Die Frau, die dem Widerstand gegen den Fehmarnbelttunnel ein neues, frisches Gesicht geben soll, ist jung. Sie sitzt an einem Gartentisch, trägt lange, gelockte blonde Haare. Und ist stolz darauf, dass mit ihrem Konterfei nun geworben wird in Videos im Netz gegen die geplante feste Beltquerung zwischen Deutschland und Dänemark.
"Das ist ja nicht so, als wäre ich irgendwie ein Supermodel oder so. Es ist einfach nur so, dass ich mich für etwas einsetze und dass das gut ankommt. Weil ich glaube, dass ich damit auch sehr viel bewegen kann. Weil wenn man dann eine Bezugsperson hat, ist das ein bisschen persönlicher als wenn man jetzt nur die Beltretter hat."
18 Jahre alt ist Malin Binding. Im kommenden Jahr macht die Fehmarnerin ihr Abitur. Seitdem sie in den Videos zu sehen sei, werde sie immer wieder angesprochen an ihrer Schule. Sowieso: Das Milliardenprojekt sei dort ein wichtiges Thema. Viele ihrer Mitschüler seien gegen das Projekt und befürchteten, dass es bald vorbei sein könnte mit dem schönen Inseldasein, erzählt Binding.
Angst um Inselidylle
"Man kann auf jeden Fall gut Wassersport machen. Es gibt echt schöne Flecken, verschiedene Strände und ja, ich würde es als einen sehr ruhigen Ort beschreiben auch."
Ruhig, geradezu idyllisch präsentiert sich die Insel an diesem Nachmittag fernab der Bundesstraße. Weite, platte Felder, kleine verschlafene Dörfer, dazwischen Windräder – und immer wieder der Blick auf die Ostsee.
Doch die Ruhe könnte schon bald vorbei sein – dann nämlich, wenn die Bauarbeiten zum Fehmarnbelttunnel losgehen. Rund 18 Kilometer lang werden soll das Bauwerk, dass eines Tages das deutsche Puttgarden mit dem dänischen Rödby verbinden soll.
Online-Petition gegen Bauarbeiten
Zusammen mit dem Bündnis treibt Binding eine Online-Petititon voran, rund 86.000 Unterschriften sind mittlerweile zusammengekommen. Der Tunnel wird uns nichts bringen, ist Binding überzeugt. Und die Bauarbeiten und künftige Blechlawinen würden dem Tourismus schaden, von dem indirekt doch fast alle lebten:
"Meine Mutter ist Ärztin, die hat natürlich die Kurkinder als Patienten und die kommen ja hierher zur Erholung. Mein Vater ist Architekt. Und der hat natürlich auch viele Bauherren, die irgendwelche touristischen Sachen bauen wie `ne Strandbar oder so. Und viele in meinem Freundeskreis sind einfach auch direkt davon abhängig, sprich, die haben Ferienwohnungen und da sind sie wirklich abhängig davon, dass die Gäste kommen."
Das Bündnis Beltretter sieht sich im Aufwind und versucht mit Hochdruck, das Projekt zu stoppen. Mit rund 14.000 Einwendungen bei der zuständigen Landesbehörde rechnet Beltretter-Sprecherin Kathrin Neumann. Das sei eine hohe Zahl hinter der sich zudem ernsthafte Probleme verbergen würden:
"Es kann nicht sein, dass ein Tunnel, der nicht sicher ist, der nicht fertig geplant ist, der unsicher geplant ist und wo noch sehr, sehr viele Fragen offen sind, so genehmigt wird. Und insofern wird sich dieser Tunnel auf jeden Fall noch weiterverschieben. Klagen wird es sicherlich auch geben von den Naturschutzverbänden – wenn es denn dazu überhaupt noch kommt."
Gegner befürchten Umweltschäden
Die Verkehrsprognose für den Tunnel sei viel zu hoch angesetzt. Zudem nehme die Umwelt Schaden, wenn die rund 18 Kilometer lange Rinne ausgebaggert werde - 13 Meter tief und 100m breit – warnen die Gegner.
Doch die Politik verweist auf den Staatsvertrag zwischen Dänemark und Deutschland und betont: Die Einwände werden sorgfältig geprüft. Aber der Tunnel wird gebaut! Bundesverkehrsstaatssekretär Enak Ferlemann sagte beim jüngsten Dialogforum Feste Fehmarnbeltquerung:
"Und es gibt keine Erkenntnisse, dass wir diesen Vertrag irgendwie nicht erfüllen könnten. Und deswegen fühlt sich die Bundesrepublik Deutschland der Erfüllung dieses Vertrages verpflichtet."
Unterstützer begrüßen Verbindung zu Dänemark
Doch natürlich gibt es auch auf Fehmarn Unterstützer des Tunnelprojektes – wie etwa Hartmut Specht. 14 Jahre lang saß der 71-jährige Landwirt für die Freien Wähler im Landtag. Nun konzentriert sich der Rentner auf sein Amt als Sprecher der Bürgerinitiative "Fehmarnbelt-Verkehr". Und meint: Der Tunnel wäre gut. Aber nur wenn Deutschland mehr Geld in die Hand nehme für den Ausbau der Hinterlandverbindungen, könne das Projekt gelingen:
"Entweder man macht das ordentlich – das bin ich als Landwirt gewohnt, wenn ich ein Feld bestelle. Oder man lässt es bleiben. Und ein solch stümperhafter Vertrag muss nachgebessert werden. Wir wollen die Verbindung mit Dänemark – aber wir wollen nicht aus Sparzwängen links liegen gelassen werden. Und wenn Europa mehr Investitionen fordert von Deutschland, dann wäre hier mal Gelegenheit, das ordentlich zu machen."
Zudem drängt die Bürgerinitiative auf einen neuen Insel-Bahnhof mit besserer Anbindung ans dann ausgebaute Schienennetz. Denn für Specht wäre das der Albtraum: Stell dir vor, der Fehmarnbelttunnel wird eröffnet – und die Insel ist abgehängt vom Bahnverkehr.