Bundestag
Große Teile der AfD und BSW-Abgeordnete boykottieren Selenskyj-Rede - Merz: "Tiefpunkt der parlamentarischen Kultur"

Große Teil der AfD sowie die Abgeordneten der Partei BSW haben die Rede des ukrainischen Präsidenten Selenskyj im Bundestag boykottiert. BSW-Gründerin Wagenknecht sagte zur Begründung, Selenskyj trage dazu bei, eine hochgefährliche Eskalationsspirale zu befördern. Dabei nehme er das Risiko eines atomaren Konflikts in Kauf.

    Leere Reihen auf den Plätzen der AfD im Bundestag, davor steht Ukraines Präsident Selenskyj am Rednerpult
    Bei der Rede des ukrainischen Präsidenten Selenskyj im Bundestag blieben die Reihen der AfD weitgehend leer, auch die Partei BSW bokottierte den Auftritt. (IMAGO / PIC ONE / IMAGO / Christian Ender)
    Der AfD-Fraktionsvorstand hatte seinen Mitgliedern eine Empfehlung zum Fernbleiben gegeben. Die AfD-Parteivorsitzenden Weidel und Chrupalla betonten, Selenskyj sei nur noch als Kriegs- und Bettelpräsident im Amt. Einige wenige Abgeordneten kamen trotzdem.

    Kanzler: "Respektlosigkeit"

    Bundeskanzler Scholz bezeichnete das Verhalten als eine Respektlosigkeit, wie ein Regierungssprecher dem ARD-Hauptstadtstudio sagte. Unions-Fraktionschef Merz sprach von einem Tiefpunkt der parlamentarischen Kultur. Auch Vertreter von SPD, Grünen und FDP äußerten sich entsetzt.
    Die FDP-Europapolitikerin Strack-Zimmermann etwa schrieb auf X, mit dem BSW habe der russische Präsident Putin nun neben der AfD schon die zweite Partei in Deutschland, die ihm unreflektiert folge. Der Grünen-Politiker von Notz warf Wagenknecht und dem BSW vor, "den Weg für die eskalative und imperialistische Aggression Putins zu ebnen".

    Selenskyj: "Bundesregierung hat Tausende Menschenleben gerettet"

    Die Ukraine versucht mit Hilfe vor allem westlicher Staaten, die Invasion ihres Landes durch Russland aufzuhalten. Selenskyj bedankte sich in seiner Rede für die militärische Unterstützung Deutschlands in diesem Kampf. Die Bundesregierung habe damit Tausende Menschenleben gerettet, sagte er.
    Zudem verteidige sich die Ukraine auch im Interesse ganz Europas. Deutschland wisse im Besonderen, was es bedeute, wenn ein Land durch eine von Russland erzwungene Grenze geteilt sei, fügte er mit Blick auf die deutsch-deutsche Teilung hinzu. Man werde diesen Krieg beenden - allerdings nur zu den Bedingungen der Ukraine. Die Zeit der Kompromisse mit Russland sei vorbei.
    Selenskyj sprach zum ersten Mal persönlich im Bundestag. Bei seiner Rede vor zwei Jahren kurz nach dem russischen Angriffskrieg war er per Video zugeschaltet.
    Diese Nachricht wurde am 11.06.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.