Großbritannien hält die Bedrohung durch den internationalen Terrorismus für so groß wie seit drei Jahren nicht mehr. Ende letzter Woche hat es die Terrorwarnstufe, so Innenministerin Theresa May, von "erheblich" auf den zweithöchsten Wert "massiv" heraufgesetzt.
"Das bedeutet, dass ein terroristischer Anschlag sehr wahrscheinlich ist, auch wenn es keine Geheimdiensterkenntnisse gibt, wonach er unmittelbar bevorsteht. Die Anhebung des Bedrohungslevels liegt an den Entwicklungen in Syrien und dem Irak, wo Terrorgruppen Angriffe auf den Westen planen. An einigen dürften wahrscheinlich ausländische Kämpfer beteiligt sein, die aus Großbritannien und Europa dorthin gereist sind, um an dem Konflikt teilzunehmen."
Nun hat Premierminister David Cameron dem britischen Parlament ein Maßnahmen-Paket vorgeschlagen, mit dem die Gefahr durch sogenannte "Homegrown Terrorists" verringert werden soll. Der Premier betonte, es gehe nicht um einen Schnellschuss oder um einen Blankoscheck für die Sicherheitsbehörden, sondern um gezielte Maßnahmen.
"Fluggesellschaften müssen unsere Flugverbotsvorkehrungen und unsere Sicherheitsüberprüfungen beachten und uns Passagierlisten vorlegen. Tun sie dies nicht, werden sie nicht in Großbritannien landen können."
"Das könnte illegal sein"
Vor allem aber wolle man mit den neuen Anti-Terror-Gesetzen Verdächtige an der Einreise und der Ausreise hindern. Zwar darf die Innenministerin auch heute schon im Verdachtsfall einem Bürger den Pass entziehen, aber die Polizei kann niemanden an der Grenze aufhalten, den sie spontan verdächtigt, zum Dschihad in den Nahen Osten reisen zu wollen.
"Wir werden gezielte Gesetze vorschlagen, um diese Lücke zu schließen und der Polizei das Recht zu geben, einen Pass an der Grenze vorübergehend einzuziehen, um die Zeit zu nutzen, den Betroffenen zu überprüfen."
Großbritannien will nicht nur Leute beim Verlassen des Landes aufhalten, sondern auch jene mindestens 500 britischen Extremisten, die derzeit für die Terrorgruppe IS in Syrien und dem Irak kämpfen, an der Wieder-Einreise hindern, um Anschläge in der Heimat zu unterbinden. Jedenfalls forderten dies in den vergangenen Tagen vermehrt konservative Abgeordnete. Doch nicht nur Menzies Campbell vom liberaldemokratischen Koalitionspartner warnte davor, eigene Staatsbürger nicht mehr einreisen zu lassen und damit zu Staatenlosen zu erklären:
"Das wird ziemlich schwierig und könnte illegal sein. Denn Bürger staatenlos zu machen, ist nicht vereinbar mit dem internationalen Recht. Auch eine nur zeitweilige Maßnahme müsste vor unseren eigenen Gerichten und vor dem internationalen Menschenrechtsgerichtshof bestehen."
Stundenlang verhandelten der konservative Premier und sein liberaler Vize Nick Clegg über ein solches Einreiseverbot für terrorverdächtige Briten. Heraus kam am Ende keine substanzielle Einigung, sondern eine Vertagung und ein Formelkompromiss. David Cameron:
"Im Prinzip sind wir uns im Klaren darüber, dass wir einen gezielten Ermessensspielraum benötigen, der es uns erlaubt, britische Staatsbürger aus dem Vereinigten Königreich herauszuhalten. Wir werden mit unseren Experten Vorschläge auf dieser Basis ausarbeiten, die mit unseren internationalen Verpflichtungen im Einklang stehen und diese Partei übergreifend diskutieren."
Terrorverdächtige zu Umzügen zwingen?
Eine Kehrtwende vollziehen Konservative und Liberale in anderer Hinsicht. Sie wollen dass britische Extremisten, die im Land als Terrorverdächtige gelten, denen man aber keinen Gesetzesbruch nachweisen kann, nicht nur von den Sicherheitsbehörden umfassend überwacht werden. Sie sollen künftig auch zu Umzügen gezwungen werden können, oder dazu, bestimmte Orte oder Regionen nicht zu besuchen.
Die Ankündigung führte zu höhnischen Reaktionen im Parlament. Schließlich hatte im Jahre 2005 die seinerzeit regierende Labour-Partei ganz ähnliche Maßnahmen eingeführt. Doch die sogenannten "control orders" wurden von der konservativ-liberalen Koalition als Verstoß gegen Freiheits- und Menschenrechte kritisiert und vor drei Jahren abgeschafft.