"Manchmal ist das in der Politik wie in einer Ehe: Wenn man sich nichts mehr zu sagen hat, dann schreibt man sich Briefe", klagt SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann. Und wenn der Absender ernst macht, dann heißt es bald: "Ehen vor Gericht - Seehofer gegen Merkel!" Die Kanzlerin soll sich in Karlsruhe für ihre Flüchtlingspolitik verantworten. Für die SPD ist das: "Die Ankündigung des Koalitionsbruchs."
Und diese Koalition hat auch ohne die CSU eine Mehrheit, fügt Oppermann süffisant hinzu. Doch so weit wird es nicht kommen. Die CDU-Chefin braucht eine starke CSU. Und umgekehrt gilt: Ohne den Bund sind die Bayern nichts!
"Ich will jetzt schon mal auf die sieben Jahre der störungsfreien Zusammenarbeit hinweisen", versucht Horst Seehofer, zu beschwichtigen. Lange Zeit war das Verhältnis zwischen ihm und Merkel doch ganz in Ordnung, bis sie im September die Grenzen öffnete: "Seitdem ist das ein mühsames Feld!"
Aber soll das nun mit Briefeschreiben beackert werden? Nein, sagt die Chefin. Von der Kanzlerin dürfte Seehofer wohl kaum eine Antwort erhalten, jedenfalls nicht schriftlich: "Das Miteinander-Reden ist gerade in so herausfordernden Zeiten von allergrößter Bedeutung, selbst wenn man nicht in allen Fragen einer Meinung ist!"
Angela Merkel, Horst Seehofer und Sigmar Gabriel treffen sich zum Kaffeekränzchen
Und deshalb treffen sich Angela Merkel, Horst Seehofer und Sigmar Gabriel heute zum Kaffeekränzchen. Denn eigentlich ist die Stimmung in der Koalition ja doch ganz prima. "Es gibt in der Bundesregierung keinen Streit", versichert Vizekanzler Sigmar Gabriel. Und wer sich jetzt verdutzt die Ohren reibt, dem erklärt der SPD-Vorsitzende in aller Deutlichkeit: "Es gibt einen Streit innerhalb der Unionsparteien - okay!"
Tatsächlich spricht Gabriel in Sachen Asylpaket II von einem Randproblem, das es heute zu klären gelte. Ein Randproblem? Hatten es die Sozialdemokraten nicht als Affront empfunden, dass CSU-Chef Seehofer plötzlich den Familiennachzug syrischer Flüchtlinge generell unterbinden wollte? Im Sinne von SPD-Fraktionsgeschäftsführerin Christine Lambrecht ein Unding: "Da müssen wir ja alle dran interessiert sein, dass nicht nur alleinstehende Männer beispielsweise bei uns sind und deren Familien nicht kommen können!"
Kompromiss für Asylpaket II gesucht
Der Kompromiss könnte nun sein, dass der Nachzug engster Familienangehöriger für ein Jahr ausgesetzt wird. Schwierig wird es allerdings, wenn das Asylpaket mit der Frage verbunden wird, ob Algerien, Tunesien und Marokko künftig sichere Herkunftsländer sein werden. Dann nämlich müsste der Bundesrat zustimmen, die Union könnte dem wahlkämpfenden grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann das Leben schwer machen. Und da ist ja noch der Streit um "Plan A2", um Registrierzentren, die dann doch an die Grenze sollen, um Tageskontingente für Flüchtlinge, die einer Obergrenze gleichkämen. CDU-Vize Julia Klöckner, Spitzenkandidatin in Rheinland-Pfalz hält an ihrer Idee fest:
"Ich bin mir sicher, dass Vorschläge, die am Anfang abgelehnt worden sind, nach einer gewissen Schamfrist, hat man sie dann doch übernommen, weil man selbst keine Alternative hatte!"
Viel Gesprächsstoff also, wenn sich nach dem Krisentreffen der Parteichefs auch die Ministerpräsidenten zur Sonderkonferenz treffen, um über die Begrenzung der Zuwanderung zu sprechen. Mit dabei die Kanzlerin: Und die trifft dann zum zweiten Mal auf CSU-Chef Seehofer, den Regierungschef aus Bayern, der gegen sie klagen möchte.