Er wird oft als "Meister der kleinen Form" gerühmt, und das zu Recht! Seine größer dimensionierten Werke sind weniger im Bewusstsein. Und das zu Unrecht! Edvard Griegs einziges vollendetes Streichquartett in g-Moll hat zum Beispiel einen recht ausgedehnten, aber immer spannenden Kopfsatz. Dieser und das gesamte rund 35-minütige Quartett sind formal exzellent konzipiert.
Musik: Grieg, Streichquartett Nr. 1 g-Moll 1. Satz
Die ersten Takte der langsamen Einleitung des ersten Satzes enthalten ein dreitöniges Motiv, das bis zum Finale in allen vier Sätzen in verschiedenen Varianten immer wieder auftaucht: mal feurig, rastlos, vorwärtsdrängend ...
Musik: Grieg, Streichquartett Nr. 1 g-Moll 1. Satz
... ein anders Mal zart, innig, melancholisch ...
Musik: Grieg, Streichquartett Nr. 1 g-Moll 1. Satz
Schnelle Stimmungswechsel
Schnelle Stimmungswechsel kennzeichnen Griegs g-Moll-Quartett. Die wenigen lyrischen, sanft fließenden Passagen wie im zweiten Satz Romanze werden immer wieder schnell "vertrieben".
Musik: Grieg, Streichquartett Nr. 1 g-Moll 2. Satz
Man hat dieses Hin- und Hergerissensein voller Leidenschaft auch mit Griegs persönlicher Situation in Zusammenhang gebracht, er soll zur Zeit der Komposition eine heftige Ehekrise durchlebt haben. Wie auch immer, das Meccore String Quartet aus Warschau transportiert diese aufregende Musik mit einer Emotionalität, die sofort berührt.
Musik: Grieg, Streichquartett Nr. 1 g-Moll 3. Satz
Dabei beeindruckt, wie ernst die vier jungen Streicher die Sache nehmen. Bei aller Leidenschaft merkt man, wie intensiv sie sich mit der Struktur des Werkes befasst haben. Spannungsbögen und Dynamik werden klug und logisch aufgebaut, die Tempi diszipliniert gewählt. Da wird nicht einfach "losgerast", sondern da, wo es nötig ist, auf einen federnd-tänzerischen Rhythmus geachtet.
Musik: Grieg, Streichquartett Nr. 1 g-Moll 4. Satz
"Presto al Saltarello" heißt es hier im vierten Satz. Heiter und ausgelassen wirkt das, dennoch ist in der Musik immer ein Fragezeichen hören. Das kann eine leise, chromatische Linie in einer Mittelstimme sein oder ein plötzliches Bremsen des jagenden Rhythmus.
Musik: Grieg, Streichquartett Nr. 1 g-Moll 4. Satz
Sein "Bestes und Innerstes" habe er in das g-Moll-Quartett gelegt, so verriet Edvard Grieg einmal.
Mal grübelnd, mal heiter
Mehr als 10 Jahre später, um 1890, stellte er seinem eher grüblerischen Quartett – nach eigenen Worten - eine "leichte und frohe Schwester" in F-Dur an die Seite.
Musik: Grieg, Streichquartett Nr. 2 F-Dur 1. Satz
Sofort fällt der hellere Klang, der wiegende Rhythmus, der serenadenartige Charakter auf.
Auch hier überzeugt das Meccore String Quartet mit seinem sehr gut abgestimmten Gesamtklang, mit seiner technischen Kompetenz und seiner sich wie sprühend vermittelnden Musizierlust. Grieg hat in seinen Quartetten besonders die erste Violine mit anspruchsvollen virtuosen Passagen bedacht. Schon von der Komposition her dominiert also die erste Geige, und Jarsolaw Narzycki begeistert mit seiner technischen Souveränität! Nur an wenigen Stellen hätte man sich eine deutlichere Profilierung der unteren Stimmen vorstellen können.
Musik: Grieg, Streichquartett Nr. 2 F-Dur 2. Satz
Dieses Scherzo in d-Moll, der zweite Satz des F-Dur-Quartetts, ist der letzte Quartett-Satz, den Edvard Grieg komponiert. Bis zu seinem Tod 1907 kommt Grieg, der auch als konzertierender Pianist sehr gefragt war, nicht dazu, sein zweites Streichquartett zu beenden. Schade! Aber das Fragment ist mehr als lohnend.
Musik: Grieg, Streichquartett Nr. 2 F-Dur 2. Satz
Um der Vollständigkeit halber hat das Meccore String Quartett auf dieser CD auch noch die dritte erhaltene Streichquartett-Komposition Griegs aufgenommen, ein Fuge aus Studienzeiten.
Musik: Grieg, Fuge EG 114 - Allegro con fuoco
Grieg war nicht einmal zwanzig Jahre alt, als er dieses gut dreiminütige Stück schrieb. Es scheint eher eine Kompositionsübung zu sein. Das Fugenthema wird in allen möglichen Varianten, vergrößert oder verkleinert, verarbeitet. Trotz des furios aufspielenden Meccore Quartets kommt das Stück ein bisschen akademisch daher. Es zeigt aber, dass große Komponisten auch mal klein angefangen haben.
Edvard Grieg
Streichquartette Nr. 1 & 2, Fuge
Meccore String Quartet
MDG9031998 1 SACD (DD), LC 06768
Streichquartette Nr. 1 & 2, Fuge
Meccore String Quartet
MDG9031998 1 SACD (DD), LC 06768