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Große Stromanbieter haben "den Markt dort in der Hand"

Der Bund der Energieverbraucher hält die geplante Aufsichtsstelle gegen Preistreiberei auf dem Strommarkt für sinnvoll. Die Strombörsen seien anfällig für Manipulation, erklärte der Vorsitzende Aribert Peters, weil die großen Stromerzeuger über gezieltes Kaufen und Verkaufen die Großhandelspreise nach oben und nach unten treiben könnten.

Aribert Peters im Gespräch mit Susanne Kuhlmann | 17.08.2010
    Susanne Kuhlmann: Das Bundeswirtschaftsministerium plant eine Aufsichtsstelle gegen Preistreiberei auf dem Strom- und Gasmarkt. Ein sinnvolles zusätzliches Element, so der Kommentar aus dem Bundeskartellamt. Diese Stelle könne dazu beitragen, dass auf den Großhandelsmärkten mehr Transparenz und Wettbewerb entstünden. Großhandelspreise haben nämlich eine zentrale Bedeutung für die Endverbraucher. Am Telefon ist Dr. Aribert Peters, Vorsitzender des Bundes der Energieverbraucher. Guten Tag!

    Aribert Peters: Guten Tag, Frau Kuhlmann. Ich grüße Sie!

    Kuhlmann: Was haben wir als Strom- und Gaskunden denn von dieser geplanten Aufsichtsstelle?

    Peters: Die Strombörsen sind anfällig für Manipulation, weil dort nur ein Teil der insgesamt bezogenen Strommengen gehandelt wird und die großen Stromerzeuger, die können dort über gezieltes Kaufen und Verkaufen an den Strombörsen die Großhandelspreise nach oben und nach unten treiben und haben demzufolge den Markt dort in der Hand. Denn diese Preise an der Strombörse sind jetzt Signalpreise für auch alle anderen Strommengen, die außerhalb der Börse gehandelt werden. Deshalb ist das schon wichtig, dass hier mehr Kontrolle kommt, dass hier mehr Transparenz kommt und dass man sich bemüht, das Handeln an der Börse unter stärkere Aufsicht zu stellen.

    Kuhlmann: Die Preise setzen sich ja nun aus unterschiedlichen Bestandteilen zusammen. 40 Prozent ungefähr besteht aus verschiedenen Steuern, ein Drittel fällt für die Netznutzung an – und das legt die Bundesnetzagentur fest – und nur ein Viertel des Preises hängt mit der Stromerzeugung zusammen. Mögliche Preissenkungen könnten sich also nur in diesem einen Viertel abspielen. Bleibt denn da überhaupt ein spürbarer Spielraum, den man vielleicht auf seiner Rechnung wiederfinden könnte?

    Peters: Ja. Das haben wir in den letzten drei Jahren erleben müssen, dass obwohl die Preise an der Börse, die Preise bei der Strombeschaffung gesunken sind trotzdem die Strompreise für Verbraucher gestiegen sind. Das heißt, das was für die Stromunternehmen und jetzt für die Strombeschaffung und alles was damit zusammenhängt zu tun hat, das ist enorm angestiegen. Das ist praktisch – ich will Ihnen mal eine Zahl nennen – von drei Cent im Jahr 2006 auf sieben Cent im Jahr 2009 gestiegen. Das hat also weder mit Netzentgelten zu tun, noch was mit Steuern. Das sind also gewaltige Summen, die hier aufgeschlagen wurden, und diese Summen sind gestiegen, obwohl die Großhandelspreise an der Börse gesunken sind. Wir haben als Verbraucher im Grunde nichts davon gehabt, dass die Großhandelspreise an der Börse gesunken sind. Das ist traurig und deshalb kann man auch sagen, dass im Grunde diese Kontrolle der Großhandelspreise jetzt zunächst direkt für uns Verbraucher nichts bringt. Allerdings muss man doch sagen, dass der Wettbewerb im Strommarkt noch schwach ist, dass die Verbraucher zu wenig wechseln, dass es Wettbewerbshemmnisse im Strommarkt gibt, und die müssen abgebaut werden und wir Verbraucher sollten uns auch bemühen, etwas stärker die Preisvorteile zu nutzen, die wir durch Wechsel des Stromanbieters ganz einfach realisieren können.

    Kuhlmann: Dazu wollte ich Sie ganz gerne auch noch fragen. Was sollte der Verbraucher denn beachten im Hinblick auf diese Aufsichtsstelle? Wenn da die Preise womöglich nicht so stark sinken, wie man hoffen könnte, auch weil das Kartellamt ja gerichtsfest nachweisen müsste, dass es Absprachen gegeben hat, dann ist es ja schon sinnvoller, der Verbraucher hält seine Kosten selber im Blick und vergleicht auch.

    Peters: Richtig. Das ist sicher eine wichtige Komponente, womit der Wettbewerb angeheizt werden kann. Ich will Ihnen mal ein paar Zahlen dazu sagen. Wo sitzen wir? – In Köln sitzen Sie gerade. Da zahlt man normal, wenn man beim Versorger bezahlt, 890 Euro und man könnte, wenn man jetzt zum günstigsten Versorger wechseln würde, auf 600 Euro runtergehen. So sieht es in vielen anderen Städten auch aus, Stuttgart auch. Von fast 1000 Euro kann man da auf 650 Euro runtergehen. Und selbst wenn man jetzt Angebote von Stromlieferanten, die Vorkasse haben wollen, ablehnt, also etwas stärker auf Nummer sicher geht, auch dann noch kann man sicher 150, 200 Euro locker sparen durch Wechsel des Anbieters. Aber das macht natürlich so eine Aufsichtsstelle nicht überflüssig und nicht sinnlos, denn trotzdem ist es wichtig, dass diese Stromgroßhandelsmärkte stärker kontrolliert werden.

    Kuhlmann: Zur geplanten Aufsichtsstelle gegen Preistreiberei auf dem Strom- und Gasmarkt sprach ich mit Dr. Aribert Peters vom Bund der Energieverbraucher. Ihnen vielen Dank.

    Peters: Vielen Dank auch. Tschau!