"Order! Order!"
Der Speaker im britischen Unterhaus ruft die Abgeordneten zur Ordnung. Es ist spätabends am 29. August 2013. In wenigen Augenblicken wird Premier David Cameron seine vielleicht schmerzlichste Niederlage als Premier überhaupt erleben. Sein Antrag wird abgelehnt, mit einer Militärintervention in Syrien auf den Einsatz von Giftgas durch den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad zu antworten. 285 Parlamentarier stimmen gegen den Militäreinsatz, nur 272 dafür.
Wer die Bedeutung der heutigen Syrien-Rede von David Cameron im Unterhaus ermessen will, muss dieses Votum in Erinnerung rufen. Mögen damals auch einige Abgeordnete bei der Abstimmung gefehlt haben, weil es schon sehr spät war: Cameron hat seine Lektion gelernt. Obwohl die britische Regierung - anders als in Deutschland - auch ohne Zustimmung des Parlaments Militäreinsätze im Ausland anordnen kann, wird der Premier keine Militärschläge am Unterhaus vorbei beschließen. Auch nicht das, was er am zurückliegenden Montag in Paris gegenüber dem französischen Präsidenten in Aussicht gestellt hat.
"Ich unterstütze vehement die Militäraktion Frankreichs in Syrien. Ich bin fest überzeugt, dass Großbritannien dem Beispiel folgen soll."
Auswärtiger Ausschuss legt Bericht vor
Der Auswärtige Ausschuss hatte zuletzt einen Bericht vorgelegt, wonach die britische Regierung eine Bombardierung des IS in Syrien in eine Gesamtstrategie einbetten soll. Sie will Cameron heute vorstellen. Wie sieht ein Friedensplan für Syrien aus? Ist die UNO einbezogen? Wird es humanitäre Begleitmaßnahmen geben? Einige bezweifeln, dass britische Bomber überhaupt gebraucht werden. Doch, heißt es: Die Brimstone-Raketen der Briten mit kurzer, aber präziser Reichweite seien sehr hilfreich.
Spannend wird sein, ob sich David Cameron in irgendeiner Weise zum Einsatz von Bodentruppen äußern wird. Militärexperten sind sich einig, dass der IS aus der Luft alleine nicht bezwungen werden kann. Michael Clarke vom Royal United Services Institute:
"Wer immer den IS vertreibt, wird die Politik in Syrien bestimmen. Wer den Job am Boden erledigt, entscheidet, was passiert. Wer sich da heraushält, muss mit den Konsequenzen leben."
Keine Mehrheit in der eigenen Fraktion
Der frühere Außenminister William Hague plädierte gegenüber dem "Daily Telegraph" dafür, dass zwar Soldaten aus der Nahost-Region am Boden kämpfen sollen, aber dabei auch von britischen Truppen unterstützt werden sollen. Soweit wird David Cameron wohl nicht gehen. In seiner eigenen Tory-Fraktion hat er keine Mehrheit für Luftschläge auf Ziele in Syrien. Er benötigt Unterstützung aus der Opposition.
Über das Wochenende sollen die Abgeordneten ihre Entscheidung abwägen. Dann schlägt vermutlich kommende Woche die Stunde der Wahrheit im britischen Parlament – wieder mit einer Abstimmung über eine Beteiligung am Krieg in Syrien.