Tempo und Titel, Kraft und Kontrolle, das ist die Welt von Pirelli. Die akustischen Spots der Italiener sind voll davon.
Rennwagen, Motorrad, Fahrräder und viele Reifen natürlich hatte Pirelli heute an die Mailänder Börse geschafft - Kulisse für den neuerlichen Börsengang. 1922, 50 Jahre nach der Gründung als Gummifabrik, war Pirelli schon mal an die Börse gekommen, nach 93 Jahren aber vom Kurszettel wieder verschwunden. Ein neuer Haupteigentümer, der große chinesische Chemiekonzern ChemChina, hatte 2015 für rund 65 Prozent von Pirelli gut sieben Milliarden Euro gezahlt und das Unternehmen von der Börse genommen. Falsch gemacht hatte Pirelli eigentlich nichts, um die Chinesen ins Haus zu lassen. Frank Schwope, Autoexperte der Nord-LB:
"Ich glaube, man muss nichts falsch machen, um von der Börse genommen zu werden. Es ist ganz einfach so, dass die Chinesen großes Interesse an Pirelli hatten, die Übernahme auch finanzieren konnten."
Schnellerer Umbau ohne Börse
Mit den restlichen Eigentümern, vor allem dem Vorstandschef und zwei Banken, waren sich die Chinesen einig, ohne die Öffentlichkeit der Börse Pirelli schneller umbauen zu können. Das haben sie gemacht. Pirelli hat das Geschäft mit Industrie- und Lkw-Reifen abgetrennt und einer in Schanghai börsennotierten Gesellschaft angefügt. Die italienische Pirelli, einziger Lieferant für alle Formel 1-Rennställe, konzentriert sich nun auf das Geschäft mit Reifen für Premium-Autobauer wie Mercedes, Audi und BMW. Keine schlechte Strategie, findet Analyst Schwope:
"Ich glaube, dass die Chinesen schon eine große Strategie verfolgen. Sie haben letzten Endes viel Geld, das nach Akquisitionen sucht. Auch in Deutschland hat es ja in den letzten Jahren Akquisitionen gegeben. Man denke nur an Kuka, das von Chinesen übernommen wurde. Ich glaube, dass das Geschäft mit Reifen zukunftsträchtig ist, auch wenn es eine 'alte Ökonomie' ist sozusagen."
Ausgabepreis mit 6,50 Euro unter den Erwartungen
Zumindest die Zahlen stimmen: Denn Pirelli, nach Bridgestone, Michelin, Goodyear und Continental weltweit fünftgrößter Reifenhersteller, verdient bestens: Gut 20 Euro von 100 Euro Umsatz blieben in den letzten Jahren als operativer Gewinn hängen. Doch alle Träume haben sich beim heutigen Börsengang nicht erfüllt: Bis zu 8,30 Euro wollte ChemChina je Aktie haben. Der Ausgabepreis lag dann bei nur 6,50 Euro, fiel heute aber sogar unter 6,30 Euro. Vielleicht auch Ausdruck von Vorbehalten gegenüber dem Großaktionär ChemChina, der 40 Prozent der Aktien behält, damit immer noch die Hauptversammlungsmehrheit stellt, also mit weniger Kapitaleinsatz genauso viel mitgestalten kann.