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Großbritannien
Theresa Mays nächste Schicksalswoche

Zu Anfang einer wichtigen Woche in Großbritannien ist die konservative Partei weiter in einen Machtkampf verstrickt. Während angeblich mehrere Nachfolgekandidaten für Premierministerin Theresa May bereit stehen, lotet diese aus, ob es genug Unterstützung für eine dritte Abstimmung ihres Brexit-Abkommens gibt.

Von Thomas Spickhofen | 25.03.2019
Theresa May bei einem Kirchenbesuch am Sonntag in Maideshead
Wie geht es mit ihr weiter? Schicksalstage für Premierministerin Theresa May ( picture alliance / Andrew Matthews/PA Wire )
Ein Wechsel in 10 Downing Street? Jetzt? Ian Duncan Smith ist komplett dagegen, obwohl der frühere Vorsitzende der Konservativen einer der schärfsten Kritiker von Theresa May ist.
"Das ist furchtbar. Wenn es einen Wechsel an der Spitze geben soll, dann müssen die Mitglieder der Partei entscheiden, wer sie führen soll, nicht fünf oder sechs gruselige Gestalten, die das im Hinterzimmer ausmachen wollen."
Lidington lehnt rundweg ab
Zu Beginn einer weiteren so wichtigen Woche sind die regierenden Konservativen im vereinigten Königreich heillos in einen Machtkampf verstrickt. Angeblich planen mehrere Kabinettsmitglieder einen Sturz der Premierministerin, so berichteten es mehrere Zeitungen am Wochenende. Nachfolgekandidaten für eine Übergangszeit bis zum Herbst stünden auch schon bereit. Allen voran wird David Lidington genannt, ihr Stellvertreter – der aber rundweg ablehnt.
"Ich habe nicht den geringsten Wunsch, das Amt von der Premierministerin zu übernehmen. Ich finde, sie macht eine fantastische Arbeit. Wenn Du so nah am Regierungschef stehst und siehst, wie das ist, dann bist Du kuriert von irgendwelchen weitreichenden Ambitionen."
Als mögliche Nachfolger sind aber auch Außenminister Jeremy Hunt und Landwirtschaftsminister Michael Gove im Gespräch. Gove stand gemeinsam mit dem früheren Außenminister Boris Johnson 2016 an der Spitze der Brexit-Kampagne und bestreitet ebenfalls akute Ambitionen auf den Chefsessel.
"Es sei nicht die Zeit, den Kapitän des Schiffes auszuwechseln, sondern den richtigen Kurs einzuschlagen, und das habe die Premierministerin getan, sagt Michael Gove. Bis in den frühen Abend saß Theresa May gestern mit Rivalen und Rebellen auf ihrem Landsitz Chequers zusammen. Es sei ein langes Treffen gewesen, hieß es anschließend nur, ohne jeden weiteren Kommentar."
Test-Abstimmungen werden vorbereitet
Ursprünglich wollte die Regierung in dieser Woche ein drittes Mal über das Abkommen abstimmen lassen, mit dem sie schon zwei Mal eine deftige Niederlage eingefahren hat. May will einen solchen dritten Anlauf aber nur noch wagen, wenn sich eine ausreichende Unterstützung bei den Abgeordneten abzeichnet.
Parallel dazu werden inzwischen Test-Abstimmungen über verschiedene Optionen vorbereitet, vom Austritt ohne Abkommen über andere Varianten eines Deals bis hin zum Verbleib in der EU – Probeläufe, um herauszufinden, wofür es überhaupt eine Mehrheit im Unterhaus geben könnte. Das darf kein Trick der Regierung sein, warnt Keir Starmer, der Brexit-Sprecher von Labour.
"Wir gehen bei dieser Initiative voran, damit wir rauskommen aus der Sackgasse. Aber das darf nicht dazu führen, dass die Premierministerin hinterher sagt: Keine Mehrheit für nichts, hier bin ich wieder mit meinem Deal, versucht es noch einmal."
Labour-Position nicht ganz klar
Allerdings ist die Position von Labour auch nicht ganz klar. Der stellvertretende Parteichef Tom Watson sagte bei der großen Demo in London für ein zweites Referendum, er könne dem Deal von Theresa May zustimmen, wenn sie ihn anschließend noch einmal dem Volk vorlege. Bislang hatte Labour das Brexit-Paket rundweg abgelehnt. Parteichef Jeremy Corbyn war erst gar nicht bei der Demo, obwohl ein zweites Referendum offizielle Labour-Politik ist – Termingründe, hieß es.
Ob und wann es in dieser Woche überhaupt zu Abstimmungen im Unterhaus kommt und wer sich dann wie verhält – das ist jedoch nicht nur bei Labour völlig unklar. Sicher ist nur: Der Austrittstermin 29. März steht bislang immer noch im Gesetz, das ist am kommenden Freitag. Bis dahin müsste das Gesetz noch geändert werden.