Wie rauskommen aus der Brexit-Sackgasse? Darüber haben sich Regierung und Parlament auch am Wochenende den Kopf zerbrochen. Herausgekommen sind dabei diese Möglichkeiten: ein No-Deal-Exit, ein soft Brexit, Theresa Mays mittelharter Brexit und – wieder gar keine Lösung in dieser Woche.
Immerhin: Sie versuchen es weiter. Heute Abend stimmt das Parlament über Alternativvorschläge zu Theresa Mays Austrittsvertrag mit der Europäischen Union ab. Falls sich eine fraktionsübergreifende Mehrheit findet, dann wahrscheinlich für einen weichen Brexit. Großbritannien bliebe dann wohl in der Zollunion, und das würde alle roten Linien der Premierministerin reißen.
Trotzdem sollte May sich einen solchen Parlamentsvorschlag zu eigen machen und versuchen ihn umzusetzen, sagt David Gauke, immerhin Mays eigener Justizminister:
"Wenn das Parlament mit überwältigender Mehrheit gegen den 'No Deal' und für einen weicheren Brexit stimmt, dann halte ich es nicht für tragfähig zu sagen: Ach was soll's? Wir ignorieren einfach die Parlamentsentscheidung und gehen ohne Deal."
"May ist außer Kontrolle"
Schöne Idee. Dummerweise würde Mays halbes Kabinett in diesem Fall zurücktreten. Der Brexit-Flügel will nach wie vor den "No Deal". Folgt May deren Wunsch, dann geht die andere Hälfte des Kabinetts: die Remainer und Soft Brexiteers, David Gauke inklusive. Der Premierministerin droht nun auch noch der Kollaps ihrer Regierung. Die Labour-Abgeordnete Emily Thornbury spart nicht mit Spott:
"Sie ist außer Kontrolle. Sie hört auf niemanden. Niemand weiß, was sie als nächstes vorhat. Nach meinem Eindruck ist ihre Urteilkraft untergraben. Wir wissen nicht, ob sie Premierministerin bleibt, ob wir jemand anderen bekommen, wer dieser Jemand sein soll. Es ist ein einziges Durcheinander."
Mays Idee, sich aus der Zwickmühle zu befreien, zeugt von der weitgehenden Aussichtslosigkeit ihrer Situation: Die Premierministerin möchte ihren dreimal abgelehnten Brexit-Deal ein viertes Mal zur Abstimmung stellen. Und zwar in direkter Konkurrenz zum möglichen Parlamentsvorschlag.
Ob Speaker John Bercow das überhaupt zulässt, dürfte dabei noch die geringste Sorge der Regierungschefin sein. Mays Hauptproblem: Sie hat keine Mehrheit. Mays Hoffnung: Dass die Brexit-Hardliner bei den Tories doch noch umschwenken, wenn sie sonst einen weichen Brexit bekommen. Aber auch das ist äußerst unwahrscheinlich. Und dann? Dann wäre May am Ende.
Vorschläge von Neuwahlen bis Einheitsregierung
Labour plant bereits ein neues Misstrauensvotum in dieser Woche. Labour-Chef Jeremy Corbyn hatte zuletzt am Freitag Neuwahlen verlangt. Auch die Premierministerin erwägt diese Möglichkeit angeblich. Allerdings: Neuwahlen wären frühestens im Mai möglich. Da wäre die EU-Frist 12. April längst abgelaufen. Und: Nach jüngsten Umfragen würden Mays Tories sie auch noch deutlich verlieren. Labour liegt gerade um fünf Prozent vor ihnen. John Major, Mays Parteifreund und einer ihrer Vorgänger in Downing Street: Neuwahlen lösen nichts, sagt er. Aber er hat einen anderen Vorschlag:
"Um das Chaos zu beenden, brauchen wir eine Regierung mit einer handlungsfähigen Mehrheit. Nur deshalb: Für eine begrenzte Zeit eine Einheitsregierung."
Die Regierung soll sich also vorübergehend mit der größten Oppositionspartei zusammentun. Klingt pragmatisch, wäre aber auch nicht im Handumdrehen zu bewerkstelligen. Und warum sollte Labour sich auf so etwas einlassen?
Wie man es auch dreht und wendet: Eine lange Brexit-Verschiebung wird immer wahrscheinlicher. Großbritanniens Weg aus der Sackgasse führt möglicherweise nur über ihre Verlängerung.