Auf der Homepage der griechischen Linkspartei Syriza kann man eine Zeitreise machen zurück in den Januar dieses Jahres, als Parteichef und Wahlsieger Alexis Tsipras von der griechischen Linkspartei Syriza ein neues Zeitalter ankündigte - nicht nur für Griechenland, sondern für ganz Europa:
"Syriza ist das Gesicht des sich wandelnden Europas. Es ist das Gesicht der Arbeiter, der Arbeitslosen, der Rentner."
So Tsipras in der Nacht nach seinem Wahlsieg. Tsipras wollte weg vom Europa der Banken, hin zu einem Europa der Bürger, einem sozialen Europa ohne Sparpolitik – das war sein großes Ziel.
Der Athener Wirtschaftsprofessor Panagiotis Petrakis meint: Ja, Syriza hat ordentlich für Diskussionen gesorgt in Europa. Letztlich aber sei der Schuss nach hinten losgegangen:
"Wenn Sie sich umschauen, dann sehen Sie: In Großbritannien haben die Konservativen dazugewonnen, die linke Partei "Podemos" in Spanien hingegen hat nicht mehr Zulauf bekommen. In Deutschland sind die Christdemokraten stark, ähnlich in Frankreich."
Es ist die eine Sache, gute Ideen für die Zukunft Europas zu haben, aber man sollte sich auch sicher sein, dass man diese Ideen durchsetzen kann. Sonst wird man am Ende genau das Gegenteil erreichen.
Viele Griechen sind enttäuscht
Alexis Tsipras wollte die Sparpolitik abschaffen. Nun hat er sie fortgesetzt und mit den europäischen Partnern selbst ein Sparprogramm unterschrieben – auch wenn er das Programm etwas schönredet und sagt, es sehe ja nicht nur Sparmaßnahmen vor, sondern auch Investitionen in Griechenland und neue Sozialleistungen.
Viele junge Griechen aber, die im Januar Alexis Tsipras gewählt hatten, sind enttäuscht. Sie stellen sich Europa anders vor:
"Ich wünsche mir ein Europa ohne Arbeitslosigkeit und ohne hungernde Menschen."
" Vor allem die Einführung des Euro erscheint inzwischen wie ein Trick, um die wirtschaftlichen schwächeren Länder zu kontrollieren."
Nach all den Lohnkürzungen und Steuererhöhungen fühlen sich viele Griechen in die Armut getrieben. Ein junger Mann aus Athen bringt es auf den Punkt:
"Was nutzt es uns, in der Euro-Zone zu sein, wenn wir selbst keinen Euro mehr im Portemonnaie haben?", fragt er.
Flüchtlingswelle stellt Griechenland vor enorme Probleme
Derzeit ziehen Tausende Flüchtlinge durch Griechenland, Flüchtlinge vor allem aus Syrien, dem Irak und anderen Kriegsgebieten. Sie suchen Schutz in Europa, Griechenland ist die Außengrenze – hier kommen sie an.
Der griechische Staat fühlt sich überfordert, all die Flüchtlinge zu betreuen; die EU schafft es mit eigenem Personal schon gar nicht. So sind die Flüchtlinge in Griechenland auf sich selbst angewiesen und auf die Hilfe von Freiwilligen wie dem Dokumentarfilmer Vassilis Tsartsanis aus Polikastro in Nordgriechenland.
Durch seine Heimatstadt ziehen derzeit täglich mehrere tausend Flüchtlinge auf dem Weg ins Nachbarland Mazedonien. Vassilis sammelt bei Nachbarn und Freunden Spenden und verteilt Wasserflaschen und Lebensmittel an die Flüchtlinge. Er findet es beschämend, dass Europa den Flüchtlingen diese Odyssee aufzwingt, dass sie an etlichen der Grenzen Tausende Euro an Schlepper bezahlen müssen.
"Wir lassen es zu, dass die Mafia hier das neue Transport-Unternehmen in ganz Europa ist für all diese armen Seelen."
Warum, so fragt Vassilis Tsartsanis, warum öffnet die EU nicht ihre Botschaften und gibt den Flüchtlingen Papiere, damit sie legal reisen können:
"Ich hab Kontakt zu allen Syrern, die hier durchgekommen sind, und ich weiß: Die sind jetzt alle in Österreich, in Deutschland, in Schweden oder in Norwegen. Die schaffen es alle dorthin. Aber: Warum muss jeder von denen 10.000 Euro an die Mafia und an Schlepper bezahlen? Mit dem Geld könnten sie sich stattdessen ein Leben in Würde in Europa aufbauen."
Vassilis Tsartsanis wünscht sich ein Europa, das Flüchtlingen hilft und ihnen nicht zusätzliche Hürden in den Weg legt.
Viele Menschen in Griechenland sind enttäuscht von Europa. Aber sie sagen auch: Wir gehören dazu. Die deutliche Mehrheit der Griechen möchte, dass Griechenland in der Euro-Zone und auch in der EU bleibt, selbst wenn die Chancen gering sind, Europa wirklich zu verändern.