Rehberg betonte, gemeinsam mit der Eurogruppe sei ein Fahrplan vereinbart worden. Danach werde man erst nach Abschluss der zweiten Überprüfung des Hilfsprogramms über Schuldenerleichterungen sprechen.
Der CDU-Politiker erklärte weiter, er sehe die Drohungen des Internationalen Währungsfonds gelassen, keine weiteren Hilfsprogramme mehr mitzufinanzieren, sollte es keine Schuldenerleichterungen geben.
Das Interview in voller Länge:
Doris Simon: Frisches Geld für Griechenland. Die Euro-Finanzminister haben gestern Abend 1,1 Milliarden Euro aus dem Euro-Rettungsfonds freigegeben. Am Vormittag waren Deutschland und Spanien dem Vernehmen nach noch nicht überzeugt gewesen, aber dann wurde es Abend und alle Euroländer würdigten die Reformen etwa im Rentensystem und Energiesektor. Weitere 1,7 Milliarden Euro sollen dann gezahlt werden, wenn Informationen geliefert werden, die noch fehlten. Das alles könnte noch diesen Monat geschehen. Und EU-Währungskommissar Moscovici hat gestern gesagt, es sei wichtig, aus Griechenland eine Erfolgsgeschichte zu machen. - Am Telefon ist Eckhardt Rehberg, der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion. Guten Morgen.
Eckhardt Rehberg: Guten Morgen!
Simon: Herr Rehberg, eine Erfolgsgeschichte mit 328 Milliarden Euro Schulden für so ein kleines Land?
Rehberg: Ja gut, nun muss man wissen, was die Griechen, Griechenland die letzten Jahre durchgemacht haben: Häufige Regierungswechsel, eine Regierung Tsipras, die hoch gepokert hat. Und ich hatte schon bei meinem letzten Besuch im Mai diesen Jahres in Griechenland den Eindruck, dass sich dort etwas bewegt und dass auch viele Politiker mir gesagt haben, dass es so wie bisher nicht weitergehen kann, dass sie nicht nur auf Europa gucken, sondern auch selbst bereit sind, Veränderungen vorzunehmen.
Vorschnelle Schuldenerleichterung nehme Reformdruck weg
Simon: Herr Rehberg, Sie sagen, es bewegt sich jetzt was in Griechenland, und so sieht das auch der Internationale Währungsfonds. Der sagt aber auch, es braucht dieses Land jetzt Schuldenerleichterungen, denn kein Land, auch da, wo sich ein bisschen was bewegt, kann es schaffen mit 328 Milliarden Euro Schulden, die Last sei nicht tragfähig. Die deutsche Regierung ist strikt gegen Schuldenkürzungen. Sie auch?
Rehberg: Wir haben gemeinsam mit der Eurogruppe im Mai einen Fahrplan vereinbart, der da heißt, dass kurzfristig Maßnahmen im Rahmen von ESM und EFSF …
Simon: Das sind die Rettungsfonds ...
Rehberg: ... für die beiden Rettungsfonds - zum Beispiel Glättung des Rückzahlungsprofils oder Reduzierung des Zinsrisikos innerhalb des ESM-Mandates - vorgenommen werden können. Jetzt wird aber auch klar, dass man über Schuldenerleichterung insgesamt erst nach Abschluss des Programms reden wird und auch reden sollte, und Schuldenerleichterungen sind nicht das griechische Problem.
Die Hilfen, die Griechenland bekommt, das geht bei den Zinsen gegen null. Wettbewerbsfähigkeit ist das griechische Problem und ich habe den Eindruck, wenn man zu schnell sich dem Thema Schuldenerleichterungen nähert, dass dann der Reformdruck weggenommen wird. Deswegen ist der Weg des IWF nicht der richtige. Der Weg Deutschlands und der Eurogruppe in diesem Fall ist der richtige.
"Das Thema ist die Herstellung der Wettbewerbsfähigkeit"
Simon: Wenn Sie sagen, Schuldenerleichterungen sind nicht der richtige Weg, zugleich aber der IWF immer als der Garant dafür gilt, dass Dinge eingehalten werden und Regeln wichtig sind, sollten wir nicht umgekehrt dem IWF folgen?
Rehberg: Nein, in diesem Fall wirklich nicht, weil Schuldenerleichterungsakte nicht das Thema sind, sondern die Herstellung der Wettbewerbsfähigkeit. Das ist aktuell das Thema im Jahr 2016, '17 und '18 und vor 2023 muss Griechenland überhaupt keine Zinsen zurückzahlen. Also man hätte sechs, sieben Jahre Zeit, um die griechische Wirtschaft wettbewerbsfähig zu machen, ohne dass Zinsen gezahlt werden müssen. Erst danach spielt das Thema Zinsen eine Rolle.
