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Griechenland
Kritik an Schäubles Absage

Griechenland beantragt weitere Finanzhilfen bei der EU und macht aus seiner Sicht weitreichende Zusagen. Doch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble reichen diese nicht aus. Dafür erntet er Kritik in der eigenen Koalition, auch die EU-Kommission bewertet das griechische Schreiben positiver.

    Der griechische Finanzminister Giannis Varoufakis und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bei einer gemeinsamen Pressekonferenz (05.02.2015).
    Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU, li.) ist uneins mit seinem griechischen Amtskollegen Giannis Varoufakis. (AFP / Odd Andersen)
    Der griechische Vorschlag ziele auf eine Brückenfinanzierung, ohne die Anforderungen des Programms zu erfüllen, sagte Martin Jäger, Sprecher des Bundesfinanzministeriums: "Das Schreiben entspricht nicht den am Montag in der Eurogruppe vereinbarten Kriterien." Am Freitagnachmittag treffen sich Schäuble und seine Kollegen aus der Eurozone zu einer Sondersitzung in Brüssel. Dort soll ein Ausweg aus der verfahrenen Situation gefunden werden.
    Ohne ein Einlenken Griechenlands sind die Europartner nicht zu Zugeständnissen bereit, das wurde spätestens bei den gescheiterten Treffen der Euro-Finanzminister vergangene und Anfang dieser Woche deutlich. Die Zeit wird für Athen immer knapper: Am 28. Februar läuft das aktuelle Hilfsprogramm der Europäer aus. Ohne Verlängerung droht Griechenland die Pleite. Zumal dann auch die Europäische Zentralbank (EZB) den Geldhahn zudrehen könnte.
    Received Greek request for six months extension.— Jeroen Dijsselbloem (@J_Dijsselbloem) 19. Februar 2015
    Griechenland Lebensstandard seine Bürger "wiederherstellen"
    In dem Schreiben an die Eurogruppe bittet der griechische Finanzminister Gianis Varoufakis um eine sechsmonatige Verlängerung der Finanzhilfen für das Krisenland - also faktisch bis Ende August. Darin akzeptiert Griechenland auch weitere Überwachungen durch die EU und die Europäische Zentralbank (EZB) sowie den Internationalen Währungsfonds (IWF). Zudem erkennt Athen die Rückzahlungsverpflichtungen gegenüber seinen Geldgebern an. Zugleich will die neue Regierung dem Brief zufolge "substanzielle, weitreichende Reformen beginnen, die nötig sind, um den Lebensstandard von Millionen griechischer Bürger (...) wiederherzustellen."
    Jäger sagte, in Wahrheit ziele der Antrag auf eine Brückenfinanzierung, ohne die Anforderungen des Programms zu erfüllen: "Das Schreiben entspricht nicht den am Montag in der Eurogruppe vereinbarten Kriterien." Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras telefonierte am Donnerstagabend mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, wie aus Athener Regierungskreisen verlautete. Einzelheiten wurden nicht bekannt. Ein enger Mitarbeiter von Tsipras sprach lediglich von einem "konstruktiven" Klima des etwa 50-minütigen Gesprächs.
    EU-Kommission reagiert positiver
    Die EU-Kommission reagierte auf das Schreiben weitaus positiver als die Bundesregierung. Nach Einschätzung von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker könnte das Ansinnen Athens "den Weg für einen vernünftigen Kompromiss im Interesse der finanziellen Stabilität im gesamten Euroraum ebnen", wie Kommissionssprecher Margaritis Schinas sagte. In seinem Schreiben an die Euro-Partner sagt Athen die Bedienung aller Staatsschulden zu und akzeptiert auch die Kontrolle durch den Internationalen Währungsfonds, die Europäische Zentralbank und die Europäische Union - die drei bisher als Troika bekannten Institutionen.
    Kritik aus SPD und Opposition
    Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) bewertete das Schreiben ebenfalls anders als Schäuble. "Das schriftliche Angebot der griechischen Regierung zu Verhandlungen über die Fortsetzung des Reformprogramms ist ein erster Schritt in die richtige Richtung", hieß es am Donnerstag in Ministeriumskreisen. Man rate dazu, "dass wir diese neue Haltung der griechischen Regierung als Ausgangspunkt für Verhandlungen nutzen und nicht vorher bereits öffentlich ablehnen."
    Auch aus der Opposition kam Widerspruch. "Die brüske Zurückweisung des griechischen Hilfsersuchens ist in Form und Inhalt unangemessen", erklärte Grünen-Chefin Simone Peter in Berlin. Peter äußerte die Einschätzung, die griechische Regierung unter Alexis Tsipras sei mit ihrem Antrag auf eine Verlängerung der EU-Hilfen den Euro-Partnern "weit entgegengekommen" und habe "deutlich ihre Reform- und Kompromissbereitschaft signalisiert". Jetzt müsse auch die Bundesregierung den Willen zu einer gemeinsamen Lösung demonstrieren: "Schäuble darf die ausgestreckte Hand der Griechen nicht einfach ausschlagen."
    Der grüne Haushaltsexperte Sven-Christian Kindler rief im Deutschlandfunk die Bundesregierung auf, ihre "sturköpfige und gefährliche Haltung" in der Griechenlandfrage zu beenden. Es sei wichtig, schnell einen Kompromiss zu finden. Griechenland brauche "gerechte Veränderungen", so Kindler. Die bisherige Sparpolitik sei gescheitert.
    (bor/swe/hba/nch)