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Griechenland
Rektoren beklagen Unterfinanzierung der Hochschulen

Deutsche und griechische Hochschulen wollen enger zusammenarbeiten. Allerdings fehlt dazu das Geld. Und auch für die Studierenden haben die Pläne angesichts grundlegender Probleme wie Unterrichtsausfall und schlechter Ausstattung keine Priorität.

Von Thomas Wagner |
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    Nicht nur griechische Studenten haben den Sparkurs der Regierung satt. (dpa/Orestis Panagiotou)
    Eineinhalb Tage Aussprache, dann ein schlichter Händedruck und zwei Unterschriften unter eine gemeinsame Resolution: Damit endet das Treffen zwischen griechischen und deutschen Uni-Rektoren auf Rhodos. In dem Schlussdokument bekräftigen die Delegationen nochmals ihren Wunsch nach einem Ausbau des Studierenden- und Wissenschaftler-Austausches. Daneben formulieren sie aber einen eindringlichen Appell Richtung Athen. Professor Paris Tsartas, Vorsitzender der griechischen Hochschulrektorenkonferenz:
    "Die griechische Regierung muss endlich damit aufhören, den Universitäten weiter Geld wegzunehmen. Es ist doch eine Binsenweisheit, auch in anderen Ländern, in der Türkei beispielsweise, die besagt: Wo immer so eine Krise ein Land erschüttert, besteht der einzige Weg darin, die Krise zu bewältigen, in Investitionen in Forschung und damit in Hochschulen."
    Ausdrücklich unterstützen auch die deutschen Rektoren diese Forderung nach mehr Geld. Griechische und deutsche Tagungsteilnehmer fordern zudem die griechische Regierung auf, die neu aufgelegten Strukturfonds für schwach entwickelte Regionen der EU vorrangig für den Hochschulausbau zu nutzen. Professor Horst Hippler, Präsident der deutschen Hochschulrektorenkonferenz:
    "Die Forderung ist eben die, dass die griechische Regierung den auch tatsächlich nutzt für das Wissenschaftssystem. Denn das ist die Idee gewesen in der Europäischen Union, diesen Strukturfonds auch tatsächlich dazu zu benutzen, um die Strukturen im Wissenschaftssystem anzupassen, das sie international wettbewerbsfähig sind."
    Vorteile des griechischen Bachelors
    Vonseiten der griechischen Regierung gibt es aber überhaupt keine Signale, diese Gelder in die notleidenden Hochschulen zu investieren. Überhaupt hüllt sich das Bildungsminiserien in Athen in Schweigen darüber, wie sie den offenkundigen Problemen mit Bildungssystem Herr werden will. Bei den Studierenden stößt das bitter auf.
    Unterwegs im Fachbereichsgebäude Pädagogik der "University of Aegean" auf Rhodos, gerade mal zehn Minuten vom Tagungsort der Hochschulrektoren entfernt. Gemeinsam mit ihrem Professor steigt Evangelia Chatizawa die Treppen nach oben Richtung Bibliothek. Sie hat eine spannende Biografie: Geboren und aufgewachsen in Thessaloniki, ging sie zur Aufnahme ihres Studiums nach Frankfurt - und ist von dort für ein Jahr als Erasmus-Stipendiatin zurückzukommen nach Rhodos. Trotz Krise und Sprachhürden hat sie sich, wenn sie im Sommer wieder zurückgeht nach Deutschland, eines fest vorgenommen:
    "Ich glaube, ich mache eine gute Werbung an der Uni Frankfurt. Ich möchte anderen Studierenden dabei helfen, damit sie auch mein Land besuchen können, zum Beispiel mit dem Erasmus-Programm diese ganzen Erfahrungen sammeln können."
    Denn wenn es derzeit an so manchem mangeln mag - bei genauerer Betrachtung lassen sich, so Evangelia Chaizawa, auch Vorteile ausmachen, beispielsweise in der Art und Weise, die Griechenland die vor 15 Jahren beschlossene Bologna-Reform umgesetzt hat.
