Die SPD-Politikerin Gesine Schwan sagte "Spiegel Online", politisch sei der Fall für sie eindeutig. "Wir sollten auf die Opfer und deren Angehörige finanziell zugehen." Deutschland müsse vor der eigenen Tür kehren, sagte Schwan. "Es geht darum anzuerkennen, dass wir in Griechenland schlimmes Unrecht begangen haben."
Kapitel "moralisch und juristisch" noch nicht abgeschlossen
Auch SPD-Vize Ralf Stegner sagte, es müsse eine "Entschädigungs-Diskussion" geführt werden. "Es gibt auch nach Jahrzehnten noch zu lösende völkerrechtliche Fragen", sagte er. Die Frage der Entschädigungen dürfe aber nicht mit der aktuellen Debatte über die Euro-Krise verknüpft werden.
Diskussion sorgfältig führen, ohne tagespolitische taktische Verknüpfung, sensibel und ohne Schlußstrichdebatten. http://t.co/P41KyTl4eq— Ralf Stegner (@Ralf_Stegner) 17. März 2015
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte zu der Debatte, Deutschland könne die Forderungen aus Griechenland "nicht einfach vom Tisch wischen". Weder moralisch noch juristisch sei dieses Kapitel eindeutig abgeschlossen. Die Bundesregierung wäre "gut beraten, mit Griechenland Gespräche über die Aufarbeitung der deutschen Verbrechen in Griechenland und eine gütliche Lösung zu suchen".
Die neue griechische Regierung hatte in den vergangenen Tagen erneut die seit langem bestehende Forderung nach deutschen Reparationen für deutsche Kriegsverbrechen im Zweiten Weltkrieg aufgebracht. Die Bundesregierung lehnt Reparationszahlungen ab, sie betrachtet die Angelegenheit vor allem durch den Zwei-Plus-Vier-Vertrag als rechtlich abschließend geregelt. Griechenland wirft der Bundesregierung dagegen vor, sich mit rechtlichen Tricks seit Jahrzehnten vor Reparationen wegen der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg zu drücken.
Tsipras kommt nach Berlin
Mitten in der Diskussion kommt der Athener Regierungschef Alexis Tsipras auf Einladung von Kanzlerin Angela Merkel am Montag (23. März) zu einem ersten offiziellen Besuch nach Berlin. Aus Diplomatenkreisen in Athen hieß es, der Besuch Tsipras' ziele auf eine Beruhigung der Lage ab. Es sei eine unangenehme, "wenn nicht ganz schlimme" Atmosphäre in den Beziehungen zwischen beiden Staaten entstanden. In den vergangenen Tagen hatten Mitglieder der Tsipras-Regierung den Ton vor allem gegenüber Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) verschärft.
Schäuble warf der griechischen Regierung vor, das Vertrauen der europäischen Partner komplett zerstört zu haben. Bis November sei Athen auf einem Weg gewesen, der aus der Krise hätte führen können. Das sei vorbei. "Sie haben alles Vertrauen zerstört. Das ist ein schwerer Rückschlag", sagte Schäuble in Berlin. Er kenne niemanden in den internationalen Institutionen, der ihm sagen könne, was Athen eigentlich vorhabe. Schäuble warf der Syriza-Regierung auch vor, die Bürger in Griechenland zu belügen.
Trotz fast leerer Kassen wies die Regierung in Athen Spekulationen über eine baldige Zahlungsunfähigkeit vehement zurück. Wie Kreise des Finanzministeriums in Athen bestätigten, überwies Griechenland am Montag fristgemäß 588 Millionen Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF), der an den Kredithilfsprogrammen beteiligt ist.
(nch/tj)