„Wer rastet, der rostet“. Talis Branta kann sich das Lächeln nicht verkneifen. Sei halt sein Wahlspruch, meint der drahtige Rentner aus der kurländischen Provinzstadt Talsi. 410 Lats, umgerechnet 600 Euro, bekommen Talis und seine Frau Irma monatlich an Rente. Letztes Jahr waren es noch 450 Lats, doch das war, bevor sich die lettische Regierung entschloss, die Renten wegen der „Krisis“ – der Krise – um zehn Prozent zu kürzen.
Gut für den Staatshaushalt, schlecht für Talis. „Die Rente“, meint der ansonsten eher wortkarge Mann, „reicht vorne und hinten nicht.“ Allein 100 Lats gehen für die bescheidene Dreizimmerwohnung drauf. Deshalb geht der pensionierte Bauingenieur wieder arbeiten.
„Bei der Arbeit spüren wir die Krise an allen Ecken und Enden. Die Bauruine dort gegenüber von unserem Haus – da sollte eigentlich längst schon ein neuer Laden aufmachen. Der Besitzer ist pleite. Den Kommunen geht es auch nicht besser. Ich hatte die Bauaufsicht für die Renovierung einer Grundschule in der Nähe von hier, in Uppesgriwa. Alles wunderbar, bis wir die Nachricht erhielten: Es gibt kein Geld mehr. Sofortiger Baustopp. Jetzt haben sie dort eine Schule mit frisch renoviertem Boden, aber ohne Türen. Die alten sind weg und für neue reicht das Geld nicht mehr.“
So ändern sich die Zeiten: Vor ein paar Jahren noch herrschte in Lettland „kollektive Partystimmung“, wie die Wochenzeitung „Baltic Times“ kommentierte; verstopften Neureiche wie Valerijs Kargin, der Besitzer der Parex-Bank, mit ihren Luxuslimousinen die pittoreske Altstadt von Riga.
Das war einmal. Die Straßen der lettischen Hauptstadt sind wieder frei, Kargin musste seine Bank im November 2008 an Vater Staat verkaufen – für ganze zwei Lats.
„Geschieht ihm recht“! Ieva Jurgevica verzieht das Gesicht. Seit gut drei Jahren macht die blonde Geschäftsfrau aus Riga die Buchhaltung für 70 kleine und mittelständische Unternehmen. Sieben haben bereits dichtgemacht – die „Krisis“ – meint sie. Doch so schnell lässt sich Ieva nicht entmutigen. Hat ja noch andere Eisen im Feuer. Da ist nämlich noch ihr Internet-Portal für lettische Künstler.
„Wir sind seit zwei Monaten online. Bislang sind 15 Künstler in meiner Kartei. Die meisten kommen vom Land, sie haben dort kaum die Möglichkeit, ihr Kunsthandwerk zu verkaufen. Deshalb mein Online-Portal. Man kann doch jetzt in der Krise nicht einfach den Kopf hängen lassen. Ich gebe den Künstlern zwar kein Geld, aber eine Chance, die sie nutzen können.“
Seine Chance nutzen – das will auch Talis Branta in Kurland – und weiter arbeiten gehen. Doch langsam wird es eng für ihn. Nicht nur die zehnprozentige Rentenkürzung macht dem Anfang 70-Jährigen zu schaffen. Viel schlimmer noch trifft ihn die neuste Sparmaßnahme der Regierung: Seit dem ersten Juli erhält jeder Rentner, der sich nebenbei etwas dazu verdient, nur noch ein Drittel seiner Pension. Eine Frechheit sei das – findet seine Frau Irma.
„Wenn ich gesünder wäre, wäre ich auch nach Riga gefahren, um gegen diese verfluchte Regelung zu protestieren. 6000 Rentner haben ja Klage eingereicht beim lettischen Bundesgerichtshof. Man kann uns doch nicht einfach zwei Drittel unserer Rente klauen.“
Massive Einsparungen plus Steuererhöhungen – das ist die bittere Medizin, die Premierminister Dombrovskis seinen Landsleuten auch nächstes Jahr verabreichen will. An den Kragen gehen soll es unter anderem Immobilienbesitzern. Sie sollen eine dreiprozentige Steuer zahlen. Ieva Jurgevica, die Geschäftsfrau, ist eine von ihnen.
