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Großbritannien
Cameron soll Syrien-Pläne zurückgezogen haben

Auch wenn David Camerons Kurswechsel offiziell noch nicht bestätigt wurde, melden britische Zeitung heute: Der Premier zieht seine Pläne hinsichtlich Syrien zurück. Unter dem Druck aus der eigenen Partei muss er demnach von der Ausweitung des Militäreinsatzes gegen die Terrororganisation Islamischer Staat in Syrien Abstand nehmen.

Von Friedbert Meurer |
    David Cameron, britischer Premier, spricht auf dem Parteitag der konservativen Partei.
    Der britische Premier David Cameron (dpa / picture-alliance / Facundo Arrizabalaga)
    Es ist eine politische Überraschung: Großbritanniens Premierminister David Cameron muss unter dem Druck aus der eigenen Partei von seinen Plänen Abstand nehmen, die Terrororganisation Islamischer Staat auch in Syrien aus der Luft zu bombardieren. Weit über 300 Luftschläge haben Kampfjets der Royal Air Force gegen den IS im Irak ausgeführt - die Grenze zu Syrien bleibt weiterhin eine rote Linie, die nicht überschritten werden darf.
    Offiziell wird der Kurswechsel nicht bestätigt. Aber die britischen Zeitungen "Guardian" und "Times" titeln heute unisono: Cameron zieht seine Pläne zurück.
    "Es gibt keine Änderung unserer Regierungspolitik, bekundet heute Morgen zwar Nick Gibb unverdrossen, der Schulminister der Regierung Cameron. Der Premierminister hat immer klargestellt, dass er im Parlament den Konsens sucht, bevor er den Befehl für Angriffe auf Ziele in Syrien erteilt. Er sucht erst dann die Abstimmung, wenn er eine Mehrheit hinter sich weiß. Das bleibt die Linie unserer Regierung."
    Cameron bekommt keine Mehrheit im Parlament
    Die Antwort des Ministers ist aber letztlich kein Dementi der Zeitungsberichte. David Cameron sucht zwar eine Mehrheit im Parlament, findet sie aber nicht. Etwa 20 Tory-Abgeordnete wollen gegen Luftschläge auf syrisches Territorium stimmen. Cameron kann sich nicht sicher sein, die gleiche Anzahl oder mehr an Labour-Abgeordneten auf seine Seite zu ziehen. Der Einsatz gilt als zu riskant. Der Auswärtige Ausschuss warnt gerade auch mit Blick auf Russland vor Militärschlägen und fordert, auf diplomatische Mittel zurückzugreifen.
    Viermal beschwört der Vertreter der Regierung tapfer dann noch einmal den angestrebten Konsens, der nicht zustande kommt:
    "Der Premierminister will Konsens, er geht dann ins Parlament, wenn Konsens herrscht, und nicht wenn kein Konsens herrscht. Aber wir wollen den Konsens."
    Parlamentsentscheidung nicht zwingend, aber eine politische Voraussetzung
    Auch wenn anders als in Deutschland eine Parlamentsentscheidung nicht zwingend für einen Militäreinsatz nötig ist, gilt sie politisch doch als Voraussetzung. 2013 hatte David Cameron eine Niederlage einstecken müssen, als ihm die Mehrheit im Unterhaus in einer formal nicht bindenden Abstimmung schon einmal nicht folgte. Damals wollten die Briten an der Seite der USA das Assad-Regime wegen seines Einsatzes von Giftgas militärisch abstrafen. Zuletzt hatten viele noch geglaubt, diesmal sei das Szenario anders.
    "Im August informierte Cameron nämlich das Unterhaus über britische Drohnenangriffe in Syrien. Damals waren gezielt IS-Kämpfer britischer Herkunft aus der Luft getötet worden. Der Einsatz von Drohnen in Syrien galt als Vorspiel einer größeren Aktion. Die Liquidierung der mutmaßlichen Terroristen sei alternativlos gewesen."
    Auch wenn Cameron mit dem offenkundigen Verzicht auf eine Militäraktion einer politischen Abstimmungsniederlage zuvorkommt: Die jüngste Entwicklung ist ein Erfolg für den neuen Labour-Chef Jeremy Corbyn. Der ist überzeugter Pazifist und kann sich jetzt in seinen Warnungen vor einem militärischen Abenteuer bestätigt fühlen.