
Rund 7,5 Millionen leiden laut RKI derzeit an einer akuten Atemwegsinfektion. Viele davon haben eine Grippe. Vor allem Kinder und Jugendliche sind stärker betroffen als in den letzten Jahren. Woran liegt das?
Warum haben gerade so viele Menschen eine Grippe?
Aktuell zirkulieren zwei Virusstränge parallel: Influenza A und Influenza B. Das war im vergangenen Jahr nicht so. Vor allem Kinder hatten noch nicht so viele Kontakte mit Influenzaviren, insbesondere mit Influenza B. Daher sind sie anfälliger, an einer Grippe zu erkranken. In Schulen und Kindergärten verbreiten sich Atemwegsinfektionen ohnehin schnell, weil Kinder mehr und engeren Kontakt zueinander haben als Erwachsene und das Virus über Tröpfchen übertragen wird. Grundsätzlich erwischt die Grippe in der Regel zuerst Kinder und Jugendliche und anschließend die Erwachsenen. Das ist ein natürlicher Verlauf.
Aus einem Bericht des Robert Koch-Instituts geht hervor, dass aktuell fast jedes sechste Kind im Alter von 5 bis 14 Jahren an einer akuten Atemwegserkrankung leidet. Vor einem Jahr war es zum gleichen Zeitraum jedes siebte Kind. Die Zahl der schwer verlaufenden Fälle hat sich laut RKI bei Schulkindern zuletzt deutlich erhöht.
Warum sind vor allem Kinder betroffen?
Kinder sind in ihrem Leben noch nicht mit so vielen Viren in Berührung gekommen wie Erwachsene, daher sind sie weniger immun gegen diese Krankheitserreger. Unter Kindern und Jugendlichen kann sich das Influenzavirus deshalb leichter ausbreiten.
Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) bezeichnete die Lage in den Kinderkliniken als „angespannt“. Neben Grippefällen gebe es auch wieder vermehrt RSV-Fälle, so dass schwerer erkrankte Säuglinge und Kleinkinder stationär eingewiesen würden. Allerdings kommen Kinder deutlich seltener mit einer Atemwegserkrankung ins Krankenhaus als ältere Menschen. Bei den über 80-Jährigen liegt die Inzidenz – das sind die Krankenhausfälle pro 100.000 Menschen – bei rund 100. Bei den fünf- bis 14-Jährigen liegt die Inzidenz bei rund 20.
Was unterscheidet eine Grippe von einer Erkältung?
Es gibt hunderte Viren, die eine Erkältung auslösen können. Eine Grippe wird ausschließlich von Influenzaviren ausgelöst. Eine Erkältung kommt eher langsam, eine Grippe sehr plötzlich. Die Symptome – Husten, Schnupfen, Halsschmerzen - sind ähnlich, bei einer Grippe aber stärker ausgeprägt. Bei einer Grippe kommt oft noch hohes Fieber dazu sowie Muskel-, Glieder, Rücken- und Kopfschmerzen. Auch Kinder bekommen hohes Fieber, sind schlapp, appetitlos und wollen weniger trinken.
Erkrankte sollten sich körperlich schonen und versuchen, das Fieber zu senken, etwa durch Medikamente oder Klassiker wie Wadenwickel. Gelingt dies nicht, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Die Beschwerden dauern sowohl bei einer Erkältung als auch bei einer Grippe etwa sieben bis zehn Tage an.
Hat die Corona-Pandemie mit der aktuellen Grippewelle etwas zu tun?
Es ist nicht auszuschließen, dass die Pandemie Auswirkungen auf die aktuelle Grippewelle hat. In der Pandemie hatten die Menschen weniger Kontakte. Das führte dazu, dass die Immunität gegen Viren innerhalb der Bevölkerung gesunken ist und nach der Pandemie niedriger war als zuvor. Andererseits gab es auch schon vor der Pandemie stärkere und schwächere Grippewellen.
Tatsächlich wurden die Influenzaviren durch die Maßnahmen während der Pandemie, wie zum Beispiel Kontaktbeschränkungen, den Lockdown, die Schul- und Kitaschließungen, stark zurückgedrängt. Erst 2022 haben sich die Influenzaviren wieder ausgebreitet, zunächst Influenza A, dann Influenza B. Daher besteht innerhalb der Bevölkerung eine größere Immunität gegen die Viren des Influenza A-Strangs. Die Viren des Influenza B-Strangs stoßen auf weniger Widerstand.
Wie kann man sich - und seine Kinder - am besten schützen?
Schon gewöhnliche Hygienemaßnahmen senken das Ansteckungsrisiko. Dazu zählen regelmäßiges Händewaschen, in die Armbeuge husten und niesen und Innenräume häufig lüften. Eine Maske zu tragen, kann auch vor einer Infektion schützen.
Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt Personen ab 60 Jahren, chronisch Erkrankten, Schwangeren und medizinischem Personal eine Impfung. Eine Grippeimpfung kann auch jetzt noch sinnvoll sein, allerdings dauert es etwa zwei Wochen, bis der Impfschutz vollständig greift. Eine Impfung kann eine Ansteckung nicht verhindern, schützt aber vor schweren Erkrankungen.
Kinder ohne Vorerkrankungen überstehen eine Grippe auch ohne Impfung in aller Regel gut. Dennoch plädieren einige Kinderärzte und Intensivmediziner dafür, alle Kinder zu impfen. Sie hoffen, dass die Stiko künftig eine allgemeine Impfempfehlung für Kinder herausgibt, wie es sie schon in anderen Ländern gibt, etwa in Frankreich, Österreich oder den USA.
Dem RKI zufolge scheint der Höhepunkt der Grippewelle aktuell erreicht. Spätestens Ende April soll die Grippewelle vorbei sein.
rey