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Großbritannien
Brexit-Minister Davis steigt aus

Es war bereits spekuliert worden, wer von den Brexit-Befürwortern aus Protest gegen den EU-Austritts-Plan von Regierungschefin Theresa May zurücktreten könnte. Jetzt ist es Brexit-Minister David Davis geworden. May hatte ihrem Kabinett am Freitag einen Kompromiss abgerungen, der für viel Kritik sorgt.

Von Friedbert Meurer |
    Der britische Brexit-Minister David Davis
    Der britische Brexit-Minister David Davis hat seinen Rücktritt eingereicht (imago / Pete Maclaine)
    Als Brexit-Minister war er einer der wichtigsten Figuren im Kabinett von Theresa May. David Davis war es, der seit über einem Jahr mit Michel Barnier, dem Unterhändler der EU-Kommission, in Brüssel den Brexit verhandelt. Vordergründiger Anlass für den Rücktritt ist offensichtlich der Kompromiss, den die Premierministerin am Freitag den Brexiteers in ihrem Kabinett abgenötigt hat, unter ihnen eben auch David Davis. Aber May und Davis hatten offenbar auch keinen guten Draht mehr zueinander.
    May hatte Davis' Staatssekretär Oliver Robbins zu sich in die Downing Street geholt. Robbins wurde immer mehr zum eigentlichen Brexit-Unterhändler, zum Ärger von Davis.
    Langer Rücktrittszettel
    Vor einigen Wochen beantwortete Brexit-Minister David Davis etwas missmutig die Fragen im Brexit-Ausschuss des Unterhauses. Ja, natürlich gebe es schon technologische Lösungen, um Zölle an Grenzen zu erheben, ohne dass sie zu Staus und Schlangen an den Grenzen führen. Gemeint war die Frage der Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland.
    Schon vor der Klausur war spekuliert worden, wer von den Brexit-Befürwortern wohl alles unter Protest zurücktreten könnte. Davis stand auf dem Zettel, auch Umweltminister Michael Gove. Der aber gab gestern Morgen eine Solidaritätsadresse an Premierministerin May ab:
    "Ich bin ein Realist. Eines gilt in der Politik: man soll nicht das Perfekte zum Feind des Guten machen. Der Kompromiss vereint das Kabinett. Es herrscht kollektive Verantwortung. Wir haben alle die Pflicht, den bestmöglichen Brexit für Großbritannien zu erreichen."
    Misthaufen und Mogelpackung
    Ein anderer schweigt noch: Außenminister Boris Johnson. Mit seinem Rücktritt wird aber nicht gerechnet. Er soll sich hinter den verschlossenen Türen des Landsitzes in Chequers am Ende doch hinter den Kompromiss gestellt haben. Zuvor soll er allerdings den Satz gesagt haben: Er sehe sich nicht in der Lage, "einen Misthaufen auf Hochglanz zu polieren".
    Von Misthaufen spricht also angeblich Johnson, von einer Mogelpackung Keir Starmer, der Brexit-Sprecher von Labour. "Schauen Sie sich die Vorschläge zur Zollunion an. Sie basieren auf der Idee, man könne an der Grenze unterscheiden zwischen Waren, die in Großbritannien bleiben und anderen, die in die EU gehen. Das ist nicht praktikabel, es ist ein bürokratischer Albtraum."
    Theresa May will heute im Unterhaus auftreten und sich auch der eigenen Fraktion stellen. Einen darunter, den Brexit-Hardliner Andrew Bridgen, wird sie wohl nicht mehr überzeugen können. "Ich kann das nicht unterstützen, so schlecht ist das. Wenn sie dabei bleibt, habe ich kein Vertrauen mehr zu ihr."
    Tenor in London war zum Wochenende: Den Rücktritt eines einzelnen Ministers kann May verkraften. Dass es der Brexit-Minister ist, wird in ihrer Partei aber für einige Unruhe sorgen.