Ein Treffen der "Volksversammlung Gyzi". Der Raum ist nur mit dem Nötigsten ausgestattet: Ein altes Sofa, ein paar Stühle, ein kleiner Kühlschrank. An den Wänden hängen Plakate von Protestaktionen und Demos. Es ist heiß und stickig in den Räumen der Bürgerinitiative, die gegen die griechischen Sparmaßnahmen kämpft.
Etwa ein Dutzend Leute sind gekommen. Giorgia Mouriki informiert die Gruppe über die Aktionen der nächsten Tage. Ein Anwohner, dessen Wohnung zwangsversteigert wird, habe sie um Hilfe gebeten:
"Viele Leute glauben immer noch, dass nur die Häuser der Reichen unter den Hammer kommen oder von denen, die ihre Kredite nicht abbezahlen. Das ist ein Märchen, das die Regierung gerne erzählt, aber die Realität sieht anders aus."
Etwa ein Dutzend Leute sind gekommen. Giorgia Mouriki informiert die Gruppe über die Aktionen der nächsten Tage. Ein Anwohner, dessen Wohnung zwangsversteigert wird, habe sie um Hilfe gebeten:
"Viele Leute glauben immer noch, dass nur die Häuser der Reichen unter den Hammer kommen oder von denen, die ihre Kredite nicht abbezahlen. Das ist ein Märchen, das die Regierung gerne erzählt, aber die Realität sieht anders aus."
"Jeder könnte der nächste sein"
Jetzt müsse schnell eine Protestaktion organisiert werden, Flugblätter verteilt werden, sagt die Aktivistin, während sie die Tür zur Straße aufmacht, um zu lüften.
"Es werden auch viele kleine Wohnungen zwangsversteigert. Der Mann, der uns um Hilfe gebeten hat, der hat seine Bank mehrmals angeschrieben, er hat alle Briefe aufgehoben und die Bank hat ihm nie geantwortet."
Dimitris, ein 36-jähriger Ingenieur, hört Georgia aufmerksam zu. Es sei nur eine Frage der Zeit gewesen, bis es soweit kommt, sagt er:
"Seit den Sparauflagen haben wir eine Politik, die nur in eine Richtung geht und die heißt Bankenrettung und nicht Rettung der Bürger. Eine Vorgabe der Europäischen Union. Keine griechische Regierung kann sich da widersetzen und sich gegen die Versteigerungen stellen. Aber wir können da nicht tatenlos zusehen. Jeder von uns könnte der nächste sein."
"Es werden auch viele kleine Wohnungen zwangsversteigert. Der Mann, der uns um Hilfe gebeten hat, der hat seine Bank mehrmals angeschrieben, er hat alle Briefe aufgehoben und die Bank hat ihm nie geantwortet."
Dimitris, ein 36-jähriger Ingenieur, hört Georgia aufmerksam zu. Es sei nur eine Frage der Zeit gewesen, bis es soweit kommt, sagt er:
"Seit den Sparauflagen haben wir eine Politik, die nur in eine Richtung geht und die heißt Bankenrettung und nicht Rettung der Bürger. Eine Vorgabe der Europäischen Union. Keine griechische Regierung kann sich da widersetzen und sich gegen die Versteigerungen stellen. Aber wir können da nicht tatenlos zusehen. Jeder von uns könnte der nächste sein."
Online-Verfahren beschleunigt Zwangsversteigerungen
Noch vor wenigen Monaten hätten Dimitris, Georgia und ihre Mitstreiter die Zwangsversteigerung gestürmt oder den Eingang zum Amtsgericht blockiert. Tatsächlich waren solche Proteste landesweit erfolgreich und bewirkten, dass die Notare sich eine Zeit lang weigerten, Versteigerungen überhaupt durchzuführen.
Die Notare gingen erst wieder an die Arbeit, als die Regierung auf ein Online-Verfahren umstellte und Polizisten vor den Notar-Büros postierte. Dort protestieren sie noch manchmal, erzählt Georgia. Denn der Kampf gegen die Sparauflagen sei mit dem Ende des Reformprogramms noch nicht vorbei. Aber wegen der vielen Polizisten kämen immer weniger Teilnehmer. Dass die Zwangsversteigerungen nun online stattfinden, beschleunige das Ganze.
"Jetzt geht alles viel schneller: Früher, als die Zwangsversteigerungen noch am Amtsgericht stattfanden, kamen vielleicht eine oder zwei Immobilien am Tag unter den Hammer. Jetzt können per Tastendruck 50 oder 100 Versteigerungen gleichzeitig durchgeführt werden."
Die Notare gingen erst wieder an die Arbeit, als die Regierung auf ein Online-Verfahren umstellte und Polizisten vor den Notar-Büros postierte. Dort protestieren sie noch manchmal, erzählt Georgia. Denn der Kampf gegen die Sparauflagen sei mit dem Ende des Reformprogramms noch nicht vorbei. Aber wegen der vielen Polizisten kämen immer weniger Teilnehmer. Dass die Zwangsversteigerungen nun online stattfinden, beschleunige das Ganze.
"Jetzt geht alles viel schneller: Früher, als die Zwangsversteigerungen noch am Amtsgericht stattfanden, kamen vielleicht eine oder zwei Immobilien am Tag unter den Hammer. Jetzt können per Tastendruck 50 oder 100 Versteigerungen gleichzeitig durchgeführt werden."
