezogenen Parlamentswahl kommen. Innenminister Nikos Voutsis nannte als möglichen Termin September oder Oktober.
Damit Verhandlungen mit Athen über ein drittes Hilfspaket aufgenommen werden können, müssen zunächst noch die Parlamente mehrerer EU-Mitgliedsstaaten zustimmen. Österreich, Litauen und Finnland haben dies bereits getan. Am Freitag steht im Deutschen Bundestag die Entscheidung darüber an.
Schäuble: "Schuldenschnitt mit Währungsunion unvereinbar"
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hält weiter an seiner Idee eines temporären Ausscheidens Griechenlands aus der Eurozone fest. Viele Ökonomen würden daran zweifeln, dass Griechenland seine Probleme ohne einen echten Schuldenschnitt lösen könne. "Doch ein Schuldenschnitt ist mit einer Mitgliedschaft in der Währungsunion unvereinbar", sagte er im Deutschlandfunk. Schäuble verwies auf den stetig steigenden Finanzbedarf des Landes, der in wenigen Wochen von 10 auf 80 Milliarden Euro gestiegen sei. "Niemand weiß, wie es ohne einen Schuldenschnitt gehen soll. Das ist die Situation", sagte Schäuble.
Ganz anders sieht es der Wirtschaftswissenschaftler und frühere Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Heiner Flassbeck. Die Idee eines temporären Grexit sei seltsam und "absolut lächerlich", sagte er im Deutschlandfunk. Zudem kritisierte er, dass Deutschland am Anfang den größten Fehler gemacht habe, "indem es unter seinen Verhältnissen gelebt hat und die anderen Länder sozusagen an die Wand gedrängt hat." Er warnte, dass das Deutschland-Bild durch die Verhandlungen gelitten habe und katastrophal sei. In den sozialen Netzwerken rufen viele Nutzer unter dem Hashtag "#BoycottGermany" dazu auf, keine deutschen Produkte mehr zu kaufen.
(hba/nin)