Die Reaktionen der Politik auf den 12 Milliarden Euro schweren Verkauf der Wärmepumpen-Sparte von Viessmann an den US-Konkurrenten Carrier Global fielen unterschiedlich aus. Bundeskanzler Scholz sieht den Einstieg des US-Unternehmens grundsätzlich positiv. Regierungssprecher Hebestreit sagte in Berlin, mit Blick auf die sogenannte "Wärmewende" sei das Geschäft als gute Nachricht zu bezeichnen. Der Schritt könne die Produktion von Wärmepumpen steigern. Bundeswirtschaftsminister Habeck kündigte an, den Verkauf zu prüfen. "Wir werden uns das Vorhaben im Rahmen der vorgesehenen Prüfschritte anschauen und sind im Gespräch mit dem Verkäufer und dem Investor, damit das Projekt unserer Wirtschaft und dem Standort Deutschland dient", sagte der Grünen-Politiker. Um konkurrenzfähig zu bleiben, habe Viessmann sich einen finanzstarken Partner gesucht, erklärte Habeck weiter.
Spahn (CDU): "Ausverkauf der deutschen Wärmepumpe"
Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union im Bundestag, Spahn, befürchtet einen "Ausverkauf der deutschen Wärmepumpe". Für ein Veto des Staates gegen den Verkauf gebe es jedoch keine stichhaltigen Gründe, heißt es von Wirtschaftsexperten. Die Produktion von Wärmepumpen in Deutschland sei durch den Deal nicht gefährdet.
FDP-Wirtschaftsexperte: Viessman-Verkauf ohne Zusammenhang mit Beratungen über Gebäudeenergiegesetz
Die FDP wies die Behauptung zurück, die Übernahme der Klimatechnik-Sparte des hessischen Heizungsbauers Viessmann stehe im Zusammenhang mit dem geplanten Gebäudeenergiegesetz (GEG). Ein derartiger Verkaufsprozess werde mindestens viele Monate vorbereitet, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Houben, im Deutschlandfunk. "Ein solch' komplexes Geschäft ist ja nicht wie der Verkauf einer Tafel Schokolade."
Monopolkommission sieht keine Probleme bei Viessmann-Verkauf
Die Monopolkommission geht davon aus, dass der Verkauf genehmigt wird. Die Prüfung dieser Fusion durch die Kartellbehörden werde zeigen, ob damit Wettbewerbsprobleme verbunden seien. Es spreche nicht viel dafür, sagte der Vorsitzende des unabhängigen Beratungsgremiums, Kühling, der "Rheinischen Post". Mit dem sprunghaften Anstieg der Wärmepumpen-Nachfrage in Deutschland aufgrund des geplanten Verbots von Gas- und Ölheizungen kämen auf die Hersteller offensichtlich rosige Zeiten zu, erläuterte Kühling. Dies rufe natürlich auch ausländische Anbieter auf den Plan, was für die Verbraucherinnen und Verbraucher nur gut sein könne.
Zeitpunkt des Verkaufs überraschend - auf den ersten Blick
Der Klima-Geschäftsbereich machte bei Viessmann im vergangenen Jahr 85 Prozent des Umsatzes aus, der für 2022 um 19 Prozent auf den Rekordwert von rund vier Milliarden Euro angestiegen war. Umso mehr überrascht der Verkauf der Wärmepumpen-Sparte. Boomt das Geschäft doch gerade mehr denn je. Der Wettbewerbsökonom und Regierungsberater Jens Südekum sagte tagesschau.de, aus Unternehmensperspektive sei es womöglich der optimale Zeitpunkt zu verkaufen. Das starke Wachstum des Marktes habe auch die asiatischen Hersteller auf den Plan gerufen, was die Profitmargen der deutschen Hersteller unter Druck setzen dürfte.
Preise für Wärmepumpen dürften bald deutlich sinken
Für die Hersteller dürfte es angesichts des Wettbewerbs herausfordernder werden. Für die Verbraucher ist es hingegen ein guter Ausblick, denn die Preise für Wärmepumpen dürften bald rapide sinken - um rund 40 Prozent bis 2030, schätzt die Denkfabrik "Agora Energiewende". Auch Wirtschaftsminister Habeck betonte, durch die Stärkung der Produktionskapazitäten bei Viessmann - also dadurch, dass mit dem starken US-Partner höhere Stückzahlen produziert werden könnten - würden auch die Verbraucher durch sinkende Preise für Wärmepumpen profitieren.
Die Bau- und Energieexpertin Lamia Messari-Becker von der Universität Siegen warnte zugleich vor einer Abhängigkeit von großen Konzernen in China, Südkorea und den USA. Nur diese könnten die notwendigen Millionen-Stückzahlen von Wärmepumpen liefern, während die deutsche Branche vor allem mittelständisch geprägt sei.
Standort und Arbeitsplätze sollen erhalten bleiben
Der Chef des US-Konzerns Carrier Global bemühte sich, Befürchtungen in Deutschland über einen Stellenabbau auszuräumen. Immerhin besitzt die verkaufte Sparte rund 11.000 Mitarbeiter. "Wir kommen nicht, um Fabriken zu schließen - im Gegenteil", sagte Gitlin bei einer Konferenzschalte mit Investoren und Finanzanalysten. "Wir kommen, um in Deutschland zu investieren, um in die Belegschaft zu investieren, in Wachstum zu investieren", verkündete der Global-Carrier-Chef. Viessmann hat nach eigenen Angaben mit Carrier Global den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen in den kommenden drei Jahren vereinbart. Zudem sei festgelegt worden, dass der Hauptsitz des Unternehmens für zehn Jahre in Allendorf bleibt.
Carrier Global aus dem US-Staat Florida gilt als Erfinder der modernen Klimaanlage und wurde 1902 gegründet. Der Konzern beschäftigt 52.000 Menschen.
Diese Nachricht wurde am 27.04.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.