Der Blick vom Präsidentenpalast in Nikosia ist beeindruckend - hinunter auf die geteilte Stadt und hinüber auf die türkische Seite. "türkisch besetzt" heißt es korrekt auf Griechisch-zyprisch. Jeden Tag muss der Präsident der Republik Zyperns einen besonders guten Blick auf die riesige türkische Flagge ertragen, die auf die Bergzüge gegenüber gemalt ist. Und sein Regierungssprecher Nikos Christodoulides sagt im Interview mit dem ARD-Hörfunk, warum die jüngsten Verhandlungen über eine Wiedervereinigung Zyperns in der Schweiz wieder kein schnelles Ergebnis bringen konnten:
"Im Jahr 2017 können es unsere Mitbürger im Süden einfach nicht akzeptieren, wenn ein drittes Land außerhalb Zyperns Souveränität verspricht - und dann gleichzeitig eine ganze Armee hier stationiert - das geht nicht, besonders, wenn es sich dabei um die Türkei handelt."
Am Ende, so lässt es der Sprecher der konservativen griechisch-zyprischen Regierung immer wieder anklingen, seien es die auf Zypern stationierten türkischen Soldaten, die die Verhandlungen vermutlich noch lange Zeit stocken lassen werden. Ob es 35.000 sind oder doch 40.000, wie andere Schätzungen sagen, spielt dabei fast keine Rolle mehr. Klar ist für Südzypern, dass es bei den Verhandlungen kräftige Unterstützung auch aus Deutschland braucht, um sie voranzubringen:
"Bundeskanzlerin Merkel - und, wie ich jetzt höre, ihr Konkurrent Martin Schulz, der die Zypern-Frage aus seiner Zeit als EU-Parlamentspräsident sehr gut kennt - beide können dazu beitragen, das Zypern Problem zu lösen."
Prognosen zu Erdogans Verhalten sind schwierig
Nach außen hin zumindest gibt sich die griechisch-zyprische Regierung optimistisch, dass der Streit um die neue Gebietsaufteilung, die Frage der Entschädigung für begangenes Unrecht während der blutigen Teilung 1974 - und viele andere wichtige Details bei den Verhandlungen zu lösen sind. Am Ende bleibt die wichtigste Frage: Wird der türkische Präsident Erdogan seinen mächtigen Arm in Zypern lockern, oder nicht. Johannes Dahl, der Leiter des Goetheinstituts in Nikosia, tut sich nicht leicht mit seiner Analyse - obwohl er räumlich gesehen mit seinem Institut ja neutral in der Pufferzone zwischen Nord und Süd in Nikosia sitzt:
"Es ist ganz schwer, Prognosen zu machen in Bezug auf das Verhalten von Herrn Erdogan. Es könnte ein Faktor dort eine Rolle spielen. Das ist, dass es seiner internationalen Reputation sehr nützen würde, wenn er eine Lösung von türkischer Seite konstruktiv unterstützen würde. Es kann aber auch so sein, dass die Distanz zur EU zu groß geworden ist, dass es ihm egal ist, was die EU über ihn denkt - und er die harte Linie fährt".
Hätten es die jungen Zyprer auf beiden Seiten zu entscheiden, dann hätten wir längst eine Lösung - so sagen es Menschen wie Nick, der als junger griechischer Zyprer vor allem eines will - ein normales Leben ohne Mauer in ihrer Heimat, in der letzten geteilten Hauptstadt der Welt:
"Unsere Regierung will ihr Land zurück, richtig - aber was ich glaube, was schnell passieren muss: Wir sollten die Mauer einreisen und harmonisch zusammenleben, alles andere ist Nonsens."
Am Ende müssen die Menschen entscheiden
Und der Südzyprer sagt das an einem dieser Wochenenden, an denen er mit Pass und guten Freunden durch die Ledra-Straße vom Süd in den Nordteil der Stadt schlendert, und ein bisschen so tut, als sei das Leben hier schon friedlich normal.
Und wie wird es nun mit den Verhandlungen der Unterhändler weitergehen? Regierungssprecher Christodoulides unterstreicht, dass beide Inselteile am Ende in getrennten Volksabstimmungen Ja zum Wiedervereinigungskonzept der Politiker und Diplomaten sagen müssen: Nur dann kann es ein neues Zypern geben, ohne Zäune und Mauer:
"Die Zyprer - griechische und türkische - sie warten jetzt, bis sie den endgültig ausgehandelten Plan vor sich haben. Und wenn sich die politischen Führer beider Seiten einig sind, dann brauchen wir etwa sechs Monate, um über alle Einzelheiten ausreichend aufzuklären. Nur dann können die Leute abstimmen. Nur die beiden Volksgruppen werden entscheiden - niemand sonst."