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Griechenland
Schulunterricht für Flüchtlingskinder

Vor einigen Wochen ist in Griechenland ein staatliches Bildungsprogramm für Flüchtlingskinder angelaufen. 20.000 Jungen und Mädchen lernen jetzt Mathe, Sport und Kunst. Die staatlichen Mittel sind knapp: Viele der Lehrer können nicht von ihrer Arbeit leben - und sind dennoch mit Begeisterung dabei.

Von Rodothea Seralidou |
    Eine Lehrerin lehrt Flüchtlingskinder im Klassenzimmer.
    Für die Lehrer ist es eine große Herausforderung, Flüchlingskindern den Unterrichtsstoff beizubringen, ohne ihre Sprache zu sprechen. (Rodothea Seralidou)
    Griechisch-Unterricht in der Grundschule von Tavros, einem tristen Industriegebiet in der Athener Innenstadt. Lehrerin Teti Nikolopoulou hat sich über die 7-jährige Isha gebeugt und liest Wörter aus ihrem Übungsblatt vor: Zitrone, Faden, Knochen, Tannenbaum.
    Isha wiederholt die Wörter klar und deutlich und verbindet sie mit den passenden Bildern. Ihre schwarzen Augen leuchten. So wie sie, kommen alle Kinder hier aus dem nächstgelegenen Flüchtlingscamp von Eleonas: Sechzig sind es allein in dieser Schule; zwanzig pro Klasse, sagt Nikolopoulou: "Für uns Lehrer ist es eine große Herausforderung, diesen Kindern den Unterrichtsstoff beizubringen, ohne ihre Sprache zu sprechen. Ich glaube aber, wir schaffen es. Wir arbeiten den vorgegebenen Stoff ab, die Kinder machen Fortschritte. Wir erklären einiges auch auf Englisch und arbeiten auch sehr mit Bildern, damit die Kinder besser verstehen, was wir meinen."
    Von ihrer Arbeit leben, können die Lehrer nicht
    Nikolopoulou gibt ihr Bestes. Und verdient knapp fünfhundert Euro im Monat - nach neunzehn Jahren im Beruf. Denn die Lehrer in den Willkommensklassen wurden alle als Teilzeitkräfte eingestellt. Davon leben könnten weder sie noch ihre Kollegen, klagt die 50-Jährige.
    "Ich bin vielmehr hier, weil ich das Gefühl hatte, die Pflicht ruft mich, das zu tun. Dieses Jahr war es halt eine Notsituation. Das Schulministerium musste schnell billiges Personal finden, um mit dem Unterricht für die Flüchtlingskinder zu beginnen. Nächstes Jahr hoffe ich, dass sich das ändert und wir Vollzeit arbeiten können."
    Den Unterricht für die Kinder aus den Flüchtlingsunterkünften hatte man Mitte Oktober eingeführt. Er findet nachmittags statt: Zwischen 14.00 und 18.00 Uhr lernen die Kinder neben Griechisch, auch Englisch, Mathematik, Computer, Sport und Kunst. Dazu werden sie von den Camps in die öffentlichen Schulen gebracht - mit Bussen, die die Internationale Organisation für Migration mietet - finanziert mit EU-Geldern.
    Viele Familien wissen nicht, wie lange sie bleiben können
    Um 18.30 Uhr sind die Kinder wieder zurück. Mit einer Liste in der Hand kontrolliert Christos Stefanou, wer alles ausgestiegen ist. Der 38-Jährige koordiniert den Schulunterricht der rund fünfhundert Kinder aus dem Camp von Eleonas: Er registriert sie, hilft ihnen beim Ein- und Aussteigen und ist Ansprechpartner bei Fragen rund um das staatliche Bildungsprogramm. Die Reaktionen der Eltern auf die Einschulung ihrer Kinder seien unterschiedlich, sagt Stefanou.
    "Gestern erst brach eine Mutter vor Freude in Tränen aus, als wir ihr sagten, dass ihre Kinder nächste Woche die Schule besuchen können. Andere aber zögern, ihr Kind anzumelden. Das ist vor allem bei denen der Fall, die guten Chancen haben, in ein anderes Land zu gehen. Sie müssen aber verstehen, dass ihre Kinder nicht nur das Recht haben, in die Schule zu gehen, sie sind als Eltern auch verpflichtet, sie zum Unterricht zu schicken."
    Wie lange die Familien letzten Endes in Griechenland bleiben werden, könne schließlich niemand voraussehen. Viele warteten schon seit Monaten auf ihre Umverteilung auf andere EU-Länder oder auf die Zusammenführung mit anderen Familienmitgliedern.
    Anfangs protestierten griechische Eltern
    Bis es soweit ist, sollen alle Kinder die Chance haben, in Griechenland zur Schule zu gehen. Und mittlerweile haben auch die meisten griechischen Eltern nichts mehr dagegen. Das war am Anfang anders. Ganze Elternvereine protestierten gegen den Unterricht in den öffentlichen Schulen. Heute ist das die absolute Ausnahme. Auch an der Schule von Tavros, an der Teti Nikolopoulou unterrichtet, sehen es die Eltern mittlerweile gelassen:
    "Am Anfang haben wir uns alle Sorgen gemacht. Wir wussten nicht, wie das Ganze funktionieren würde. Doch jetzt sehen wir: Die Kinder haben weder unsere Schule zerstört, noch haben sie unsere Kinder mit Krankheiten angesteckt. Denn diese Kinder sind alle geimpft. Im Gegensatz zu vielen griechischen Kindern."
    "Diese Kinder haben schon so vieldurchgemacht. Sie haben den Krieg miterlebt, waren auf der Flucht. Sie haben ein Recht auf Bildung, mehr sogar als unsere eigenen Kinder."