Die neuen Obdachlosen der Krise
Kein Wunder, dass die Geldgeber diejenigen waren, die die Umstellung auf das Online-Verfahren gefordert haben, erzählt der 55-jährige Gymnasiallehrer Nikos. Er selbst habe zwar keine Eigentumswohnung, doch er fühlt mit den Betroffenen mit, sagt er. Mit seinen 800 Euro Monatsgehalt habe er selber oft Schwierigkeiten, die Miete zu bezahlen. Er könne jederzeit auf der Straße landen – auch ohne Kredit:
"Die Gesellschaft befindet sich im Ausnahmezustand. Wir sehen Leute, die im Athener Stadtzentrum auf den Parkbänken und vor den Hauseingängen schlafen und im Abfall nach Essen suchen. In Griechenland ist das ein neues Phänomen. Und doch ist es mittlerweile normal geworden."
Georgia Mouriki, die den Protest gegen die kommende Zwangsversteigerung koordiniert, nickt traurig. "Neo-astegi", "Neo-Obdachlose" – so heißen die Menschen, die wegen der Krise ihr Zuhause verlieren.
Neo-Obdachlos: Das könnte auch sie bald sein. Dabei lief vor einigen Jahren noch alles gut: Sie und ihr Mann Panagiotis, ein gelernter Koch, waren selbstständig, hatten ihr eigenes Restaurant. Damit ihnen die Bank einen Kredit in Höhe von 20.000 Euro gibt, mussten sie eine Hypothek auf ihre Eigentumswohnung aufnehmen: "57 Quadratmeter, nix Großes", sagt Georgia.
Und es klingt fast so, als entschuldigt sie sich für die Wohnung. Das Geld haben sie ins Restaurant gesteckt. Mit der Krise mussten sie den Laden schließen, und blieben letztendlich auf den Schulden sitzen.
"Ich arbeite nun in einem Uhrengeschäft, da bekomme ich monatlich weniger als 500 Euro. Und mein Mann findet als Koch nur noch im Sommer Arbeit. Wir müssen uns entscheiden: Entweder begleichen wir eine Rechnung, zahlen eine Rate oder wir kaufen uns was zu essen. Alles geht nicht. "
"Die Gesellschaft befindet sich im Ausnahmezustand. Wir sehen Leute, die im Athener Stadtzentrum auf den Parkbänken und vor den Hauseingängen schlafen und im Abfall nach Essen suchen. In Griechenland ist das ein neues Phänomen. Und doch ist es mittlerweile normal geworden."
Georgia Mouriki, die den Protest gegen die kommende Zwangsversteigerung koordiniert, nickt traurig. "Neo-astegi", "Neo-Obdachlose" – so heißen die Menschen, die wegen der Krise ihr Zuhause verlieren.
Neo-Obdachlos: Das könnte auch sie bald sein. Dabei lief vor einigen Jahren noch alles gut: Sie und ihr Mann Panagiotis, ein gelernter Koch, waren selbstständig, hatten ihr eigenes Restaurant. Damit ihnen die Bank einen Kredit in Höhe von 20.000 Euro gibt, mussten sie eine Hypothek auf ihre Eigentumswohnung aufnehmen: "57 Quadratmeter, nix Großes", sagt Georgia.
Und es klingt fast so, als entschuldigt sie sich für die Wohnung. Das Geld haben sie ins Restaurant gesteckt. Mit der Krise mussten sie den Laden schließen, und blieben letztendlich auf den Schulden sitzen.
"Ich arbeite nun in einem Uhrengeschäft, da bekomme ich monatlich weniger als 500 Euro. Und mein Mann findet als Koch nur noch im Sommer Arbeit. Wir müssen uns entscheiden: Entweder begleichen wir eine Rechnung, zahlen eine Rate oder wir kaufen uns was zu essen. Alles geht nicht. "
Leerstehende Wohnungen als Lösung?
Das Vollstreckungsschreiben der Bank ist schon längst ins Haus geflattert, sagt Georgia. Sie und ihr Mann haben Einspruch eingelegt, um etwas Zeit zu gewinnen. Doch wie lange sie noch in ihrer Zweizimmerwohnung bleiben können, wissen sie nicht.
Die 49-Jährige wirkt niedergeschlagen, wischt sich den Schweiß von der Stirn. Sie mache sich vor allem Sorgen um ihre minderjährige Tochter, sagt sie. Eine andere Wohnung gibt es nicht, auch kein altes Haus im Dorf, in das die Familie ziehen könnte. Sie sieht nur eine Lösung:
"Ich überlege, die leerstehenden Wohnungen in Athen abzuklappern. Vielleicht finde ich ja einen Eigentümer, der bereit wäre, uns seine Wohnung gegen eine geringe Miete zur Verfügung zu stellen, sodass er nicht auf der Immobiliensteuer sitzen bleibt, die er ja sowieso bezahlen muss. Und wir passen im Gegenzug auf seine Wohnung auf. Eine Semi-Besetzung des Hauses, quasi. Eine andere Lösung sehe ich nicht."
Die 49-Jährige wirkt niedergeschlagen, wischt sich den Schweiß von der Stirn. Sie mache sich vor allem Sorgen um ihre minderjährige Tochter, sagt sie. Eine andere Wohnung gibt es nicht, auch kein altes Haus im Dorf, in das die Familie ziehen könnte. Sie sieht nur eine Lösung:
"Ich überlege, die leerstehenden Wohnungen in Athen abzuklappern. Vielleicht finde ich ja einen Eigentümer, der bereit wäre, uns seine Wohnung gegen eine geringe Miete zur Verfügung zu stellen, sodass er nicht auf der Immobiliensteuer sitzen bleibt, die er ja sowieso bezahlen muss. Und wir passen im Gegenzug auf seine Wohnung auf. Eine Semi-Besetzung des Hauses, quasi. Eine andere Lösung sehe ich nicht."