Es ist Tradition in Griechenland: Jedes Jahr hält der Ministerpräsident auf der Internationalen Messe in Thessaloniki eine programmatische Rede zur Wirtschaftspolitik. Diese Bühne nutzte am Samstagabend auch Alexis Tsipras.
Griechenland befinde sich an einem Wendepunkt. Nach fünf katastrophalen Jahren unter seinen Vorgängern von der sozialdemokratischen Pasok und der konservativen Nea Dimokratia.
"Wir befinden uns jetzt genau an dem Punkt, wo unsere Wirtschaft die Rezession hinter sich lässt und wir endlich in die positive Richtung unterwegs sind, zum Wachstum."
Fünfjahresplan soll Aufschwung bringen
Mithilfe eines Fünfjahresplans für öffentliche Investitionen will Tsipras Griechenland zu einem Wirtschaftsaufschwung führen, von dem alle Griechen profitieren.
Mit Hohn reagierte die größte Oppositionspartei auf die Ankündigung. Es sei ein schlechter Witz, dass ausgerechnet der Ministerpräsident Investitionen und Wachstum bringen möchte, der für die schlimme Lage der Wirtschaft verantwortlich ist, so die Mitteilung aus der Parteizentrale der konservativen Nea Dimokratia.
In der kommenden Woche wird Kyriakos Mitsotakis die Gegenrede halten – traditionell ebenfalls auf Messe in Thessaloniki. In einem Interview mit dem regierungskritischen Fernsehsender Skai beschrieb sich der Chef der Nea Dimokratia in der vergangenen Woche als ganz anderen Herausforderer.
"Ich werde die schlechte Gewohnheit anderer Oppositionsführer nicht wiederholen, allen alles Mögliche zu versprechen, und diese Versprechen dann nicht einlösen zu können, wenn man die Macht gekommen ist."
Das war natürlich vor allem auf Alexis Tsipras gemünzt. Aber Kyriakos Mitsotakis, verspricht, dass er es besser machen würde. Schon seit Monaten fordert der Sohn des früheren Ministerpräsidenten Konstantinos Mitsotakis den Rücktritt der Regierung, die er als unfähig und korrupt bezeichnet.
In einer großen Pressekonferenz am Sonntagmittag machte sich Alexis Tsipras über den Oppositionsführer lustig. Wie seine Vorgänger an der Parteispitze versuche er, die Syrizaregierung als Episode darzustellen, aber diese "Episode" werde noch eine ganze Weile andauern.
Opposition fordert Neuwahlen
"Mitsotakis sitzt in der Klemme mit dieser Episodengeschichte und der Forderung nach Neuwahlen. Das wird Tag für Tag lächerlicher."
Selbstbewusst und gelassen scheint Tsipras den kommenden Monaten entgegenzublicken. Dabei wächst der Druck auf seine Regierung wieder. Sie sei mit den Reformen in Verzug, heißt es von Seiten der internationalen Geldgeber; die nächste Kontrolle des bisher Erreichten steht an. Sollte es der Regierung nicht gelingen, den vorgegebenen Primärüberschuss im Staatshaushalt zu erzielen, muss sie weitere schmerzhafte Sparbeschlüsse umsetzen.
In den letzten Monaten hat die Zustimmung zu Tsipras‘ Kurs dramatisch abgenommen. Nur noch 17,5 Prozent der Wähler würden für seine linke Syriza stimmen; im Vergleich zu den letzten Wahlen vor knapp einem Jahr hat sich der Stimmenanteil halbiert. Deswegen beschwört der Ministerpräsident den kommenden Aufschwung – und die bevorstehende Senkung der griechischen Schuldenlast. Darauf habe sein Land ein Recht. Schließlich seien die meisten Auflagen aus dem dritten Reformprogramm erfüllt, sagte der Ministerpräsidentvor der versammelten griechischen Presse.
"Die Regeln müssen eingehalten werden. Von unserer Seite haben wir die Anforderungen erfüllt. Aber jetzt müssen unsere Partner auch ihre Versprechen einlösen."
Um seine Führungsstärke zu demonstrieren, greift Tsipras auch gern auf ein altes Thema zurück – und fordert von Deutschland Reparationen für die im Zweiten Weltkrieg begangenen Verbrechen.
Neuerdings hebt er auch seine Rolle als wichtiger internationaler Player hervor – und erfolgreicher Gastgeber des ersten Gipfels der EU-Mittelmeeranrainer. Den Frust seiner Mitbürger über immer höhere Steuern und Abgaben wird er damit nicht vertreiben können. Die Kürzungen – von Tsipras lange vehement bekämpft – sind jetzt eben auch seine Politik.