Gut für den Staatshaushalt, schlecht für Talis. „Die Rente“, meint der ansonsten eher wortkarge Mann, „reicht vorne und hinten nicht.“ Allein 100 Lats gehen für die bescheidene Dreizimmerwohnung drauf. Deshalb geht der pensionierte Bauingenieur wieder arbeiten.
„Bei der Arbeit spüren wir die Krise an allen Ecken und Enden. Die Bauruine dort gegenüber von unserem Haus – da sollte eigentlich längst schon ein neuer Laden aufmachen. Der Besitzer ist pleite. Den Kommunen geht es auch nicht besser. Ich hatte die Bauaufsicht für die Renovierung einer Grundschule in der Nähe von hier, in Uppesgriwa. Alles wunderbar, bis wir die Nachricht erhielten: Es gibt kein Geld mehr. Sofortiger Baustopp. Jetzt haben sie dort eine Schule mit frisch renoviertem Boden, aber ohne Türen. Die alten sind weg und für neue reicht das Geld nicht mehr.“
So ändern sich die Zeiten: Vor ein paar Jahren noch herrschte in Lettland „kollektive Partystimmung“, wie die Wochenzeitung „Baltic Times“ kommentierte; verstopften Neureiche wie Valerijs Kargin, der Besitzer der Parex-Bank, mit ihren Luxuslimousinen die pittoreske Altstadt von Riga.
Das war einmal. Die Straßen der lettischen Hauptstadt sind wieder frei, Kargin musste seine Bank im November 2008 an Vater Staat verkaufen – für ganze zwei Lats.
„Geschieht ihm recht“! Ieva Jurgevica verzieht das Gesicht. Seit gut drei Jahren macht die blonde Geschäftsfrau aus Riga die Buchhaltung für 70 kleine und mittelständische Unternehmen. Sieben haben bereits dichtgemacht – die „Krisis“ – meint sie. Doch so schnell lässt sich Ieva nicht entmutigen. Hat ja noch andere Eisen im Feuer. Da ist nämlich noch ihr Internet-Portal für lettische Künstler.
„Wir sind seit zwei Monaten online. Bislang sind 15 Künstler in meiner Kartei. Die meisten kommen vom Land, sie haben dort kaum die Möglichkeit, ihr Kunsthandwerk zu verkaufen. Deshalb mein Online-Portal. Man kann doch jetzt in der Krise nicht einfach den Kopf hängen lassen. Ich gebe den Künstlern zwar kein Geld, aber eine Chance, die sie nutzen können.“
Seine Chance nutzen – das will auch Talis Branta in Kurland – und weiter arbeiten gehen. Doch langsam wird es eng für ihn. Nicht nur die zehnprozentige Rentenkürzung macht dem Anfang 70-Jährigen zu schaffen. Viel schlimmer noch trifft ihn die neuste Sparmaßnahme der Regierung: Seit dem ersten Juli erhält jeder Rentner, der sich nebenbei etwas dazu verdient, nur noch ein Drittel seiner Pension. Eine Frechheit sei das – findet seine Frau Irma.
„Wenn ich gesünder wäre, wäre ich auch nach Riga gefahren, um gegen diese verfluchte Regelung zu protestieren. 6000 Rentner haben ja Klage eingereicht beim lettischen Bundesgerichtshof. Man kann uns doch nicht einfach zwei Drittel unserer Rente klauen.“
Massive Einsparungen plus Steuererhöhungen – das ist die bittere Medizin, die Premierminister Dombrovskis seinen Landsleuten auch nächstes Jahr verabreichen will. An den Kragen gehen soll es unter anderem Immobilienbesitzern. Sie sollen eine dreiprozentige Steuer zahlen. Ieva Jurgevica, die Geschäftsfrau, ist eine von ihnen.