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Griechenland und die Flüchtlinge
Von den EU-Partnern allein gelassen

Der Flüchtlingsstrom reißt nicht ab, viele Menschen bezahlen immer wieder mit ihrem Leben. Auch in Griechenland landen jeden Tag Boote mit Hunderten Menschen. Von den Inseln werden die Flüchtlinge nach Athen gebracht. Dort allerdings sind sie dann sich selbst überlassen. Die neue Regierung will jetzt einiges ändern.

Von Jerry Sommer |
    Erst vor ein paar Tagen sind auf der kleinen griechischen Insel Gavros südlich von Kreta 140 Migranten gelandet. Die meisten kamen aus Somalia und aus dem Sudan. 40 Kinder waren darunter. Gavros hat nur 60 Einwohner. Sie haben die Flüchtlinge versorgt, so gut sie konnten. In einem Radio-Interview berichtete der Inselbewohner Wassilis Tsournaras:
    "Wir haben ihnen zu essen gegeben, wir haben ein paar Schafe geschlachtet".
    In Gavros war die Ankunft der Flüchtlinge bisher eine Ausnahme – auf den griechischen Inseln in der Nähe der Türkei ist das Alltag. In Leros zum Beispiel sind in den vergangenen Wochen 500 Flüchtlinge angekommen – vorwiegend aus Syrien und dem Irak. In leerstehenden Häusern wurden die Männer, Frauen und Kinder notdürftig untergebracht. Sie mussten auf dem Fußboden schlafen, Kleidung und Essen erhielten sie vom Roten Kreuz und der Kirche.
    Flüchtlinge aus Kriegsgebieten dürfen nicht ausgewiesen werden. Diese erhalten von der Polizei eine vorläufige Aufenthaltserlaubnis für sechs Monate. Andere beantragen Asyl. Wieder andere erhalten einen Bescheid, dass sie innerhalb eines Monates Griechenland verlassen müssen.
    70 Prozent der Flüchtlinge in der Ägais kommen aus Syrien. Einer von ihnen ist der 28-jährige Ali Ouasin:
    "In unserem sieben Meter langen Schlauchboot waren wir 40 Menschen. Nun warten wir darauf, dass wir von der Regierung ein Papier erhalten. Darin steht, dass wir innerhalb eines Monats ausreisen oder Asyl beantragen müssen. Ich glaube nicht, dass jemand in die Türkei zurückgeht. Einige werden versuchen weiter nach Europa zu gelangen. Was ich machen werde, weiß ich nicht."
    Von den Inseln werden die Flüchtlinge nach Athen gebracht. Dort allerdings sind sie dann sich selbst überlassen. Geeignete Unterkünfte gibt es nicht. Eigentlich wollte sich die Vorgänger-Regierung kümmern. 2.500 zusätzliche Plätze hätte sie versprochen, doch dieses Versprechen nicht gehalten, sagt die Migrationsministerin Tasa Christodoulopoulou:
    "Wir können weder in normalen Zeiten noch in Notstandssituationen die Flüchtlinge unterbringen. Deshalb haben wir die Gemeinden erst einmal aufgefordert, uns Orte und Gebäude mitzuteilen, in denen Flüchtlinge einquartiert werden können."
    Flüchtlinge sind meist auf sich alleingestellt
    Die neue linksgeführte griechische Regierung reagiert bisher ziemlich hilflos auf die neue Flüchtlingswelle. Der Hauptgrund ist, dass kein zusätzliches Geld aus dem klammen Staatshaushalt zur Verfügung steht. Die Ministerin will sich zwar um weitere Gelder aus EU-Programmen bemühen, doch dies brauche seine Zeit. Dabei drängt das Problem. Ein umfassendes Programm zum Umgang mit Flüchtlingen ist in der Regierung bisher auch nicht diskutiert worden. Die Ministerin will sich aber in der EU für die Veränderung der geltenden Richtlinien einsetzen.
    "Wir möchten, dass Flüchtlinge in der EU proportional verteilt werden auf die einzelnen Länder. Denn Länder wie Griechenland, Italien und Malta stehen unter einem viel größeren Druck als die nördlichen EU-Länder."
    Als eine der ersten Maßnahmen hat die Syriza-geführte Regierung die unmenschlichen und ungesetzlichen Bedingungen geändert, die in geschlossenen Aufenthaltslagern für Flüchtlinge ohne gültige Papiere existierten. Diese waren völlig überbelegt, die ärztliche Versorgung ungenügend. Jetzt sind etwa die Hälfte der 3.500 ehemaligen Insassen entlassen worden. Sie erhielten eine sechsmonatige Aufenthaltserlaubnis. Wie die neuankommenden Flüchtlinge müssen sie sich aber fast ohne jegliche staatliche Hilfe durchschlagen. Gemeinnützige Organisationen wie das Rote Kreuz, die Kirche und "Ärzte der Welt" versuchen, mit kostenloser medizinischer Betreuung und Armenspeisungen die schlimmste Not zu lindern.
    In Zukunft sollen alle neuankommenden Flüchtlinge einen Fragebogen ausfüllen. Darin soll vermerkt werden, welche Sprache sie sprechen, welche Ausbildung sie haben und wo sie in der EU Verwandte besitzen. Diese konkreten Informationen will die Ministerin bei der nächsten EU-Innenministerkonferenz überreichen:
    "Dann muss ich nicht allgemein von einer Lastenteilung reden, sondern kann konkret sagen: Wir haben 50 Flüchtlinge, die in Berlin, Frankfurt, Paris oder Kopenhagen Verwandte besitzen, die sie unterstützen können, während sie bei uns auf der Straße leben müssen."