Simon: Noch mal zurück zum IWF. Sie sagen, da liegt der IWF falsch. Der IWF hat aber klarer (zuletzt auch in der Woche noch in Washington) als jemals zuvor gesagt, wenn das nicht kommt, dann sind wir nicht mehr bereit, ein neues Hilfsprogramm mit zu stützen. Der Bundestag hat aber seine Zustimmung an weitere Unterstützung für Griechenland daran geknüpft, dass es ein neues Hilfsprogramm nur mit dem IWF geben kann. Was heißt denn das dann?
Rehberg: Der IWF hat auch im Mai 2016 gegenüber der Eurogruppe etwas anderes gesagt, und zwar, dass die Absicht begrüßt wurde durch die Eurogruppe, dass die Geschäftsführung des IWF dem IWF-Exekutivdirektorium empfiehlt, vor Ende 2016 einer Finanzierungsvereinbarung mit Griechenland beizutreten. Und was mich am IWF stört, ich wiederhole das noch mal, denn der IWF debattiert nur über Schuldenerleichterungen, sieht das als Problemlösung, und wir sind der Auffassung, dass die Herstellung der Wettbewerbsfähigkeit der wichtigste Schritt ist, um die Probleme in Griechenland zu lösen.
Simon: Herr Rehberg, den Punkt haben wir verstanden. Aber das heißt, Sie nehmen die Drohung des IWF gar nicht ernst, dass er ein weiteres Hilfsprogramm nicht mitfinanziert?
Rehberg: Ich bin da erst mal gelassen und verlass mich auf das, was im Mai der IWF innerhalb der Eurogruppe gesagt hat, was dokumentiert worden ist, und Säbelrasseln kennen wir auf verschiedenen Politikgebieten.
"Ein Schuldenschnitt geht schon gar nicht"
Simon: Was ist denn, wenn wirklich die Frage eines Tages ansteht, entweder ein Teil der Schulden wird gestrichen, oder der Währungsfonds steigt aus? Was würden Sie denn dann machen?
Rehberg: Ein Schuldenschnitt geht schon gar nicht. Das hat der IWF mittlerweile auch eingesehen. Und über Maßnahmen zur Schuldenerleichterung Mittel- und langfristig hat man sich im Mai 2016 vereinbart.
Simon: Aber kurzfristig.
Rehberg: Kurzfristig habe ich schon deutlich gemacht, dass es da auch Maßnahmen geben kann innerhalb des Mandats vom ESM, und die Vereinbarung gilt, dass man über Mittel- und langfristige Schuldenerleichterungen erst nach Abschluss des Programms von deutscher Seite aus verhandeln wird.
Simon: Dann schauen wir doch mal anders drauf. Wie gesagt, ein neues Programm wird ja irgendwann kommen. Das ist ja gar nicht zu vermeiden. De facto kümmern sich jetzt ja schon die Eurostaaten länger mit dem Euro-Rettungsfonds, dem ESM allein um die Griechenland-Rettung. Wenn der IWF wirklich nicht mitmachen wollte, können Sie das nicht auch alleine schaffen?
Rehberg: Es geht nicht ums alleine schaffen. Es geht darum, dass der IWF anerkanntermaßen eine hohe Kompetenz bei der Sanierung von Staaten …
"Ein politisches Spiel, was schwer akzeptabel ist"
Simon: Aber Sie sagen doch gerade, die liegen schief in der Sache.
Rehberg: Ja gut. Jetzt muss man unterscheiden, ob man ständig über das Thema Schuldenerleichterung redet, oder ob man den IWF mit an Bord nimmt, um sich seiner Kompetenz, seiner Erfahrung zu bedienen. Und ich finde, der IWF macht da schon ein politisches Spiel, was, finde ich, schwer akzeptabel ist: Auf der einen Seite im Mai zusagen, bestimmte Zusagen machen, dass nach dem Programm dann über Schuldenerleichterung endgültig geredet wird, und jetzt einen ungeheuren Druck aufbauen und letztendlich sagen, wenn ihr nicht sofort Griechenland Schulden erleichtert, dann machen wir nicht mit. Das ist, finde ich, ein Spiel, was schwierig hinzunehmen ist.
Simon: Andere sagen ja, auch beim IWF, der Druck kommt von der anderen Seite. Griechenland bewegt sich langsam vor, aber es würde sich besser voran bewegen, wenn es ein bisschen leichter würde im Augenblick.
Rehberg: Schuldenerleichterungen spielen zum Beispiel bei dem Thema Privatisierung oder ein noch wichtigeres Thema Restrukturierung der Steuerbehörden, dass endlich die Steuern eingenommen werden, die auch gesetzlich vereinbart worden sind, da spielen Schuldenerleichterungen überhaupt keine Rolle. Das kann die griechische Regierung so machen.
Simon: Die Einschätzung und Meinung von Eckhardt Rehberg, dem haushaltspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. Herr Rehberg, vielen Dank für das Gespräch.
Rehberg: Gerne!
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