Die Drohung steht im Raum: 60.000 griechische Unternehmen könnten abwandern, sollten sich die Rahmenbedingungen im Krisenland Griechenland nicht verbessern. Die Drohung des griechischen Arbeitgeberpräsidenten Korkidis war in bulgarischen Medien nachzulesen. Und das ist kein Zufall.
"Alleine Ende Juli wurden acht Immobiliengeschäfte in der Kleinstadt Goze Deltschev an der Grenze abgeschlossen – Käufer waren griechische Unternehmer."
Berichtet Wassil Welew vom bulgarischen Arbeitgeberverband. Nicht erst, seit die Regierung in Athen wochenlang Banken geschlossen hat und die Kapitalflüsse stärker kontrolliert, eröffnen Griechen Konten und Firmen im Nachbarland Bulgarien. Krassen Stantschew vom Sofioter Institut für Marktwirtschaft sagt:
"In den letzten Monaten werden vor allem in den Grenzregionen verstärkt Bankkonten eröffnet und griechische Firmen registriert. Aber dieser Prozess läuft bereits seit 2009", sagt er. "Seit dieser Zeit gibt es auch immer mehr griechische Unternehmen in Bulgarien."
Bessere Rahmenbedingungen und niedrige Steuern
Der Wirtschaftsexperte rechnet vor: Vor der Krise, die vor fünf Jahren begann, gab es etwa 1.500 griechische Unternehmen in Bulgarien. Jetzt sind es zehnmal so viele, etwa 14.000. Zusammen schaffen sie gut 70.000 Arbeitsplätze. Vor allem im Bereich Tourismus, Handel, Immobilien und Finanzvermittlung sind die Griechen aktiv. Attraktiv ist Bulgarien wegen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, erklärt Stantschew.
"Die normalen Menschen und die Unternehmer haben früher als die Gläubiger gespürt, dass Griechenland faktisch bankrott ist. Das hat sich nach 2010 verstärkt. Das Bankensystem in Bulgarien dagegen ist stabil, die Kapitaldecke der Banken doppelt so dick wie im EU-Durchschnitt. Ein weiterer Faktor sind die Steuern. Die Bedingungen hier sind vergleichsweise transparent, verglichen mit den griechischen, und die Steuern niedrig: 10 Prozent Einkommens- und Körperschaftssteuer und das schon seit 2008."
Ein Unternehmer muss für 50.000 Euro Gewinn in Bulgarien etwa 10.000 Euro Steuern weniger bezahlen als in Griechenland. Ein schlagkräftiges Argument, das viele ihre Geschäfte nach Bulgarien verlegen lässt. Vom ganz großen Geld allerdings profitiert das Balkan-Land nicht, meint Lewon Hamparzumjan, Hauptgeschäftsführer der UniCreditBulbank, der größten Bank des Landes.
"Das große griechische Kapital, das vor der Einführung der Kapitalkontrollen aus Griechenland abgeflossen ist, fließt woanders hin: in die großen Finanzzentren und Off-shore-Zonen, nicht nach Bulgarien."