Drei junge Frauen unterhalten sich nach der Arbeit im Café Room-B in der Athener Innenstadt. Sie haben studiert und haben einen festen Job in der Marketingabteilung eines privaten Medienunternehmens. Aber ihre Löhne erhalten sie völlig unregelmäßig. Die 34 jährige Nelli lebt deshalb noch bei ihrer Mutter:
"Ich komme irgendwie zurecht, dank meiner Mutter. Die hilft mir mit ihrer Rente aus."
So geht es vielen jungen Griechen, obwohl die Renten in den letzten Jahren schon elf Mal gekürzt worden sind. Und nun steht wieder eine Rentenreform an. 1,8 Milliarden Euro soll die griechische Regierung einsparen. So verlangen es die internationalen Kreditgeber.
Die jetzigen Renten will die Regierung vorerst verschonen. Aber diejenigen, die Arbeit haben, sollen unter anderem durch höhere Sozialabgaben zur Kasse gebeten werden. Dagegen richtet sich der für heute angekündigte Streik im öffentlichen Dienst, sagt die Steuerbeamtin Irini Ifanti:
"Wir werden mehr zahlen müssen und weniger Rente erhalten. Damit sind wir nicht einverstanden. Denn die Renten werden so klein sein, dass wir damit später nicht überleben können."
Auch über eine grundlegende Steuerreform verhandelt die griechische Regierung in diesen Tagen mit den Kreditgebern. Die Bevölkerung hat allerdings bis jetzt nur durch Indiskretionen davon erfahren. Es ist durchgesickert, dass man sich angeblich darauf geeinigt habe, das steuerfreie Einkommen zu senken. Die Regierung möchte offenbar zudem die Steuern von mittleren Einkommen erhöhen und den Spitzensteuersatz auf 45 Prozent anheben. Allerdings hätten die Kreditgeber dem noch nicht zugestimmt. Wassilis, der Besitzer des Cafés Room-B, ist unzufrieden:
"Wir sehen überhaupt keine Verbesserungen. Das einzige, was seit Jahren diskutiert wird, sind neue Sparmaßnahmen und neue Steuern. Für den Aufschwung passiert nichts."
Fast ein Viertel aller Griechen ist arbeitslos, knapp die Hälfte lebt inzwischen an oder unter dem Existenzminimum. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und Konjunkturprogramme stehen bei den Verhandlungen mit den Gläubigern allerdings nicht auf der Tagesordnung. Sie verlangen vielmehr, erwartete Haushaltslöcher in Höhe von 5,4 Milliarden Euro durch Sparmaßnahmen und höhere Steuereinnahmen zu schließen. Angelos Tsaganikas vom Athener Wirtschaftsforschungsinstitut IOBE hat Zweifel, ob das tatsächlich die richtigen Rezepte sind:
"Welche Folgen diese Maßnahmen auf die Wirtschaft haben werden, das wissen wir noch nicht. Denn die genauen Zahlen sind nicht veröffentlicht."
Gläubiger sind uneins
Eine Einigung mit den Gläubigern wird auch dadurch erschwert, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) und die europäischen Kreditgeber untereinander ebenfalls uneinig sind. Der IWF etwa hält entweder stärkere Sparmaßnahmen oder deutliche Schuldenerleichterungen für notwendig. Die EU-Staaten sind anderer Meinung, wollen den IWF aber auf jeden Fall beim Kreditprogramm mit im Boot behalten.
Der Ökonom Angelos Tsaganikas geht trotzdem davon aus, dass man sich einigt – und zwar noch vor der Sitzung der Eurogruppe am 22. April, wo das Überprüfungsergebnis von den Euro-Finanzministern angenommen werden könnte:
"Man wird sich verständigen, was die Pensionen und die Steuern und noch ein paar andere Dinge angeht. Und das wird im griechischen Parlament dann auch durchkommen mit den Stimmen der Regierungsfraktionen, obwohl die nur eine Drei-Stimmen-Mehrheit besitzen."
Doch die Verhandlungen könnten sich auch noch weiter hinziehen. Denn Griechenland braucht erst wieder im Juli neue Kredite, um alte Kredite an den IWF und den europäischen Stabilitätsfonds zurückzuzahlen. Die Druckmittel auf die Athener Regierung seitens der Gläubiger scheinen deshalb gegenwärtig begrenzt.
Die jungen Frauen im Café Room-B sind skeptisch. Sie glauben nicht daran, dass die Proteste der Bevölkerung die anvisierten Rentenkürzungen und Steuererhöhungen verhindern können. Was auch immer bei den Verhandlungen herauskommt, die 34-jährige Nelli ist pessimistisch:
"Für uns wird doch alles nur schlimmer. Wir kleinen Leute werden noch weiter ausgepresst werden. Und die Reichen werden wieder für sich Möglichkeiten finden, Steuern zu hinterziehen."