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Griechenland
Tsipras beantragt neues Geld aus Eurorettungsschirm

Griechenland verlangt ein weiteres Hilfspaket. Ministerpräsident Alexis Tsipras sagte bei einer Rede im Europaparlament in Straßburg, sein Land habe eine entsprechende Mitteilung beim Eurorettungsschirm ESM eingereicht. Renommierte Ökonomen mahnen unterdessen einen Schuldenschnitt für Athen an.

    Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras im Europaparlament.
    Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras im Europaparlament. (picture alliance / EPA / Patrick Seeger)
    Ein Sprecher von Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem teilte über Twitter mit, der griechische Hilfsantrag werde noch heute von der Arbeitsgruppe der Eurostaaten geprüft. Eine zunächst geplante Telefonkonferenz der Euro-Finanzminister werde es nicht geben. Nach Angaben eines Vertreters der Euro-Zone hat Athen einen über drei Jahre laufenden Kredit beantragt. Ein konkretes Volumen sei nicht genannt worden.
    In seiner von Tumulten begleiteten Rede zeigte der griechische Ministerpräsident Alexis im EU-Parlament Reformwillen und Zuversicht. Er kündigte an: "Die griechische Regierung wird morgen neue konkrete Vorschläge übermitteln, glaubhafte Reformen für eine faire und dauerhafte Lösung." Er verlangte eine dauerhafte Lösung im Streit mit den internationalen Geldgebern. "Arbeitnehmer und Rentner können keine zusätzlichen Lasten akzeptieren." Die bisherigen Programme "kamen nicht beim Volk an. Mit keiner Reform wurde die Funktionsfähigkeit der Staatsmaschine verbessert."
    Tusk mahnt Einigung an
    EU-Ratspräsident Donald Tusk warnte vor dem Parlament vor einem Staatsbankrott Griechenlands und einem Zusammenbruch des Bankensystems. Um das zu verhindern, müssten sich beide Seiten rasch einigen. "Ich rufe alle Verantwortlichen auf, einen Konsens zu finden", sagte Tusk.
    Der Euro-Sondergipfel hatte Athen in der Nacht eine letzte Frist bis Sonntag gesetzt, um einen Kompromiss zu erreichen. Das französische Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank, Christian Noyer, erklärte, wenn es nicht bald eine Perspektive für eine Übereinkunft gebe, müsse die Europäische Zentralbank die Nothilfen für die griechischen Banken beenden.
    Widerstand gegen weitere Sparpolitik
    In einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel hatten fünf renommierte Ökonomen einen Schuldenschnitt für Griechenland gefordert. Der französische Wirtschaftsprofessor Thomas Piketty und seine Kollegen halten die Sparpolitik der Euroländer für gescheitert. So sieht es auch der französische Europaabgeordnete Jean-Luc Mélenchon von der Linkspartei. Auch er gab Deutschland daran im Deutschlandfunk eine besondere Schuld. Er forderte, Griechenland ähnlich entgegenzukommen wie Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg. Ähnlich äußerte sich der Grünen-Europa-Abgeordnete Reinhard Bütikofer, der Schuldenerleichterungen für Griechenland forderte. "Es ist falsch, sich jetzt auf diese Sparfragen zu fokussieren", sagte Bütikofer im Deutschlandfunk. Griechenland dürfe sich nicht ins Wachstum hineinschrumpfen.
    Der Chef der CDU-Mittelstandsvereinigung, Carsten Linnemann, nannte die Rettungsschirm-Politik im Deutschlandfunk gescheitert. Er forderte eine Insolvenzordnung für Staaten. Diese müsse das Ziel haben, Krisenländern einige Jahre Zeit für die Sanierung zu geben. Zudem müsse sie einen geordneten Austritt aus dem Euro vorsehen.
    (stfr/hba/tön)