Im Wartebereich der griechischen Asylbehörde: Unter einer großen Zeltplane stehen bunte Bänke. Auf den gelben zum Beispiel sitzen Asylbewerber, die ihren Erstantrag stellen, die roten sind für die Interviews, die über den Asylantrag entscheiden. Idris aus Syrien wartet mit seiner Frau auf das Gespräch mit einem Mitarbeiter der Behörde.
Seit zehn Jahren lebt er in Griechenland, bis 2010 hatte er Arbeit. Doch dann kam die Krise und er schlug sich mit Gelegenheitsjobs durch. Erst vor einigen Monaten hat er Asyl beantragt - und will, wenn es klappt, möglichst weiterziehen:
"Wir wollen uns etwas Neues aufbauen und nach Deutschland oder Dänemark gehen. In Griechenland gibt es keine Arbeit." Und wenn es welche gäbe?, fragen wir. "Dann würden wir hier bleiben."
Ein Asylrecht, das den Namen auch verdient, gibt es in Griechenland erst seit zweieinhalb Jahren. Da nahm die Asylbehörde ihre Arbeit auf. Zwischen 1.000 und 1.200 Menschen pro Monat haben in diesem Jahr hier Asyl beantragt. 2014 waren die Zahlen etwas niedriger. Etwa die Hälfte der Bewerber wird anerkannt, sagt Maria Stavropoulou, die Leiterin der Behörde:
"Früher war das viel schwieriger. Die Anerkennungsquote lag bei einem Prozent. So niedrig, dass natürlich der Eindruck entstand, das Verfahren sei nicht richtig fair. Das war der Grund dafür, warum eine völlig neue Asylbehörde aufgebaut wurde."
"Was passiert mit den Flüchtlingen, die nicht ins Programm passen?"
Eine Mitarbeiterin teilt einem iranischen Flüchtling mit, dass sein Asylantrag erfolgreich war - und wie es jetzt weiter geht. Ein Übersetzer ist beim Gespräch dabei. Die Atmosphäre ist freundlich. Aber wenn ihr Asylantrag genehmigt ist, sind die Probleme nicht zu Ende. Dieser Mann hat keinen festen Wohnsitz, findet keine Arbeit und leidet unter einer psychischen Krankheit.
Bisher sind die Belastungen für das griechische Asylsystem überschaubar. Die meisten Flüchtlinge wollen weiter nach Nordeuropa und dort Asyl beantragen. Aber die Zahl der Menschen, die nach Griechenland kommen, hat in diesem Jahr dramatisch zugenommen.
Nach den Beschlüssen der europäischen Staats- und Regierungschefs werden rund 66.000 Flüchtlinge, die in Griechenland angekommen sind, auf andere Länder verteilt. Der Beginn eines neuen, solidarischeren Asylsystems in der EU, meint Maria Stavropoulou, die früher für das UN-Flüchtlingshilfswerk gearbeitet hat. Aber der Kompromiss reiche bei Weitem nicht:
"So wie die Verteilung jetzt organisiert ist, wird eine Frage nicht beantwortet: Was passiert mit all den anderen Flüchtlingen, die nicht in das Programm passen? Im Moment kommt nur einer von 15 Flüchtlingen für das Programm infrage. 33.000 Flüchtlinge werden pro Jahr maximal an die anderen Mitgliedsländer verteilt. So viele Menschen erreichen Griechenland derzeit in drei Tagen."
Grenzschließungen in Nordeuropa hätten schwerwiegende Folgen
Immerhin werden heute die ersten Flüchtlingsfamilien aus Griechenland nach Luxemburg geflogen. Die Auswahl trifft die Asylbehörde gemeinsam mit Hilfsorganisationen wie dem UNHCR. Die Kriterien: Es muss sich um anerkannte Flüchtlinge handeln und sie müssen besonders bedürftig sein - Familien mit kleinen Kindern, Alleinerziehende oder alte, gebrechliche Menschen.
Aber auch alle anderen Flüchtlinge brauchen einen Platz, wo sie bleiben können. Nur mit einem völlig neuen Ansatz wird sich das Flüchtlingsproblem lösen lassen, ist Behördenchefin Stavropoulou überzeugt. Denn politisches Asyl kenne keine Grenzen:
"Wenn diese Menschen als Flüchtlinge zu uns kommen, müssen sie beschützt werden. Die einzige Hoffnung ist, dass es gelingt, eine Logik in das europäische Asylsystem zu bringen. So kann es jedenfalls nicht weiter gehen."
Wenn dagegen immer mehr Länder im Norden ihre Grenzen dicht machten, hätte das schwere Folgen für ihr Land. Griechenland müsste dann viel mehr Menschen aufnehmen als es verkraften kann - in einer wirtschaftlich ohnehin äußerst schwierigen Situation.