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Grosse Koalition
"Eine ganze Reihe von Punkten, die für die CDU schwierig sind"

Die Zustimmung zum Mindestlohn sei eine Entscheidung, "die uns ganz sicherlich nicht gefällt", sagt der stellvertretende Unions-Fraktionschef im Bundestag, Michael Fuchs. Aber Koalitionsverhandlungen seien keine Wunschkonzerte.

Michael Fuchs im Gespräch mit Christine Heuer |
    Christine Heuer: CDU, CSU und SPD haben sich geeinigt. Leicht war es nicht, aber heute Früh können wir sagen, es gibt einen Koalitionsvertrag. Vor etwa einer Stunde habe ich über den Koalitionsvertrag mit Michael Fuchs sprechen können. Er ist stellvertretender Unions-Fraktionschef im Bundestag und vom CDU-Wirtschaftsflügel. Ich habe ihn als Erstes gefragt, wie zufrieden er mit dem Ergebnis heute Früh ist.
    Michael Fuchs: Na ja, Koalitionsverträge sind Kompromisse und sind nicht Wunschkonzerte. Das muss man wissen und deswegen sind eine ganze Reihe von Punkten, die für die CDU schwierig sind, die für uns als Partei schwierig sind, die wir mitmachen müssen, damit wir eine vernünftige stabile Regierung in Deutschland bilden können.
    "Das ist eine für uns doch schon schwierige Entscheidung"
    Heuer: Was finden Sie denn besonders schwierig?
    Fuchs: Ich habe nie was von dem Mindestlohn gehalten, weil ich immer ein Freund der Tarifautonomie gewesen bin und das auch nach wie vor bin. Ich glaube, dass Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände besser wissen, was in den Betrieben gezahlt werden kann, als die Politik. Wir werden einen Mindestlohn jetzt von 8,50 Euro, allerdings gestreckt über eine Zeitachse, einführen. Das ist eine für uns doch schon schwierige Entscheidung, die uns ganz sicherlich nicht gefällt.
    Es gibt andere Punkte, die ich gut finde. Ich bin sehr zufrieden damit, dass es uns gelungen ist, den Sozialdemokraten abzuringen, dass es keine Steuererhöhungen gibt. Wir wollen die Bürger nicht mehr belasten, das darf auch nicht der Fall sein. Wir haben die höchsten Steuereinnahmen, die dieses Land jemals gehabt hat, und damit muss die Politik auskommen und das haben wir hinbekommen.
    "Einige Ausgaben, die wir machen werden, halte ich für richtig"
    Heuer: Aber Sie haben jetzt in dieser Großen Koalition viele Versprechen gemacht: die abschlagsfreie Rente mit 63, die Mütterrente unter anderem, der Mindestlohn, Sie haben ihn erwähnt. Es soll mehr Geld für die Bildung und die Kommunen geben, und bei all dem, wie Sie sagen, sollen die Steuern nicht erhöht werden. Wie soll denn das gehen, Herr Fuchs?
    Fuchs: Der Bundesfinanzminister hat ausgerechnet, dass die gesamten Beschlüsse finanzierbar sind mit den Steuereinnahmen, die wir haben, und auch mit den Steuermehreinnahmen, die wir haben. Ich muss ihm das glauben und ich gehe davon aus, dass das funktioniert, denn sonst hätte er mit Sicherheit nicht zugestimmt. Er hat zugestimmt und hat mitgeteilt, gestern Abend spät, dass die Finanzierungsmöglichkeiten gegeben sind.
    Einige Ausgaben, die wir machen werden, halte ich für richtig, die sind zukunftsträchtig. Wir geben fünf Milliarden mehr für die Infrastruktur, sprich für Straßen aus. Wer über Deutschlands Straßen fährt, der weiß, wie notwendig das ist. Wir geben fünf Milliarden mehr für die Universitäten aus. Der Bund wird sich an den Universitäten mit fünf Milliarden mehr beteiligen, halte ich für richtig. Bildung ist ein zentrales Thema, müssen wir dran arbeiten. Wir geben auch drei Milliarden mehr für Forschung und Entwicklung aus. Auch das ist zukunftsträchtig. Das sind investive Ausgaben, die ich unterstütze.
    Heuer: Aber irgendjemand muss die am Ende bezahlen. Ich würde gerne noch mal auf die Zahlen zurückkommen. Wir hören, dass das Gesamtpaket zusätzlich nicht mehr Geld kosten soll als 23 Milliarden Euro. Aber alleine die Rentenpläne dieser neuen Großen Koalition kosten über 20 Milliarden Euro. Wie kann das aufgehen?