    "Wir in Griechenland müssen vier Jahre studieren, um zum Beispiel den Bachelor zu bekommen, anstatt drei Jahre in Deutschland. Hier in Griechenland studieren alle vier Jahre für den Bachelor. Es ist besser, vier Jahre zu studieren. Weil: Dann ist man mehr qualifiziert nach dem Bachelor."
    Grundsätzlich befürwortet Evangelia Chatzisawa die Idee, die Kooperationen mit deutschen Hochschulen zu forcieren. Und auch dem Plan, langfristig Studiengänge in Englisch und Deutsch einzurichten, kann sie etwas abgewinnen. Allerdings: Bei der Bewältigung der aktuellen Hochschulkrise müssten ihrer Meinung nach viel näher liegende Probleme behoben werden.
    "Ich glaube, wir müssten erst einmal andere Sachen ändern, bevor sie solche Schritte machen können mit englischen und deutschen Kursen für ausländische Studierende. Ein richtiger Raum braucht eine richtige Tafel, um arbeiten zu können. Infrastruktur, ganz genau ..."
    "Regierung in der Pflicht"
    Dem stimmen auch Olga Kazula und Sarova Fevora zu, zwei angehende Lehrerinnen:
    "Also solche Partnerschaften zwischen Unis aus verschiedenen Ländern - das ist eine nette Sache. Aber erst mal ist die griechische Regierung in der Pflicht: Wir haben zu wenig Lehrpersonal. Vorlesungsstunden fallen aus."
    "Sehr schön, die Idee mit der verstärkten Zusammenarbeit. Die Unis richten sich dabei viel stärker als bisher multikulturell aus. Sie können voneinander lernen. Aber die Hauptprobleme muss schon die Regierung hier in Griechenland lösen. Wir haben einige Vorlesungen und Seminare auf dem Plan stehen, für die es momentan kein Lehrpersonal gibt, die also ausfallen. Und wir hoffen ja immer noch, dass diese Dozenten irgendwann mal wieder kommen."
    Somit empfinden viele Studierende Probleme wie akuten Unterrichtsausfall und fehlende Sachmittel drängender als den Wunsch nach Hochschulpartnerschaften oder nach neuen Studiengängen auf Englisch oder Deutsch. Nach Ansicht der griechischen und der deutschen Rektoren ist beides wichtig, und das haben sie in ihrer Schlussresolution auch so festgehalten: Die zeitnahe Aufstockung der Mittel für die griechische Hochschulbildung, dann aber auch mittel- und langfristig der Ausbau der griechisch-deutschen Kooperationen. Die erfüllen nach Ansicht von Paris Tsarts, dem Vorsitzenden der griechischen Rektorenkonferenz, noch eine weitere wichtige Funktion:
    "Das ist die einzige Chance, um bestehende Vorurteile zu überwinden - Vorurteile, die in der deutschen Gesellschaft bestehen gegenüber Griechenland, aber auch gegenüber der griechischen Wissenschaft und griechischen Produkten. Auf der anderen Seite gibt es aber genauso in der griechischen Gesellschaft Vorurteile gegenüber Deutschland. Um die abzubauen, müssen wir mehr Geld locker machen, damit mehr Menschen unserer beider Länder die Chance haben, gemeinsam zusammenzuarbeiten."
    Wichtig erscheint Horst Hippler, Präsident der Deutschen Hochschulrektorenkonferenz, noch ein weiterer Punkt: Dass Bildungspolitiker und Hochschulvertreter in Griechenland die derzeitige Krise auch als Anstoß begreifen, längst überfällige Strukturreformen auf den Weg zu bringen:
    "Eine Krise ist eine Chance, intern sich zu reformieren und zu schauen: Wie muss ich mich denn aufstellen? Und ich hoffe, dass das viele griechische Universitäten jetzt auch schaffen. Das ist schwierig. Ich weiß das. Ich denke mal aber, da gibt es eine Chance. Und die Chance zu nutzen, da möchten wir gerne helfen. Und dann ist die Frage: Wie stellt man sich dann auf?"
    Hipper und die übrigen Uni-Rektoren haben die Frage für sich beantwortet: Sie wollen zukünftig mit den griechischen Unis mehr denn je gemeinsame Sache machen. Das ist das wohl wichtigste Ergebnis des Treffens auf Rhodos.