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Griechenland
Tausende demonstrieren gegen Sparpaket

In Athen und Thessaloniki haben nach Angaben der Polizei 15.000 Menschen gegen die geplante Wirtschaftsreform protestiert, bei der es auch zu Zusammenstößen mit der Polizei kam. Die Reform sieht Rentenkürzungen und Steuererhöhungen vor. Ministerpräsident Tsipras will das Vorhaben noch heute durchs Parlament bringen - denn es ist Voraussetzung für weitere Finanzhilfen.

    In Athen demonstrieren Anhänger der kommunistischen Partei gegen die geplante Reform der Renten- und Steuersysteme.
    Proteste in Athen gegen die geplante Reform der Renten- und Steuersysteme. (picture alliance/dpa - Orestis Panagiotou)
    In beiden Städten gingen Anhänger der Gewerkschaftsfront Pame und der Gewerkschaft des Privatsektors GSEE auf die Straße. Für den Abend ist eine weitere Demonstration vor dem Parlament in Athen geplant. In der Hauptstadt waren weite Teile des Stadtzentrums für den Verkehr gesperrt. Vor der Abstimmung des griechischen Parlaments über das neue Sparpaket gab es Zusammenstöße zwischen Demonstranten und der Polizei. Am Rande einer friedlichen Kundgebung in Athen warf eine Gruppe von Anarchisten Brandsätze und Steine auf die Sicherheitskräfte. Einige versuchten, die Stufen vor dem Parlament zu stürmen. Die Polizei setzte Tränengas ein.
    Zudem protestieren die Gewerkschaften seit Freitag mit einem landesweiten Streik. Der zunächst für zwei Tage ausgerufene Ausstand wurde am Sonntag fortgesetzt. Vor allem der öffentliche Nahverkehr war betroffen.
    Reformen als Voraussetzung für weitere Finanzhilfen
    Das Parlament debattiert das ganze Wochenende über die Reform und soll am späten Abend darüber abstimmen. Die Reform ist Teil der Sparmaßnahmen, die der Internationale Währungsfonds (IWF) und die EU im Gegenzug für Finanzhilfen für das hoch verschuldete Griechenland fordern.
    Morgen entscheiden die Finanzminister der Eurozone darüber, ob sie weitere Hilfszahlungen an Griechenland freigeben; im Rahmen des Kreditpakets in Höhe von 86 Milliarden Euro, auf das sich Griechenland im Juli 2015 mit den Euro-Staaten geeinigt hatte. Nach ersten Auszahlungen bis Ende vergangenen Jahres sind nun noch 60 Milliarden Euro übrig, die schrittweise bis August 2018 an Athen ausgezahlt werden können. Der IWF hat noch nicht über seine Beteiligung an diesem Kredit entschieden.
    Europa-Politiker zeigen sich zuversichtlich
    Bei der nächsten Tranche handelt es sich um 5,4 Milliarden Euro. Sowohl Eurogruppen-Chef Dijsselbloem als auch EU-Kommissionspräsident Juncker hatten sich optimistisch gezeigt, dass Griechenland seine Ziele bei der Erfüllung der Spar- und Reformauflagen erreicht - die erste formelle Überprüfung der griechischen Fortschritte ist jedoch noch nicht abgeschlossen.
    Finanzminister Tsakalotos forderte seine Kollegen der Eurogruppe auf, den Reformkurs seines Landes zu unterstützen. Im griechischen Parlament zeichnete sich nur eine knappe Mehrheit für die Reform ab. Lediglich die Koalition aus der linken Syriza und den rechtspopulistischen Unabhängigen Griechen (Anel) wollte dafür stimmen - gemeinsam stellen die beiden Parteien 153 von 300 Abgeordneten. Die von der konservativen Nea Dimokratia dominierte Opposition hat angekündigt, mit Nein zu stimmen.
    Tsipras: Reformen notwendig, um Zusammenbruch zu verhindern
    Regierungschef Alexis Tsipras hatte im Vorfeld versichert, dass die Ärmsten nicht unter den Reformen leiden würden. Er bezeichnete die Rentenreform als notwendige Maßnahme, um "einen Zusammenbruch des Systems in einigen Jahren" zu verhindern. In der Parlamentsdebatte sicherte gestern auch Finanzminister Tsakalotos zu, die Bezieher niedriger Einkommen zu schützen.
    Neben den geplanten Reformen pocht Athen darauf, dass die Euroländer nach Abschluss der ersten Überprüfung ihre Zusage aus dem vergangenen Sommer einlösen, über Schuldenerleichterungen zu sprechen.
    (vic/ach)