    Fuchs: Man muss das ein bisschen trennen. Die Rentenpläne werden über die Rentenversicherung finanziert und nicht über Steuern. Da kann man auch drüber nachdenken, ob das alles richtig ist, aber prinzipiell werden keine Steuern mehr aufgewandt für die Rentenpläne. Die Rentenkassen sind voll, das ist die gute Situation, in der sich die deutsche Wirtschaft befindet, und die sinkende Arbeitslosigkeit, die uns dabei geholfen hat, und dadurch sind Mehrausgaben in der Rentenversicherung möglich. Das begeistert mich allerdings auch nicht.
    Michael Fuchs
    Fuchs: Wenn SPD-Basis Nein sagt, gibt es wohl Neuwahlen. (cdu-fuchs.de)
    Heuer: Und die Rentenbeiträge für diejenigen, die heute arbeiten, die steigen dann. Ist das eigentlich gut für den Standort Deutschland?
    Fuchs: Wir haben vor, dass die gesamten Sozialversicherungsbeiträge nicht über 40 Prozent steigen dürfen. Das heißt, jeder muss sich damit abfinden, dass das eine Deadline ist, die nicht überschritten werden darf. Ich gehe mal davon aus, dass wir auf diese Art in der Lage sein werden, keine arbeitsplatzschädlichen Erhöhungen der Sozialversicherung hinzubekommen.
    "Das Geld ist da, um die Maßnahmen, die beschlossen worden sind, zu finanzieren"
    Heuer: Und für den Bürger wird das ein teuerer Spaß, das können wir heute Morgen festhalten?
    Fuchs: Das sehe ich nicht so, denn die Steuern werden nicht erhöht und die Sozialversicherungen werden auch nicht erhöht. Ich gehe auch nicht davon aus, dass wir in dieser Legislaturperiode die Rentenversicherungsbeiträge erhöhen müssen, denn das Geld ist da, um die Maßnahmen, die beschlossen worden sind, zu finanzieren.
    Heuer: Nun darf ja die SPD-Basis, Herr Fuchs, über dieses Vertragswerk abstimmen. Die CDU darf das nicht. Aber wenn Sie gefragt würden, würden Sie dann heute Morgen tatsächlich Ja sagen, oder würden Sie sagen, so richtig gut gefallen tut er mir nicht, dieser Koalitionsvertrag, noch mal rangehen?
    Fuchs: Koalitionsverträge sind grundsätzlich Kompromisse. Davon muss man ausgehen. Da sind Punkte drin, die gefallen mir; da sind Punkte, die gefallen mir nicht. Ich muss damit leben, was anderes geht nicht. Ich würde diesem Koalitionsvertrag, zumindest was ich bis jetzt weiß - alles bis ins kleinste Detail ist ja auch mir noch nicht bekannt -, zustimmen.
    Heuer: Und wenn die SPD-Basis Nein sagt, was passiert dann, Herr Fuchs?
    Fuchs: Ja dann wird das mit ziemlicher Sicherheit zu neuen Wahlen kommen müssen, denn ich glaube nicht, dass es uns gelingt, dann mit den Grünen einen besseren Kompromiss zu finden. Ich gehe davon aus, dass wir in so einer Situation dann relativ zügig in Richtung Neuwahlen kommen werden.
    Heuer: Wie sehr fehlt Ihnen eigentlich die FDP?
    Fuchs: Na ja, dass wir als CDU/CSU lieber mit der FDP koaliert haben, das ist bekannt. Das ist auch trivial, das jetzt zu behaupten. Nur der Wähler hat anders entschieden. Wir haben uns mit der Situation abzufinden, die der Wähler uns präsentiert hat. Wir brauchen, Deutschland braucht eine stabile Regierung. Deutschland braucht eine gute Bundeskanzlerin. Angela Merkel hat in den letzten acht Jahren bewiesen, dass sie das kann, und wir haben heute festgestellt und sichergestellt, dass sie weiter Kanzlerin von Deutschland sein wird, und darüber können wir uns freuen.
    Heuer: Michael Fuchs, stellvertretender Unions-Fraktionschef im Bundestag und ein Vertreter des Wirtschaftsflügels der CDU. Ich danke Ihnen, Herr Fuchs, für das Gespräch.
    Fuchs: Danke schön, Frau Heuer.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.